Welche Top-10 Skills Führungskräfte haben müssen
Laut der Financial Times Skills Gap Survey 2018 sagen fast die Hälfte der befragten Arbeitgeber, dass sie zunehmend Schwierigkeiten haben, Führungskräfte mit den richtigen Fähigkeiten zu finden. Im Jahr davor waren es lediglich ein Drittel. „Die Zeiten werden immer herausfordernder, auch für Führungskräfte. Was diese heute unbedingt mitbringen müssen, ist der richtige Mix an Hard und Soft Skills“, sagt Prof. Barbara Stöttinger, Dekanin der WU Executive Academy. Neben grundlegendem Wirtschafts- und Management-Wissen wird einerseits ein Verständnis für Informationstechnologie – Stichwort Datenanalyse und Programmierfähigkeiten – gefordert, andererseits werden soziale Kompetenzen wie die Fähigkeit, im Team zu arbeiten, andere zu inspirieren und gleichzeitig aber widerstandsfähig gegenüber negativen, äußeren Einflüssen zu sein, immer wichtiger.
Welche sind aber nun konkret die zehn wichtigsten Fähigkeiten, die Top-Führungskräfte mitbringen sollten, und warum sind einige davon so schwer zu recruiten?
1. Teamfähigkeit & Offenheit für Diversität
Einzelkämpfer haben ausgedient, auch bei den Führungskräften. Gefragt sind Teamplayer, die das Wissen der anderen akzeptieren und nutzen. Dabei ist es wichtig, die Vielfalt zu forcieren – unter anderem in kultureller, sozialer, fachlicher, aber auch kompetenzbezogener Hinsicht. „Die Diversität wird zum wichtigen Faktor bei der Zusammenstellung von Teams“, analysiert Barbara Stöttinger.
Für Arbeitgeber zunehmend wichtiger,weil Ego-Management endgültig ausgedient hat. Gerade Innovation und Veränderung leben von verschiedenen Blickwinkeln und dem Vermögen, verschiedene Teammeinungen einzubeziehen, um nicht in einer Sackgasse zu landen.
2. Mut & die entsprechende „be unafraid“-Haltung
Veränderungen sind unverzichtbar, erfordern aber Mut. Daher brauchen Unternehmen Führungskräfte, die keine Angst davor haben, Dinge anders zu machen und etwas anzupacken – auch gegen Widerstände. HR-Expertin Martina Ernst, Gründerin des Beratungsunternehmens SalaryNegotiations und ehemalige Personalchefin der Erste Bank, meint dazu: „Heute gibt es kein eindeutiges Richtig oder Falsch mehr. Umso wichtiger ist es, dass Führungskräfte Widersprüchlichkeiten aushalten und dennoch Entscheidungen - was stets auch immer ein unternehmerisches Risiko beinhaltet.“ Unternehmerisches Denken in Bestimmung mit der jeweiligen Firmenstrategie sei demnach heute unverzichtbar, meint Ernst.
Für Arbeitgeber besonders wichtig, weil Unternehmen Führungskräfte brauchen, die „out of the box“ denken und sich auch nicht vor unkonventionellen Wegen fürchten. Hier sind aber auch gerade Arbeitgeber gefragt, jene Strukturen zu schaffen, in denen „Experimente“ auch belohnt werden. Nur so kann ein Nährboden entstehen, der Schwarz-Weiß denken vermeidet und Widersprüchlichkeiten zulässt.
3. Komplexe Probleme lösen
Je mehr Aspekte ein Problem beeinflussen, desto komplexer wird es, eine Lösung dafür zu finden. In unserer VUCA Welt gehört Komplexität einfach zum Alltag in Unternehmen. Führungskräfte sind daher gefordert, diese Multidimensionalität zu berücksichtigen und das gesamte Umfeld zu betrachten. Einfache Antworten kann es nicht mehr geben; es wird nötig, sich entsprechend vorzubereiten und unterschiedliche Szenarien zu entwickeln.
Für Arbeitgeber besonders wichtig und schwer zu recruiten, weil wir uns im Micro-Management wohl fühlen und es einfacher ist, sich mit kleinen überschaubaren Projekten auseinanderzusetzen. Auch hier haben Arbeitgeber die Verantwortung, ihre Führungskräfte dazu aufzufordern, sich der Komplexität zu stellen und sich vom Micro-Management abzuwenden.
4. Inspirieren und lenken
Nicht befehlen, sondern befähigen – das muss das Motto einer guten Führungskraft sein. Barbara Stöttinger sagt: „Dahinter steht die Erkenntnis, dass nur mit einem motivierten, leistungsfähigen Team die Ziele erreicht werden können.“ Eine Führungskraft sollte daher eher als Förderer agieren und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei unterstützen, Herausforderungen bestmöglich zu meistern, ergänzt Martina Ernst. „Wichtig ist dabei aber nicht nur der Rückhalt für das Team, sondern auch ein Überblick, was realistisch machbar ist.“
Schwer zu recruiten, weil es Personen braucht, die die eigenen Stärken und Kompetenzen gut kennen, die sich selbst führen können und Feedback aushalten. Nur diese Führungskräfte haben auch die Fähigkeit, andere erfolgreich zu führen.
5. Hohe Widerstandskraft & Drive
Zu den wichtigsten Soft Skills gehört jedenfalls die Fähigkeit, unter Druck arbeiten zu können und sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen. „Als Führungskraft muss man immer damit rechnen, dass die Strategie an die veränderten Umweltfaktoren angepasst werden muss. Hier darf man sich nicht entmutigen lassen, sondern muss mit dem nötigen Pragmatismus couragiert neue Schritte setzen, um die gesteckten Ziele zu erreichen“, meint Martina Ernst. Zu dieser Widerstandskraft gehört es, mit Konflikten professionell umzugehen und Kritik – speziell innerhalb des Teams – zuzulassen und zu reflektieren.
Schwer zu recruiten, weil gerade diese Kompetenzen davon abhängig sind, welche Kultur in der jeweiligen Organisation zu finden ist. Als Arbeitgeber muss ich daher darauf achten, dass ich diese elementaren Kompetenzen auch bestmöglich unterstütze. Wenn Drive und Widerstandskraft von der Organisation behindert werden, können sich diese auch nicht entfalten.
6. Richtig priorisieren können
Alles muss angeblich sofort erledigt werden, die Anforderungen an Führungskräfte können gewaltig sein. Wer es nicht schafft, Prioritäten zu setzen, wird zwangsläufig untergehen. Ein effizientes Zeitmanagement, zu dem auch die Fähigkeit zum Delegieren gehört, zählt daher heute zu den Top-Skills. „Schon die Trennung zwischen „dringend“ und „wichtig“ kann bei der Tagesplanung helfen“, weiß Martina Ernst aus eigener Erfahrung. „Führungskräfte müssen imstande sein, gemeinsam mit dem Team die Aufgaben diesbezüglich zu sortieren.“
Für Arbeitgeber besonders wichtig, weil Führungskräfte benötigt werden, die sich im Klaren darüber sind, welche Ziele es zu erreichen gilt. Nur so kann ein „Ausbrennen“ vermieden werden. Oftmals sehen wir, dass Organisationen selbst keine klaren Ziele haben und es deshalb auch für Mitarbeiter schwierig ist, sich entsprechend organisieren und zu strukturieren.
7. Netzwerken auf Augenhöhe
Gute Netzwerke waren für die Karriere immer von Vorteil, heute liegt aber der Fokus mehr auf dem gegenseitigen Nutzen solcher Kontakte. „Netzwerke über die Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg werden noch wichtiger“, sagt Barbara Stöttinger. „Es sollte ein Geben und ein Nehmen auf Augenhöhe sein, damit beide Seiten profitieren. Dank der Netzwerke können außerdem Trends rechtzeitig erkannt und genutzt werden, ergänzt Martina Ernst. Dazu kommt, dass interdisziplinäres Denken wichtiger wird, denn die Grenzen zwischen den Branchen verschwinden zunehmend.
Für Arbeitgeber besonders wichtig, weil von den richtigen Netzwerken generell enorm viel Positives ausgeht. Im unternehmerischen Kontext heißt das, dass es Menschen in der Organisation braucht, die sich dessen auch bewusst sind. Dazu gehört der Aufbau und die Pflege von Netzwerken, die Fähigkeit effektive Kooperationen zu gestalten, die für beide Seiten einen Vorteil generieren.
8. Strategisches Denken
Trends frühzeitig zu erkennen ist auch die Grundlage für strategisches Denken, das heute von Führungskräften stärker gefordert wird denn je. „Wer sich nur auf das Tagesgeschäft konzentriert, läuft Gefahr, die langfristigen Unternehmensziele und Visionen aus den Augen verlieren“, meint Barbara Stöttinger. Die zukünftige Entwicklung muss daher aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden und Führungskräfte sind gut beraten, regelmäßig grundlegende Fragen zur Weiterentwicklung des Unternehmens zu stellen.
Schwer zu recruiten, weil sich erst nach einiger Zeit herauskristallisiert, ob Führungskräfte diese Fähigkeit auch besitzen. Generell gilt, dass es auch hier darauf ankommt, wie die Organisation strukturiert ist und ob es genug Möglichkeiten gibt, sich zu entfalten oder Kompetenzen zu entwickeln. Soll heißen: Ich muss nicht alle Eigenschaften in einer Person vorab schon finden, vieles kann sich im richtigen Umfeld auch entwickeln - hier sind speziell auch die Führungskräfte der Führungskräfte gefordert.
9. Programmierverständnis entwickeln
Informationstechnologien und Trends wie Künstliche Intelligenz, Big Data und Internet of Things betreffen längst jedes Unternehmen. Daher wird von Führungskräften heute ein grundlegendes Verständnis für die IT und für Programmiersprachen verlangt. „Es ist unerlässlich, in der Interaktion mit den eigenen Experten, die Überblick zu bewahren und die richtigen Fragen stellen zu können“, meint Martina Ernst.
Für Arbeitgeber besonders wichtig, weil die Digitalisierung unaufhörlich voranschreitet und technologische Veränderungen an der Tagesordnung sind. Nur die entsprechende Offenheit neuen Themen gegenüber und das nötige Knowhow im Technologiebereich garantieren auch, dass Unternehmen sich verändern können.
10. Big Data zu nützen wissen
Daten sind das Erdöl des 21. Jahrhunderts und können daher für Unternehmen einen entscheidenden Vorsprung im Wettbewerb bedeuten. Damit das gelingt, müssen diese Daten aber richtig analysiert und aufbereitet werden. Von Führungskräften wird daher auch ein umfassendes Verständnis für die Möglichkeiten von Big Data verlangt. „Damit Daten gewinnbringend verwendet werden können, muss die ganze Einstellung des Unternehmens dazu passen – und das beginnt eben bei den Führungskräften“, sagt Barbara Stöttinger.
Schwer zu recruiten, weil Unternehmen teilweise selbst im Unklaren über die eigene Datenlage sind und ihnen daher die Benefits von datenafinen Führungskräften nicht sofort klar sind. Trotzdem muss es für Führungskräfte möglich sein, sich intensiv mit diesen Themen zu befassen. Stichwort: bereichsübergreifende Zusammenarbeit und Aufbrechen des SILO-Denkens!