Bloody Women
„Bloody Woman“ steht auf Bettina Steinbruggers T-Shirt. Demonstriert die 31-Jährige Klagenfurterin damit gegen den Staat oder gegen die Männerwelt? Nein, es ist im Wortsinn gemeint. „Ich blute einmal im Monat“, lacht die junge Dame und das T-Shirt sagt, was Sache ist. „Menstruation ist immer noch ein Tabuthema“, sagt sie, „das muss man sich einmal vorstellen. Wenn wir auf Messen sind und die Frauen darauf ansprechen, reagieren viele ganz verschämt.“
Bettina Steinbrugger und ihre Kollegin Annemarie Harant sind nicht nur auf Messen, sondern in TV-Sendungen, bei Diskussionsplattformen, bei TED-talks, in Schulen. Dort bemerken sie eine große Unwissenheit bei Burschen und Mädchen gleichermaßen, Kinder mit Migrationshintergrund fühlen sich mit ihrer „Unreinheit“ alleingelassen.
ENDHALTESTELLE: STRAND
Ausgangslage der engagierten Damen war die unbefriedigende Zusammensetzung der Hygieneprodukte: „90 % der konventionellen Tampons bestehen aus einem Zellstoff-Plastik-Gemisch und benötigen aus diesem Grund 500 Jahre, um zu verrotten“, erkannte Steinbrugger, „in südlichen Ländern landen sie zum Großteil auf Stränden. Und bei uns immer noch häufig in der Toilette. Zuerst kommen die Problemstoffe an die eigene Schleimhaut und dann in die Natur. Frauen wissen offenbar zu wenig um diese Problematik. 45 Milliarden Binden und Tampons werden weltweit pro Jahr weggeschmissen.“
Die beiden haben eine Botschaft. Und die Produkte dazu. Im Jahr 2011 haben sie die Marke „erdbeerwoche“ für nachhaltige Damenhygiene entwickelt und bemerkt, dass sie nichts neu erfinden müssen. „Es gibt bereits Alternativen. Man muss sie nur finden“, erklärt Bettina Steinbrugger. Fündig geworden sind sie in Italien, Deutschland und England. Dort kaufen sie Produkte aus 100 % Bio-Baumwolle ein und führen eine eigene „biofaire Wäschelinie“. Auch wiederverwendbare Produkte für die Monatsblutung gibt es, etwa eine Menstruationskappe. Diese besteht aus medizinischem Silikon, wird am Ende der Periode ausgekocht und wartet dann auf ihren nächsten Einsatz.
CHEMIKALIENCOCKTAIL
„Gerade die im Handel erhältlichen superabsorbierenden Tampons sind für das starke Austrocknen der Scheide verantwortlich“, sagt Steinbrugger. „Viele Erkrankungen wären vermeidbar, wenn Frauen aggressive Waschlotionen genauso aus ihrem Intimbereich verbannen würden wie synthetische Tampons und Binden“, weiß der Wiener Gynäkologe Dr. Armin Witt aus seiner eigenen Praxis. Duftstoffe, Weichmacher, allergieauslösende Chemikalien sind oftmals in herkömmlichen Tampons enthalten, aber es fehlt die gesetzliche Kennzeichnungspflicht. „Da steht ‚natural‘ drauf, und dann sind da gerade einmal ein paar Baumwollfäden dem Zellstoff beigemischt“, wundert sich Steinbrugger.
Die „erdbeerwoche“ arbeitet heute ausschließlich mit europäischen Firmen zusammen und präsentiert auf der Website Produkte verschiedenster Anbieter, die man sonst als Konsumentin nur mit mühsamer Internetrecherche finden würde. „Wir checken die Lieferkette und die Produktion. Wir haben beispielsweise wiederverwendbare Slipeinlagen im Programm und schauen uns an, wo diese unter welchen Bedingungen genäht werden“. Und natürlich testen die Damen jedes einzelne Produkt selber, bevor es auf erdbeerwoche.com zum Kauf angeboten wird.
STEUERSENKUNG!
Im Moment lancieren die Unternehmerinnen eine Kampagne zur Senkung der „Tamponsteuer“. So nennen sie die 20 Prozent Mehrwertsteuer, die auf Damenhygieneprodukte eingehoben werden. Bücher oder Tabak sind nur mit zehn Prozent besteuert. Das möge doch bitte auch für die Gesundheit der Frauen möglich sein. Das Ministerbüro hat erst einmal ablehnend reagiert, aber die Damen geben nicht nach. Immerhin hat Frankreich den Steuersatz für Damenhygiene bereits auf 5,5 % abgesenkt und Kanada ihn komplett abgeschafft. Es ginge ja immerhin auch um ärmere Frauen. Die würden sich auch gerne pflegen.
Eine eigene Produktlinie unter dem Label „erdbeerwoche“ soll es nicht geben. Das Team hat genug damit zu tun, Angebote zu sichten und zu testen. Schon eher soll die erdbeerwoche so zu einem Gütsiegel werden. „Wir checken nicht nur die Qualität des Produktes, sondern auch die Lieferkette“, betont Steinbrugger. Es gäbe mittlerweile auch bei Tampons und Binden zunehmend Pseudoqualität, „wie beim Bio-Boom der Lebensmittel. Da werden Tampons als bio verkauft, die aus konventioneller, toxisch belasteter Baumwolle sind“. Inakzeptabel für Bloody Women.