Interview
Die Trends in der Logistik
Die Wirtschaft: Herr Professor, mit welchen Logistik- und Transport-Trends setzen sich KMU aktuell auseinander?
Sebastian Kummer: Der wichtigste Trend ist die E-Mobilität. Wir müssen „grüner“ und nachhaltiger werden. Für PKW und Leicht-LKW existiert ein gutes Angebot. Es wird ständig verbessert, die Preise sinken stetig. Die Frage lautet: Soll ich als KMU schon heute in E-Mobilität investieren oder warten? Ich empfehle: mit einem Pilot-Fahrzeug starten und Erfahrungen sammeln. Betriebe in Wien, die überschaubare Reichweiten benötigen, finden jedenfalls eine passende Lösung. Im Waldviertel würde ich warten. Oder wenn ich schwere Lasten transportieren muss.
Rechnen Sie mit neuen gesetzlichen Vorgaben?
Irgendwann wird man mit Verbrennern nicht mehr in die Wiener City einfahren können, bald danach nicht mehr innerhalb des Gürtels. Ich empfehle das seit Jahren. Einstweilen beschränkt sich der Gesetzgeber auf Förderungen und steuerliche Anreize für E-Mobilität, etwa die geringeren Selbstbehalte für Mitarbeiterautos.
Was geschieht noch in puncto Nachhaltigkeit?
Grüne Aspekte werden überall wichtiger. Da werden Lagerhallen mit Solardächern überplattet. Oder Kunststoff- und Plastikverpackungen ersetzt – erstens, weil das dem eigenen Nachhaltigkeitswunsch entspricht, zweitens, weil es die Kunden verlangen. Erst gestern habe ich ein Amazon-Paket in einem Papiersackerl bekommen. Das hätte es früher nicht gegeben. Was ich damit sagen will: Jeder Mittelständler sollte sich hier Gedanken machen, bevor er deswegen Kunden verliert.
Wie schaut es mit KI, Digitalisierung und Automatisierung in der Logistik aus?
Im Logistikbereich war das früher sehr teuer und sehr aufwendig. Heute kann sich jeder leistungsfähige Software mit SaaS (Software as a Service) leisten. Da bezahlt man monatsweise nur das, was man nutzt. Meine Vision für kleinere Unternehmen ist, mithilfe von KI einfache Programme zu schneidern. Die erledigen die Korrespondenz, leiten Transport- und Lageraufträge weiter, egal, ob sie per Mail, PDF oder ausgedruckt hereinkommen. Sie prüfen den Lieferschein, erfassen die Rechnung und kontieren sie für die Buchhaltung.
Was davon gibt es heute schon?
Ich würde mir Microsoft Azure anschauen oder Dynamics 365. Oder mir die Software für meine Branche zeigen lassen. Bei größeren Unternehmen fällt mir der immer stärkere Einsatz von Robotern auf, die Paletten stapeln oder Waren einräumen. Ihr Preis hängt vom Gewicht ab, die sie bewegen müssen. Um 20.000 Euro gibt es Roboter, die bis zu zehn Kilo heben können. Das kostet weniger als der Lagermitarbeiter, den der Roboter einspart.
Wie kommen die Menschen damit zurecht?
Was ich beobachte: Wir updaten unsere Computer ständig, installieren neuen Virenschutz – aber wir selbst rattern Tag für Tag im selben alten Hamsterrad. Wir müssen uns Gedanken über die nächste Krise machen. Die kommt bestimmt! Logistisch brauche ich Fallback-Pläne, wenn meine Lieferanten nicht liefern können. Menschlich muss ich meine Mitarbeitenden resilient machen. Diese Nähe zu den Mitarbeitenden war immer die Stärke des Mittelstandes. Als Unternehmer muss ich mich um meine eigene mentale Gesundheit kümmern, damit ich leistungsfähig bleibe. Selbst als Kleinstunternehmer muss ich lernen, Visionen und Strategien zu entwickeln, damit mein Business überlebt.
Wer hilft einem dabei?
Zunächst die jeweilige Kammer. Vernetzen ist wichtig. Und die Möglichkeiten für Förderungen ausloten. Viele haben sich etwa nie mit dem Innovationsscheck der FFG befasst (ww.ffg.at). Das finde ich schade.