Power for the people
Ich wollte etwas machen, womit alle Spaß haben und die Welt ein bisschen besser wird.
„Wir montieren derzeit sechs Photovoltaik-Anlagen pro Woche“, sagt Christoph Haider mit einem Blick auf den vollen Kalender, „sehr viele Einfamilienhäuser, Landwirtschaftsbetriebe und auch große Firmen.“ Die Auftragsbücher von haider energies aus dem niederösterreichischen Amstetten sind übervoll. 200 unterschriebene Aufträge gilt es derzeit abzuarbeiten. Dabei ist die Firma gerade einmal eineinhalb Jahre alt.
„Ich wollte etwas machen, womit alle Spaß haben und die Welt ein bisschen besser wird“, sagt der 35-jährge Unternehmer, „ich habe Müllpressen verkauft, mich mit LED-Beleuchtung beschäftigt und dann habe ich im Jänner 2021 haider energies gegründet, weil mich Photovoltaik interessiert hat.“
Im ersten Jahr hat die junge Firma 600.000 Euro Umsatz gemacht, im heurigen Jahr wird der Umsatz verzehnfacht. Ein Ende des Booms ist nicht abzusehen. Die Energiekrise und der Ukrainekrieg haben die Wachstumsrakete für Photovoltaik gezündet. Viele Leute haben Angst, alle wollen dem Gespenst des Blackout und den steigenden Strompreisen entkommen und viele wollen energieautark werden. „Seit März dieses Jahres ist die Hölle los“, sagt Haider, „die Idee von langsamem Wachstum kann ich mir abschminken. Ich fürchte, ich habe auch mit meinem grenzenlosen Optimismus zu dieser Situation beigetragen. Ich nerve meine Leute damit, dass ich sage: Wir machen das schon.“
Sicher für den Fall der Fälle
Ist Energieautarkie überhaupt machbar? „Wir haben Kunden, die unbedingt zu hundert Prozent autark sein wollen, und wir machen das“, sagt Haider. Für die Reinigungsfirma All Clean baut er gerade eine Anlage mit 125 kWp und stellt dazu einen 60-kW-Speicher auf. Der Speicher steht in einem gut belüfteten Raum und sorgt auch in der kalten Jahreszeit dafür, dass genug Strom da ist. Für das Hochfahren des Notstromaggregats muss nur noch genug Diesel im Tank sein. „Die kommen problemlos durch die kalte Jahreszeit, selbst wenn den ganzen Winter hindurch Stromausfall sein sollte“, freut sich Haider.
Seine Firma hat derzeit 21 Mitarbeiter, nächstes Jahr könnten es schon mehr als doppelt so viele sein. Das Unternehmen hebt ab. Wir machen das schon. Aber wie? Haider hat ein Projektmanagement-Tool programmieren lassen, das es allen – Mitarbeitern wie Kunden – erlaubt, jederzeit jeden kleinen Projektschritt des jeweiligen Auftrags einzusehen. Aber das größte Problem liegt bekanntlich bei Mitarbeitern und Ressourcen.
„Wir haben keinen Fachkräftemangel“, sagt Haider, „wir haben einen Mangel an coolen Unternehmen. Ich locke niemanden mit Geld. Ich brauche niemanden, der wegen Geld kommt und dann auch wegen Geld geht.“ Daher sorgt der junge Firmenchef für gutes Klima, er gibt wöchentlich in einer internen WhatsApp-Gruppe transparente Information über Erfolge und Misserfolge und er gibt Verantwortung ab. „Ich kündige gerade als Verkäufer in meiner eigenen Firma“, sagt er, „die Mitarbeiter haben mich hinausgeschmissen.“ Er soll einfach da sein und schauen, dass genug Material da ist. Auch nicht so einfach. Wo kommen die Wechselrichter und Optimierer und alles, was man sonst so für PV-Anlagen braucht, her? „Man muss im Einkauf frech sein“, sagt Haider, „ich bestelle Sachen, die ich noch lange nicht brauche.“ Und er pflegt gute Lieferanten. „Ich betrachte Lieferanten auch als Kunden“, sagt er, „ich verkaufe mich ihnen als guter Partner. Die müssen wissen, dass es vorteilhaft ist, mir einen guten Preis zu geben und mich zu beliefern.“ Es scheint zu funktionieren, denn große lokale Elektrounternehmen und Mitbewerber wenden sich immer wieder verzweifelt an das junge Unternehmen aus Amstetten, weil sie selbst Ware nicht bekommen. „Ich kann im Moment niemandem raten, eine Photovoltaik-Firma zu gründen“, sagt Haider, „du bekommst kein Material. Die Großhändler nehmen keine neuen Kunden. Sie können ja den Bestand kaum bedienen.“
SolarEdge ist der weltweit größte Hersteller von Wechselrichtern, Markt- und Technologieführer. Von dort bezieht Haider Material, und zwar ausschließlich. Und er bekommt es auch. Der Weltmarktführer scheint wohlwollend die Performance des jungen niederösterreichischen Unternehmens zu beobachten. Durch die Partnerschaft mit Solar
Edge kann Haider bessere Qualität anbieten. Die PV-Paneele werden parallel geschaltet statt, wie bei allen anderen PV-Anlagen üblich, in Serie. Die Wechselrichter und Optimierer sind teurer, aber besser als andere, sagt Haider. Zugleich bietet SolarEdge Überwachung der einzelnen Module via Handy von der ersten Minute an. „Die Kunden schätzen das“, weiß Haider und darum erhalten alle auch eine exakte Dokumentation ihrer Anlage. Analog in einem schönen Ordner, inklusive Förderzusagen und Wartungsvertrag. „Das macht sonst niemand, aber es gehört sich.“
Haider hat die Gunst der Stunde genutzt und doch wäre es fast schiefgegangen. „Ich habe den Kunden mehr versprochen, als wir halten konnten“, sagt er. Damals im Februar, als die Entwicklung nicht absehbar war, wurden Lieferzusagen gemacht, die sich schon kurz darauf als Illusion erwiesen haben. „Die Veränderungen in Bezug auf Förderungen und Liefersituation haben sich damals schlagartig verändert.“ Zugleich kamen mehr und mehr Aufträge herein. „Das hätte uns fast umgebracht.“
Unternehmen autark machen
Dann kam noch eine Anfrage vom Bauhaus, dem großen Baumarkt in Österreich. Ob haider energies nicht exklusiv für das Bauhaus PV-Anlagen montieren könne. Die Mannschaft stöhnte. Das auch noch? „Wir machen das schon“, sagte Christoph Haider. Bauhaus schickt seit dem Frühjahr Flugblätter an drei Millionen Haushalte. Die Aufträge kommen unerbittlich, haider energies montiert.
„In der Akquisition von PV muss ich wohl nichts mehr tun“, sagt Haider. Er hat weitergehende Pläne. Das Unternehmen soll zu einem Dienstleister für alles werden, was Unternehmen autark macht. PV, Speicherlösungen, Ladestationen. „In fünf Jahren sind wir in der D-A-CH-Region“, vermutet Haider, „haben 150 Mitarbeiter*innen und bieten Energieeffizienzlösungen an. Was ich will, ist Power for the People. Energie und Unabhängigkeit für die Leute.“