Austrian Business Check

Mehr Eigenkapital, aber Investments sinken

Konjunktur
24.04.2024

Der Austrian Business Check des KSV 1870 zeigt: Obwohl Österreichs Unternehmen ihre Eigenkapitalquote zuletzt verbessern konnten, werden Investitionen vorsichtiger geplant. Das hat auch Auswirkungen auf den heimischen Kreditmarkt.
Gelsmünzen vor Skyline

Trotz schwieriger Rahmenbedingungen ist es den österreichischen Unternehmen in den vergangenen Jahren gelungen, ihre Eigenkapitalausstattung zu verbessern. 57 Prozent (+ 6 % gegenüber 2023) der Betriebe bewerten ihre aktuelle Eigenkapitalsituation mit „sehr gut“ oder „gut“. Gleichzeitig sehen 42 Prozent der Befragten die Entwicklung innerhalb der vergangenen drei Jahre positiv. Trotzdem sinkt die Investitionsfreude in den Unternehmen angesichts zahlreicher Herausforderungen und negativer Einflüsse. Lediglich 17 Prozent (2023: 21 %) haben Investitionen im laufenden Jahr fix eingeplant. Gleichzeitig steigt der Anteil jener, die Investitionen für 2024 bereits jetzt zur Gänze ad acta gelegt haben. Das hat auch Folgen für den heimischen Kreditmarkt: Gerade einmal neun Prozent (2023: 20 %) der Unternehmen planen eine Kreditaufnahme in diesem Jahr.

Toxischer Mix

Der Mix an Krisen, mit denen sich Österreichs Wirtschaft zuletzt konfrontiert sahen, ist wohl einzigartig und hat vielerorts auch unmittelbaren (negativen) Einfluss auf die Geschäftstätigkeit und -ergebnisse genommen. Dennoch bewerten 57 Prozent der Befragten ihre aktuelle Eigenkapitalausstattung mit „sehr gut“ oder „gut“ – insbesondere Industrieunternehmen (71 %) performen überdurchschnittlich. Den geringsten Anteil an „zufriedenen Betrieben“ weist das Gewerbe (46 %) auf – gleichzeitig fällt in diesem Sektor auch der Anteil (21 %) an jenen, die mit „mangelhaft“ oder „ungenügend“ bewertet haben, am höchsten aus. „Viele Unternehmen haben zuletzt vieles richtig gemacht. Angesichts der steten Implosionsgefahr aufgrund zahlreicher externer Gefahren ist das keine Selbstverständlichkeit und zeugt von einer bestehenden Widerstandsfähigkeit“, erklärt Gerhard Wagner, Geschäftsführer der KSV1870 Information GmbH. Dieses Ergebnis bestätigt auch der Trend der vergangenen drei Jahre: Immerhin 42 Prozent der Unternehmen erkennen eine positive Entwicklung ihres Eigenkapitals seit dem Jahr 2021, weitere 37 Prozent sprechen von einem konstant gleichbleibenden Ergebnis. Mit Blick auf die aktuellen „Brennpunktbranchen“ in Österreich sind 43 Prozent der Handelsunternehmen mit der Entwicklung zufrieden, 24 Prozent hingegen unzufrieden; in der Bauwirtschaft sind 40 Prozent zufrieden und 23 Prozent unzufrieden. Im Bereich Gastronomie/Beherbergung gab es hingegen überwiegend Stillstand in punkto Eigenkapitalentwicklung: Hier sind 28 Prozent zufrieden und 21 Prozent unzufrieden, dazu hat sich bei 51 Prozent de facto keine Veränderung ergeben.     

Investieren, aber nicht um jeden Preis

Die Bandbreite an Herausforderungen und wirtschaftlichen Ungewissheiten dürfte auch dazu führen, dass Unternehmen ihre Investments noch vorsichtiger planen und genau überlegen, welche Investitionen tatsächlich notwendig sind. Demzufolge haben lediglich 17 Prozent (2023: 21 %) der Unternehmen Investments für dieses Jahr fest eingeplant, weitere 41 Prozent (49 %) machen etwaige Investments von der Geschäftsentwicklung in den nächsten Monaten abhängig. Parallel dazu steigt der Anteil von jenen, die keine Investitionen ins Auge fassen von 30 auf 42 Prozent an. Ein Lichtblick: Von jenen Unternehmen, die Geld in die Hand nehmen möchten, wollen 55 Prozent die Investitionen dazu nutzen, um den eigenen Betrieb weiterzuentwickeln und innovativer auszurichten. Das ist insbesondere in der Industrie und am Dienstleistungssektor der Fall. Gleichzeitig gibt es aber auch 41 Prozent (Handel, Gewerbe), die etwaige Investments vordergründig dazu verwenden wollen, um den laufenden Betrieb aufrechtzuerhalten.

Kreditmarkt bricht ein

Die rückläufige Investitionsbereitschaft innerhalb der österreichischen Wirtschaft führt auch dazu, dass die Zahl der Kreditaufnahmen im Vergleich zum vergangenen Jahr deutlich gesunken ist – und zwar von 20 auf neun Prozent. Demzufolge erwägt gerade einmal jedes zehnte Unternehmen, im Jahr 2024 einen Kredit aufzunehmen. „Insgesamt scheinen Österreichs Unternehmen dem Thema Kredit aktuell eher reserviert gegenüberzustehen. Zwar gibt es noch einige Betriebe, wo eine finale Entscheidung offen ist und abgewartet wird, wie sich das laufende Geschäftsjahr entwickelt, doch schon jetzt scheint klar zu sein, dass es am Ende des Jahres deutlich weniger Kreditvergaben geben wird als in der jüngeren Vergangenheit“, so Wagner. Die häufigsten Gründe, warum ein Kredit aufgenommen wird, sind auch heuer insbesondere die Finanzierung von Renovierungs- und Umbaumaßnahmen, der Aufbau neuer Geschäftsbereiche sowie der Ankauf von Immobilien. Generell wird die Kreditaufnahme seitens der Unternehmen als zunehmend schwieriger bewertet, wie aus der aktuellen Austrian-Business-Check-Umfrage des KSV1870 hervorgeht. Wurde die Kreditaufnahme vor zwei Jahren von insgesamt 52 Prozent der Befragten als „sehr schwierig“ bzw. „schwierig“ eingestuft, so sind es heuer bereits 66 Prozent. Die Gründe dafür werden vor allem im Bereich der Zinserhöhungen gesehen, aber auch, dass immer mehr private und unternehmerische Sicherheiten gefordert werden. Zusätzlich erschwert das hohe Maß an Bürokratie eine mögliche Kreditaufnahme.

Austrian Business Check

Im Rahmen des Austrian Business Checks befragt der KSV1870 zweimal pro Jahr Unternehmen in Österreich, wie es um ihre wirtschaftliche Situation bestellt ist. An der aktuellen Umfrage im März 2024, die gemeinsam mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent durchgeführt wurde, haben rund 1.200 Unternehmen teilgenommen. 

Wünsche an die nächste Regierung

Auf die Frage, welche Wünsche es seitens der heimischen Unternehmer in Richtung einer zukünftigen Bundesregierung gibt, wurden insbesondere jene Faktoren häufig genannt, die gerade jetzt als besonders erschwerende Aspekte eingestuft werden. Das sind vornehmlich die Senkung von Lohnkosten, die Reduktion der Bürokratie und umfassende Steuerentlastungen. Angesichts der aktuellen Kostensituation in vielen Bereichen kommt dies wenig überraschend. Genauso wichtig wäre es aus Sicht der Befragten aber auch, den anhaltenden Arbeitskräftemangel in den Griff zu bekommen und eine praxisorientierte Bildungsreform umzusetzen, die sich an den tatsächlichen Bedürfnissen und Anforderungen der Wirtschaft orientiert.