Warum Finanzwissen der Schlüssel ins Top-Management ist
Geld regiert nicht nur die Wirtschaftswelt – es hält sie auch zusammen. Finanzen kommen überall dort ins Spiel, wo es um unternehmerische Entscheidungen und ihre kurz- und langfristigen Effekte auf die Performance geht. Wo Budgetverantwortung stattfindet, wo es um Markteintritte oder -austritte geht, um Innovationsinvestitionen und -risiken, um Projektkosten und Gewinnmargen, um Aktienkurs-Sinkflüge und künftige Schadensbegrenzungen.
Wichtiger denn je: die Zahlen im Griff haben
Doch wo Finanzen sind, braucht es auch Wissen darüber – und das ist komplexer als jemals zuvor. „Im Kern von Finance stehen die Faktoren Zeit und Risiko“, sagt Prof. Otto Randl, wissenschaftlicher Leiter des Professional MBA Finance der WU Executive Academy. Seine MBA-Studierenden kommen längst nicht mehr nur aus dem Bankenwesen, sondern aus so gut wie allen Branchen und Funktionen. „Wie stark Unternehmen Risiken etwa bei Investitionen in Märkte und Innovationen eingehen sollen, wann sie in heiß umkämpften Märkten wieviel Gewinn erhoffen können, warum sich Big Data auch auf Finanzentscheidungen auswirkt: all das benötigt ein ausgeprägtes Verständnis über Finanzmechanismen – vor allem, weil die Wirtschaftswelt aufgrund der Globalisierung und Digitalisierung immer komplexer wird.“
Finance gewinnt nicht nur deswegen zunehmend an Attraktivität: „Nach der Finanzkrise ist dieser elementare Bereich wieder im Aufwind begriffen – unter anderem auch wegen der aufstrebenden Fintech-Branche“, sagt Otto Randl. Das zeigt auch die aktuelle Studie „Tomorrow’s MBA“ des Beratungsunternehmen CarringtonCrisp: Nach IT sind Finanzthemen bei Interessenten für ein MBA-Studium die wichtigsten Inhalte. Hier erlebt auch Corporate Finance ein Revival bei den Interessenlagen. 632 MBA-Teilnehmer aus 56 Ländern weltweit wurden befragt.
Kurzum, jede Führungskraft und jeder Entscheider in einem Unternehmen – vor allem aber das Top-Management - benötigt ein umfangreiches Finanzverständnis – mit unterschiedlichen Implikationen und Schwerpunkten:
Chief Executive Officer (CEO)
Ein CEO muss vieles können: das Big Picture des Marktes und seiner künftigen Entwicklung im Blick haben. Die strategische Ausrichtung des Unternehmens lenken und unternehmerisch denken. Immerhin jeder dritte CEO der Fortune500-Unternehmen hat laut einer Analyse von Heidrick & Struggles ursprünglich eine Finanzkarriere gemacht, aber nur fünf Prozent aller CEOs kamen direkt aus einer CFO-Position an die Unternehmensspitze. 20 Prozent der CEOS kommen aus dem Marketing&Sales-Bereich. Direkt vor ihrem Sprung an die Spitze war mehr als die Hälfte der CEOs im operativen Bereich tätig, etwa als Chief Operation Officer oder President. Das zeigt: Operatives Umsetzen, strategisches Denken und ein fundiertes Finanzwissen gehören zu den wesentlichen Erfolgsfaktoren für Unternehmenslenker. Überblickendes Verständniswissen über die Wirkmechanismen der Kapitalstrukturen des Unternehmens, über Finanzierungen und Kosten- und Risikofaktoren gehören unbedingt zu den Kompetenzen eines guten CEOs. „Finanzentscheidungen haben unmittelbare und massive Auswirkungen darauf, wie es einer Firma geht“, sagt Otto Randl. Auch zu wissen, dass Unternehmen mit klarer CSR-Strategie nachweislich weniger riskant sind, sollte Unternehmenslenkern zu denken geben.
Chief Operating Officer (COO)
Die Position des Chief Operating Officer ist vor allem im US-amerikanischen Raum weitverbreitet, aber auch in Europa setzt sich diese zentrale Funktion immer mehr durch. Der COO ist wortwörtlich die rechte Hand des CEO, der ausführende Part der Unternehmensstrategie und der leitende Part des Tagesgeschäfts. Er sorgt dafür, dass strategische Entscheidungen auf den Boden der Realität kommen, verhandelt mit Stakeholdern und ist für das finanziell gewinnbringende und effektive Wachstum des Unternehmens verantwortlich. Da er täglich mit der Betriebsführung beschäftigt ist, sieht er auch die unmittelbaren Nebenwirkungen und Fehlentwicklungen einer Strategie und kann als Korrektiv wirken. Weil er sehr eng mit dem CEO zusammenarbeitet, ist es notwendig, dass er auch die finanzielle Tragweite und etwaige Risiken von unternehmerischen Entscheidungen erkennen und richtig einordnen kann. „Deshalb braucht der COO auch Kenntnisse in Corporate Governance und damit im Aktien- und Kapitalmarktrecht. Häufig unterstützt er den CEO beim Fundraising von Venture Kapital und sollte damit Kenntnisse in der Bewertung von Investitionsentscheidungen haben. Fundiertes Wissen im Bereich Corporate Finance ist hier ein enormer Vorteil“, erklärt Randl.
Marketing & Sales Director
Im ersten Moment würde man ihm oder ihr nicht die große Notwendigkeit von Finanzkompetenz attestieren. Doch das ist ein Irrtum, denn gerade hier passieren bei fehlendem Finanzwissen häufig klassische Fehler: „Wenn man in Länder mit Hochzinswährungen exportiert, machen viele M&S-Führungskräfte den Fehler, die Kalkulation beim aktuellen Währungskurs anzusetzen“, erläutert Randl. Bis das Zahlungsziel erreicht sei, vergingen häufig einige Monate. Absicherungen von Wechselkursschwankungen sind über Terminkontrakte möglich, allerdings sollte man wissen, welche Fremdwährungsrisiken man eingehen kann, denn: „Je länger die Liefer- bzw. Zahlungsfrist in der Zukunft liegt, desto stärker weichen Terminkurse von aktuellen Wechselkurs ab.“
Human Resources Director
Um Leistungsanreize zu schaffen, sind Vergütungsmodelle und Bonussysteme immer wieder Thema in Personalabteilungen. „Personal-Chefs sollten wissen, welche Finanzkontrakte welche Folgen haben können“, gibt Otto Randl zu bedenken. Die Finanzkrise zeigte, dass lineare Bonussysteme für Manager im Bankensektor einen unerwünschten Nebeneffekt hatten: Der in Aussicht gestellte Bonus sorgte nämlich dafür, dass sie deutlich risikoaffiner agierten, als es vielen Unternehmen guttat. Vergütungsmodelle haben direkte Effekte auf die Motivation und Zusammenarbeit der Mitarbeiter. Hier können nichtlineare Anreizsysteme die bessere Alternative zum linearen Bonussystem darstellen – wie etwa die variable Vergütung über Wertpapiere oder Aktienoptionen. „Im MBA Finance diskutieren wir beispielsweise Methoden der Optionspreisbewertung. Dadurch wird das Verständnis erhöht, welche konkrete Ausgestaltung diese Finanzkontrakte besonders wertvoll macht“, sagt Otto Randl.
Chief Financial Officer (CFO)
In der Regel hat der (künftige) Chief Financial Officer bereits einen fundierten Werdegang im Finanzbereich hinter sich. Man könnte meinen, einen MBA in Finance hat er nicht nötig. Doch er schlägt sich mit immer komplexeren Aufgaben herum: der Kosten- und Effizienzdruck steigt, Märkte und ihre mitunter disruptiven Mitbewerber werden unübersichtlich. Laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung PwC glauben 86 Prozent der deutschen CFOs, dass sie bis zum Jahr 2025 mit datengestützter strategischer Beratung einen wesentlichen Wertbeitrag für die Geschäftsführung leisten werden – sie sehen sich also noch stärker als bisher als strategische Partner der CEOs. Um die unternehmerischen und strategischen Aspekte näher zu beleuchten und das bisherige Finanzwissen in einen breiteren Management-Kontext zu stellen, macht ein MBA Finance hier daher mehr denn je Sinn. „In unserem Modul „Computational Finance“ etwa erhalten unsere Teilnehmer technische Skills und ein praxisnahes Verständnis über den Umgang mit Big Data sowie über Data Analytics – also etwa über Berechnungen und Kalkulationen bei Unternehmensbewertungen oder bei Unternehmens-Übernahmen und Mergern“, erklärt Otto Randl.