Spitze durch Talente
Leoben beherbergt mit der Austria Technologie & Systemtechnik Aktiengesellschaft (AT&S) einen Konzern, der weltweit agiert und im Bereich der Leiterplatten und IC-Substrate zu den gefragtesten Unternehmen überhaupt zählt. Durch die Zusammenlegung dreier Teilunternehmen entstand 1987 der Konzern, der bis zur Privatisierung ein Teil der staatlichen ÖIA-Holding war. 1999 erfolgte der Börsengang in Frankfurt am Main. Die Aktie blieb dort bis 2008 notiert. Gleichzeitig wuchs der Konzern, in Shanghai eröffnete man 2002 ein neues Werk und wurde beinahe zeitgleich auch weltweiter Lieferant für Nokia und Siemens. Nach dem Wechsel an die Börse Wien 2008 und einem neuen Werk in Indien 2010 begann AT&S 2011 im chinesischen Chongqing mit der Errichtung einer weiteren Betriebsstätte. Zwei Jahre später konnte das Unternehmen den US-amerikanischen Chip-Riesen Intel als Kunden gewinnen. Er ist bis zum heutigen Tag ein wichtiger Abnehmer geblieben.
Umsatzsteigerung auf 2,2 Milliarden Euro
2020 verlieh Intel dem steirischen Unternehmen auch so etwas wie einen Ritterschlag und zeichnete AT&S mit dem Titel „bevorzugter Qualitäts-Zulieferer“ aus. Ein anderer langjähriger Kunde, Apple, weist den Konzern seit vielen Jahren auf seiner Top-200-Lieferanten-Supplier-Liste aus. „Wir haben uns durch vorausschauende Investitionen und eine hervorragende Forschungs- und Entwicklungsarbeit in den vergangenen Jahrzehnten eine exzellente Position in den Märkten für Highend-Leiterplatten und IC-Substrate erarbeitet. Wir haben das Know-how und die Produktionskapazitäten, um alle Wünsche schnell und in Top-Qualität zu erfüllen, egal wie hoch die Stückzahlen sind. Das schätzen unsere Kund*innen auf der ganzen Welt“, sagt Gerald Reischl, Director Communications & Public Relations, im Gespräch mit die wirtschaft. Diese Beliebtheit macht sich auch in den Umsatzzahlen bemerkbar. Im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2022/23 startete AT&S mit einem Rekordergebnis. Der Umsatz stieg um 58 Prozent, auf 503 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es 318 Millionen Euro. Das bereinigte EBITA lag mit 145 Millionen Euro satte 183 Prozent über dem des Vorjahres. Für das komplette Geschäftsjahr 2022/23 rechnet der Konzern mit einem Umsatz von rund 2,2 Milliarden Euro.
Durch die Pandemie gab es in verschiedenen Bereichen einen noch nie da gewesenen Digitalisierungsschub. Die Arbeitswelt wurde dadurch mobiler und vernetzter. Hier konnte AT&S bei vielen Kunden punkten.
AT&S steht Neuankömmlingen bei der Wohnungssuche zur Seite.
Forschen in Leoben
Das Unternehmen sieht auch über das laufende Geschäftsjahr weitere Wachstumspotenziale. Durch die Erweiterung der Produktionskapazitäten in Asien und den Ausbau des Standortes in Leoben soll für das Geschäftsjahr 2025/26 eine Steigerung des Umsatzes auf 3,5 Milliarden Euro gelingen. Seit März dieses Jahres wird zudem an einem neuen Forschungszentrum in Leoben gebaut. 500 Millionen Euro investiert man bis 2025, um das Research & Development Center (R&D) zu errichten und damit das Unternehmen weiter in Richtung Zukunft zu führen. 10.000 Quadratmeter groß wird das neue Forschungs- und Produktionsgebäude werden. „Die Arbeiten laufen bislang perfekt nach Plan und wir gehen von einer termingerechten Fertigstellung aus, wobei diese in verschiedenen Tranchen erfolgt. Wir starten bereits diesen Herbst mit dem Onboarding und Training. Anfang 2023 werden die ersten Maschinen geliefert und danach beginnt die Prozess-Qualifikationsphase. 2024 starten wir mit dem Rampen“, so Reischl. Durch diese Standorterweiterung entstehen 700 neue Arbeitsplätze in den unterschiedlichsten Bereichen. Vom Gebäudemanagement bis zu Büromitarbeitern, vom Materialwissenschaftler über Physiker, Chemiker, bis hin zu Facharbeitern und Forscherinnen sucht AT&S Fachkräfte in Österreich, Europa und darüber hinaus. Viele neue Mitarbeiter werden zu Beginn kaum Deutschkenntnisse besitzen, doch auch hier ist der Konzern gerüstet.
„Wir haben eine ganze Reihe von Maßnahmen gesetzt, um unseren internationalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Integration zu erleichtern. AT&S steht Neuankömmlingen bei der Wohnungssuche zur Seite und unterstützt internationale Kindergärten und Schulen, um die Region auch für Fachkräfte mit Familien interessant zu machen“, sagt Reischl. Gemeinsam mit der Politik arbeitet der Leiterplattenhersteller an der Einrichtung einer internationalen Schule in Leoben, von der nicht nur die Arbeitskräfte profitieren sollen, sondern die ganze Gemeinde.
Mit innovativen Konzepten punkten
AT&S möchte zukünftig auch ein attraktiverer Arbeitgeber für Frauen werden. „Durch Kooperationen mit Schulen und Hochschulen versuchen wir, den Frauenanteil in technischen Berufen schon in der Ausbildungszeit zu erhöhen. Derzeit liegt der Frauenanteil bei 34 Prozent, aber unser Ziel ist, dass dieser Anteil bis 2025 auf 45 Prozent steigt“, betont Reischl. Ähnlich wichtig sieht man die Ausbildung des Nachwuchses. Hier soll sich die Zahl an Lehrlingen in den kommenden Monaten von 50 auf 100 verdoppeln. „Der Ausbau der Lehrstellen ist eine Investition in die eigene Zukunft und in die Region, die durch ein gutes Jobangebot für neue Mitarbeiter*innen attraktiver wird“, sagt Reischl. Und zukünftig geht man noch einen neuen Lehrlingsweg. Das Ausbildungsangebot wird um eine Lehre für Spitzensportlerinnen und -sportler erweitert. Dieses Angebot richtet sich an Jugendliche, die Leistungssport betreiben. Gemeinsam mit der Gewerkschaft PRO-GE und der HR Bildungs- und Service GmbH entwickelte AT&S ein Konzept, mit dem der Sport und eine Lehre optimal vereinbart werden können. „Wir beschränken unser Angebot nicht auf bestimmte Sportarten. Egal ob Fußball, Skisport oder Tennis, bei AT&S sind junge, hochmotivierte Athlet*innen herzlich willkommen. Bereits am ersten Tag der Ankündigung unserer Offensive langten die ersten Anmeldungen ein“, erzählt Reischl. Zu Beginn stehen 20 Lehrplätze zur Verfügung. Dieses neuartige Konzept könnte bei einer erfolgreichen Umsetzung auch für andere Unternehmen interessant werden. Anleihen können sich diese aber nicht nur, was die Personalstrategie anbelangt, bei dem steirischen Leitbetrieb nehmen. Auch die Investitionen in Standort und Forschung sowie der konsequente Fokus auf den Unternehmensgegenstand zählen zu den klassischen Erfolgsrezepten von Weltmarktführern. Und was in Leoben funktioniert, klappt ja vielleicht auch anderswo.