„Staud steht für Narrentum“
Hier liegt der süßlich-angenehme Duft von Konfitüre in der Luft. Ein Blick in die Lagerstätte des Konfitürenherstellers Staud’s zeigt stapelweise Konservengläser, die in alle Welt exportiert werden. Das Geschäft prosperiert, ebenso wie der einst gewerblich totgesagte Brunnenmarkt, dem Hans Staud als Standort immer treu geblieben ist. Der 63-Jährige führt durch seine nagelneue Produktionsstätte und plaudert nebenher mit seinen Mitarbeitern. Mit einigen seiner 35 Beschäftigten kommuniziert er sogar in deren Muttersprache. Zwecks besserer Firmenkommunikation hat Staud nämlich Serbisch und Kroatisch gelernt. Auf gutes Arbeitsklima wird hier besonders Wert gelegt, das wird auch im folgenden Gespräch unterstrichen.
Herr Staud, entstand Ihre Liebe zum Süßen schon in Kindertagen?
Nein, ich war ein Marmeladenfeind! Im Halbinternat in der Albertgasse bekam ich künstliche Marmelade. Die war orange und rot, und ich konnte sie nicht essen. Meine Mutter sagte damals, ich sei der heikelste Bub, den sie kennt.
Welche Rolle haben Ihre Eltern in Ihrer Karriere gespielt?
Meine Familie betrieb drei Generationen lang einen Obst- und Gemüsehandel, da war es zur Marmelade nicht weit. Als Jugendlicher wollte ich aber Rechtsanwalt oder noch lieber Musiker werden. Ich war dabei sehr ehrgeizig. Mit 18 kam es aber zum Zerwürfnis mit meinem Lehrer. Dann habe ich mit der Musik aufgehört, Wirtschaft studiert und dadurch die Lust am unternehmerischen Handeln erfahren.
Der Ehrgeiz ist Ihnen auch als Unternehmer geblieben?
Ich sehe mich als Perfektionisten. Ich habe die Gabe, einen guten Geschmack zu haben, und die Gnade, dass ich damit das Geschmacksempfinden von geschätzt 80 Prozent der Menschen treffe.
Was unterscheidet den Privatmenschen vom Unternehmer Staud?
Was ist Privatleben? Ich hätte gerne eine eigene Familie gehabt. Es wäre aber jede Ehe in die Brüche gegangen, die Kinder hätten bestimmt Sie zu mir gesagt. Andererseits habe ich meine Bauern und Mitarbeiter und deren Kinder. Ich sehe sie wirklich altruistisch wie meine eigene Familie. Ich war halt immer schon mit meiner Firma verheiratet und ein Fanatiker für meinen Beruf. Heute ist meine Lebenspartnerin Birgit Sarata – sie teilt diesen Fanatismus.
Und sie steht als Operettensängerin in der Öffentlichkeit. Das ist bestimmt auch gut für die Marke Staud’s?
Darum geht’s nicht. Vor den „Seitenblicken“ flüchte ich. Am Opernball habe ich mich diesmal erfolgreich versteckt. Das Ganze geht mir so auf den Nerv. Ich will in Ruhe gelassen werden.
Wo finden Sie denn Ruhe?
Wenn ich selbst Musik spiele, ins Theater oder in die Oper gehe. Ruhe finde ich auch in meinem Lieblingsrestaurant am Yppenplatz.
Wofür steht der Name Hans Staud?
Er steht für Narrentum. Es ist eine Ehre, dass ich Hofnarr sein darf. Auch für Politiker verschiedener Parteien.
Hofnarren haben die Gabe, subtil Kritik zu üben.
Ich habe mit den Politikern mittlerweile bestes Einvernehmen, bin mit vielen per Du. Was ich mache, ist, an Podiumsdiskussionen teilzunehmen, etwa zur Integrationsthematik. Als Unternehmer will ich mit gutem Beispiel vorangehen.
Machen Sie das aus privater Überzeugung oder unternehmerischer Verantwortung heraus?
Das gehört zum Unternehmersein. Ich mache das für die gesamte Branche. Ich muss ja auch die Wünsche und Anliegen meiner Mitarbeiter und Bauern weitergeben.
Worauf sind Sie stolz?
Ich bin kein Titelhascher, verwende also fast nie meinen Diplomkaufmann, weil das in der Wirtschaft wurscht ist.
Worüber ich mich aber freue, ist die Ernennung zum Ökonomierat. Diese höchste Auszeichnung in der Landwirtschaft bekommen normal nur gestandene Bauern, und nicht Unternehmer, die ja immer im Verdacht stehen, die Bauern auszubeuten.
Was unterscheidet Sie denn von den Ausbeutern?
Ich bin oft für die Bauern sogar ein Notnagel. Wenn Rewe oder Spar doch nicht so viel abnehmen, springe ich oft ein und nehm ihre Ware ab. Das ist eben meine Verantwortung. Gegenüber dem Geschäftspartner. Andererseits könnte ich auch nicht zusehen, wie ein wertvolles Lebensmittel kaputt wird.
Was ist Ihr unternehmerischer Antrieb?
Dass ich etwas tue, aber nicht nur für mich. Das wäre doch fad. Der Schauspieler macht seinen Beruf ja auch nicht für sich. Das bewundere ich. Da kann man sich etwas abschauen. Wieso soll das für einen Unternehmer nicht gelten? Meinen Kunden, Mitarbeitern und Bauern soll es gutgehen.
So viel Selbstlosigkeit nehm ich Ihnen jetzt nicht ab.
Ich bekomm dabei ja etwas zurück. Schön ist, wenn mir ein Kunde schreibt: Herr Staud, Sie machen mich glücklich. Das geht ja fast schon ins Erotische.
Und was ist geschäftlich ein Abturner, was ist ungerecht?
Meine ehemalige Bank hat mir mal den Kredit verweigert: Weil ich einen alten Opel fuhr, keinen Chauffeur hatte und selbst in der Firma mitgearbeitet habe. Schlimm, wie diese Bankmenschen funktioniert haben.
Welche unternehmerischen Werte halten Sie dagegen?
Es gibt diesen schönen Ausdruck des ordentlichen Kaufmanns. Das, was Grasser und Konsorten machen, ist damit nicht vereinbar. Sie brechen vielleicht kein Gesetz, aber die Moral. Unternehmer brauchen ein wirtschaftsethisches Bewusstsein! Ich bin stolz drauf, dass ich meine Lieferanten immer gut bezahlt und nie gelinkt habe. Ich habe nie jemanden über den Tisch gezogen. Das gesprochene Wort und der Handschlag ist ein Vertrag unter Kaufleuten, dazu zähle ich auch die Landwirte und dazu stehe ich.
Interview: Daniel Nutz