US-Wahlkampf
Taugen Kryptowährungen als staatliche Reserve?
Donald Trump hat erneut für Aufsehen gesorgt, indem er auf einer Krypto-Konferenz ankündigte, dass die USA unter seiner (erneuten) Präsidentschaft eine staatliche Bitcoin-Reserve anlegen könnten. Diese Erklärung fand großen Anklang bei Fans von Kryptoassets, während viele Wirtschaftswissenschaftler die Umsetzbarkeit und Sinnhaftigkeit einer solchen Maßnahme in Frage stellten. Kurz darauf fügte der republikanische US-Präsidentschaftskandidat hinzu, dass er den Start von „The DeFiant Ones“, einer eigenen Kryptowährungsplattform, plant, ohne jedoch Details zu nennen. Ist dies ein genialer Vorschlag oder nur politisches Kalkül? Um die tatsächliche Bedeutung von Trumps Vorstoß besser zu verstehen, beantwortet Alfred Taudes – WU-Krypto-Experte und langjähriger Vortragender der WU Executive Academy – im Folgenden die wichtigsten Fragen dazu.
Was steckt hinter der Ankündigung von Donald Trump?
„Das war vor allem politisches Kalkül“, sagt Alfred Taudes, Gründer des Forschungsinstituts Kryptoökonomie der WU und wissenschaftlicher Leiter des Austrian Blockchain Centers. Die Idee dahinter: Wählerstimmen unter jenen Personen gewinnen, die in Bitcoin investiert haben und durch eine solche staatliche Reserve auf einen steigenden Kurs hoffen dürfen. Während Trump selbst früher von Kryptowährungen wenig begeistert war, will er sich im laufenden Wahlkampf anscheinend als Gegengewicht zu jenen Demokraten etablieren, die gegen Bitcoin auftreten. Vor allem Senatorin Elizabeth Warren wird nicht müde, Kryptowährungen als Mittel von Kriminellen zu geißeln und strenge Auflagen zu fordern.
Wie soll Bitcoin zur staatlichen Reserve werden?
Laut einem ersten Gesetzesvorschlag soll der Staat schrittweise Bitcoin kaufen, bis eine Million davon gehalten wird. „Das geht nur nach und nach, weil sonst der Markt manipuliert wird“, erläutert Taudes. Schwieriger als der Kauf gestaltet sich indes das Halten von Bitcoin über staatliche Institutionen. „Dafür braucht es eine passende Infrastruktur, denn Wallets und Passwörter wie im privaten Bereich funktionieren da nicht.“ Es müsste garantiert werden, dass mehrere Personen sicher und ohne Möglichkeit für betrügerische Aktivitäten auf das Asset zugreifen können.
Was könnte Bitcoin als Reserve bringen?
Das Argument von Trump: Wenn der Bitcoin-Kurs weiter steigt und die USA über eine beträchtliche Reserve verfügen, könnten damit Staatsschulden beglichen werden. Und wenn in weiterer Folge andere Staaten nachziehen, wird das den Kurs weiter nach oben treiben. „Weltweit wird ja längst nach Alternativen zum Dollar gesucht“, sagt Taudes. So hat Wladimir Putin vor kurzem russischen Firmen erlaubt, internationale Zahlungen in Kryptowährungen zu tätigen.
Welche Gefahren birgt Bitcoin als staatliche Reserve?
Neben der Schwierigkeit der sicheren Verwaltung sind mögliche Kursstürze – auch bei anderen Assetklassen – ein Risiko. Eine weitere Gefahr: Wird die Bitcoin-Blockchain kompromittiert, wäre sogar ein Totalverlust denkbar. „Bitcoin würde aber ohnehin nicht die einzige Reserve sein, sondern wäre eine Ergänzung zu anderen, wie beispielsweise Gold“, sagt Taudes.
Halten Staaten bereits Bitcoin?
Die USA verfügen derzeit über eine Reserve von rund 210.000 Bitcoin, die vor allem bei Kriminellen beschlagnahmt wurden. Zuletzt hatte die deutsche Regierung Bitcoin an Börsen verkauft, die ebenfalls konfisziert worden waren, vor allem bei illegalen Streaming-Anbietern. Allein die Behörden in Sachsen hatten im Jänner 2024 Bitcoin im Wert von rund drei Milliarden Euro eingezogen. Derartige Bestände unterliegen eigenen rechtlichen Regelungen und können nicht für eine strategische Reserve herangezogen werden.
Was plant Trump für das Bitcoin-Mining?
Donald Trump hat auch gemeint, dass er möchte, dass alle noch nicht im Umlauf gebrachten Bitcoin in den USA geschaffen werden sollen. Nach dem Verbot von Mining in China sind die USA schon heute eine der wichtigsten Nationen, aber auch in Ländern wie Kasachstan wird das Schürfen von Bitcoins in großem Stil betrieben.
Könnte Bitcoin auch in Europa als staatliche Reserve dienen?
Davon kann derzeit keine Rede sein. Ein Alleingang einzelner Staaten wie Österreich ist ohnehin undenkbar und für die EZB ist Bitcoin derzeit kein großes Thema – im Gegenteil: Immer wieder äußert sich die Zentralbank eher kritisch zu Krypto.
Wie geht es mit Bitcoin weiter?
Der Bitcoin-Kurs war in den letzten Wochen sehr volatil – nach einer Aufwärtsphase vor dem sogenannten Halving (ein alle vier Jahre stattfindendes Ereignis, bei dem die Belohnung für das Mining neuer Bitcoin-Blöcke halbiert wird, um das Angebotswachstum zu verlangsamen) ging es mehrmals nach unten und dann wieder nach oben. „Von dem kürzlich erfolgten Crash waren auch Kryptoassets betroffen, weil sie inzwischen mit dem klassischen Finanzsystem verwoben sind“, erklärt Taudes. Investoren, die große Bestände an Bitcoin und anderen Kryptowährungen halten – sie werden auch als „Kryptowale“ bezeichnet – nutzen solche Abwärtstrends, um billig zuzukaufen. Sollten sich die vergangenen Phasen wiederholen, könnte es in absehbarer Zeit aber wieder aufwärts gehen.
Gewinnen Kryptoassets generell an Bedeutung?
In Österreich investiert inzwischen jede fünfte Person in Kryptowährungen, wie eine Umfrage von Yougov im Auftrag von Bitpanda zeigt. Vor allem jüngere Menschen können sich für ein Investment in diese Assetklasse begeistern. „Kryptos sind heute so etwas wie das Gold der Jungen“, sagt Taudes. Nicht nur in Österreich, in aller Welt haben sich Bitcoin und Co. inzwischen als weitere Anlageklasse etabliert. Das zeigt auch das Beispiel der österreichischen Plattform Bitpanda, die bereits vier Millionen Kunden hat und im Retailsegment sehr populär ist. Bitpanda kooperiert zudem mit Banken, um Kryptoassets für Anleger einfach verfügbar zu machen. „Der Marsch von Bitcoin in die Institutionen ist voll im Gange“, sagt Taudes.
Ist Bitcoin tatsächlich ein Klimakiller, wie es wegen des hohen Energieverbrauchs beim Mining schon zu hören war?
„Da wird viel Unsinn verbreitet“, sagt Taudes. So könne Energieverbrauch nicht automatisch mit Umweltbelastung gleichgesetzt werden – es kommt auf die verwendete Energie an, wie das etwa auch beim Laden von Elektroautos der Fall ist. „Miner trachten danach, immer die billigste Energie zu verwenden, die 70 Prozent ihrer Kosten ausmachen“.
Früher war Südchina mit seinen Kohlekraftwerken die bevorzugte Region für dieses Mining, inzwischen wird vielfach billiger Strom aus Wind- und Photovoltaikanlagen verwendet. „Für das Mining spielt es keine Rolle, wenn die Energie aus diesen Anlagen nicht gleichmäßig verfügbar ist.“ Daher siedeln sich derzeit unter anderem in Texas viele Miner an, weil dort grüner Strom günstig verfügbar ist.