Change: Wie Führungskräfte Ängste nehmen

Personalia
27.07.2017

 
Hängt eine erfolgreiche Transformation oder Unternehmensfusion nur an der Kommunikation? Eine Analyse von Bettina Grassl, Geschäftsführerin ABConect International Business Consulting, Expertin für Unternehmenskultur, Leadership & Team.  
"Es ist Aufgabe der Führungskräfte, ihre Mitarbeiter so schnell wie möglich wieder aus diesem Tal der Tränen heraus zu lotsen", meint Bettina Grassl.
"Es ist Aufgabe der Führungskräfte, ihre Mitarbeiter so schnell wie möglich wieder aus diesem Tal der Tränen heraus zu lotsen", meint Bettina Grassl.

Ein Kunde meldet sich bei mir: „Bitte helfen Sie mir, ich werde von einem chinesischen Unternehmen gekauft. Wie sage ich dies bzw. wann sage ich es und was konkret sage ich am besten meinen Mitarbeitern?"

Ein anderer Kunde: „Ich benötige dringend eine Einschulung – meine Mitarbeiter werden in Kürze eine russische Führungskraft statt eines österreichischen Chefs haben. Wie kann ich meine Mitarbeiter am besten darauf vorbereiten?“

Ein weiterer Kunde: „Wir planen eine Fusion von zwei Abteilungen. Diese Abteilungen sind für den Fortbestand unseres Unternehmens essentiell. Wie können wir am besten vorgehen, um den Reibungsverlust und den daraus resultierenden möglichen Performance-Verlust  bzw. auch Kundenverlust am geringsten zu halten und unsere Hidden Champions nicht zu verlieren?“

Veränderungen – hervorgerufen durch Restrukturierung oder Mergers und Aquisitions – bringen  Unruhe, Angst und Unsicherheit für Mitarbeiter, aber auch für Führungskräfte ins Unternehmen. In allen 3 Fällen ist der Führungskraft bewusst, dass es zu erheblichen Veränderungen im Unternehmen und damit auch in der Unternehmenskultur kommen wird. Sie selber möchte auf diese Transformation vorbereitet sein, um ihren Mitarbeitern Hilfestellung geben zu können, und wendet sich in dieser außerordentlichen Situation an Experten. Laut wissenschaftlichen Studien scheitern mehr als 50 Prozent aller Veränderungs- bzw.  Change-Prozesse, wobei Kommunikation sich dabei als ein wesentlicher Eckpfeiler, aber nicht als ein allein ausschlaggebender Faktor für eine erfolgreiche Fusion oder Restrukturierung erweist.

Warum ist das so? Schon 1979 haben die Psychologen D. Kahneman & A. Tversky auf Grundlage der "Prospect Theory" (Verlustaversion) festgestellt, dass Menschen drohende Verluste immer höher gewichten als mögliche Gewinne. Vor diesem Hintergrund lässt sich erklären, dass zum Beispiel ein Verlust – wie die Veränderung der Arbeitsaufgabe – Mitarbeiter in einem Unternehmen oft in eine Schockstarre, Panik oder Angst, aber auch Ärger und Resignation versetzt, wobei Mitarbeiter diese Empfindungen in Phasen unterschiedlicher Länge und Intensität, ob sie wollen oder nicht, durchlaufen. Fragen wie z.B. „Was bedeutet die Veränderung für mich, für meine Abteilung? Werde ich die neue Herausforderung bewältigen können – wenn ja, wie?“ beunruhigen Mitarbeiter verständlicherweise in einem besonderen Ausmaß.

Was ist zu tun?

Es ist Aufgabe der Führungskräfte, ihre Mitarbeiter so schnell wie möglich wieder aus diesem Tal der Tränen heraus zu lotsen. Es besteht nun die einmalige Chance, sich von alten Mustern zu befreien und eine dynamische zukunftsträchtige, innovative neue Unternehmenskultur einzuleiten. In einer Veränderung sind Führungskräfte besonders gefordert: Sie geben den Ton an, sie bestimmen die Marschrichtung: Sie schreiben die Zukunft des Unternehmens. Eine Veränderung nur von der Unternehmensspitze anzustoßen ist zu wenig und genügt nicht. Mitarbeiter suchen in einer Fusion bzw. einem Change-Prozess nach Orientierung und einer neuen Identität des Unternehmens. Eine neue Unternehmenskultur bildet sich, die alte existiert nicht mehr. Wie Führungskräfte nun agieren und welches neue Verhalten sie nun ab dem besagten Tag X an den Tag legen, wird von allen Mitarbeitern genau registriert. Ändert sich wirklich und dauerhaft etwas im Verhalten der Führungskräfte, oder sind es nur „nette Worte auf dem Papier“? „Dürfen wir wieder in unser altes Muster, also business as usual, zurückfallen?“ So viel ist sicher: Entspricht das Verhalten nicht der Kommunikation, wird es keine erfolgreiche Transformation geben. Das Verhalten der Führungskräfte wird nun genau „gescreent“ – jede „Bewegung“, jedes Wort wird auf die „ Goldwaage" gelegt und sofort interpretiert. Hypothesen werden gesponnen und es entstehen Gerüchte. Es liegt auf der Hand, dass letztendlich trotz gut geplanter Kommunikationsstrategie das neue Verhalten der Führungskräfte ausschlaggebend für einen erfolgreichen oder misslungenen Change-Prozess ist.

Wie ist es zu tun?

Nach dem 8 Punkte-Ansatz des Harvard Professors John P. Kotter  benötigen Führungskräfte eine klare, überzeugende Vision & Strategie, die die Bedeutung und Dringlichkeit der Transformation hervorhebt. Immer wieder auftretende Widerstände (Skeptiker) und  Hindernisse muss eine gut aufgebaute Führungskoalition aus dem Weg räumen. UmVeränderungen voranzutreiben, sollen auch kleine Erfolge gefeiert werden. Dies stärkt das Vertrauen der Mitarbeiter in diesen dynamischen Prozess. Wenn Mitarbeiter Anerkennung erhalten und den Sinn und Zweck ihrer neuen Tätigkeit erkennen, stärkt dies ihre Loyalität zum Unternehmen. Nur auf diese Weise können Mitarbeiter die Notwendigkeit des neuen Weges und des damit verbunden Veränderungsprozesses nachvollziehen. Dieimmer wieder kommunizierteaber auch gelebte Transformation kann erfolgreich sein und sich langsam in einer neuen Unternehmenskultur verankern. Schon Charles Robert Darwin erklärte: „Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, sondern diejenige, die am besten auf Veränderungen reagiert.“

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