Interview

Wasser als Teil der Personalarbeit

Trinkwasser
03.07.2024

Ob Büro, Baustelle oder Werkstatt: Die Bereitstellung von frischem Trinkwasser für Mitarbeitende hat erstaunlich positive Auswirkungen auf Unternehmen – und wird von diesen oft unterschätzt, wie Culligan Austria Geschäftsführer Robert Stolz im Interview erklärt.
Frau in Arbeitskleidung trinkt aus einem Wasserglas

 In den vergangenen Jahren kam das österreichische Unternehmen „Triple A“ durch eine Übernahme unter das Dach des amerikanischen Wasser-Konzerns Culligan. Seit Herbst 2023 firmiert das Unternehmen mit mehr als 170 Mitarbeiter*innen und Sitz in Wien unter dem neuen Namen „Culligan Austria“. Rund 11.000 Betriebe und 3.200 Privathaushalte beziehen als Kunden Wasser entweder aus Gallonen, abgefüllt an einer eigenen Produktionsstätte in der Steiermark oder über leitungsgebundene Zapfstationen, die das vorhandene Leitungswasser filtern und gekühlt, erhitzt oder mit Kohlensäure versetzt darreichen. Der Geschäftsführer des 1997 aus der Greiner Gruppe in Kremsmünster hervorgegangenen Unternehmens, Robert Stolz, hat sich dem Kampf gegen Plastikmüll verschrieben, sieht aber in der Bereitstellung von Wasser auch eine HR-Maßnahme im Bemühen um Mitarbeiterzufriedenheit – und er freut sich auf das kommende Einweg-Pfand-System.

Robert Stolz
Culligan Austria Geschäftsführer Robert Stolz

Die Wirtschaft: Herr Stolz, wie hat sich die Übernahme von Triple A durch Culligan International ausgewirkt?
Robert Stolz:
Wir sind ja schon seit 2019 Teil der Culligan Gruppe. Im Herbst letzten Jahres haben wir uns schließlich umbenannt von Triple A auf Culligan Austria. Der neue Eigentümer bringt viel Expertenwissen in das operative Tagesgeschäft ein, aber auch in die Produktentwicklung, ins Marketing, in Finanzthemen und Compliance. Wir spüren eine Professionalisierung.

Was unterscheidet ihr Unternehmen von anderen Wassermarken?
Unser Vertrieb läuft nicht über Handelspartner. Wir haben die gesamte Wertschöpfungskette im Haus. Wir füllen das Wasser ab, bringen es über unsere eigene Logistik in die acht Niederlassungen und dann von dort mit eigenen Mitarbeitern zum Endkunden. Das ermöglicht uns, nachhaltiger zu agieren.

Inwiefern ermöglicht das mehr Nachhaltigkeit?
Wir füllen das Wasser mit unserem eigenen Sonnenstrom ab. Die ganze Prozesswärme für die Behandlung und Reinigung der Mehrweggebinde ist elektrifiziert und emissionsfrei. Derzeit planen wir den Einsatz eines vollelektrischen Lkw, der das Wasser von der Quelle zu den Niederlassungen bringt. Auch dort produzieren wir Strom mit einer PV-Anlage und auch die letzte Meile zum Endkunden erfolgt elektrisch. Deshalb ist unser CO₂-Fußabdruck gering.

Wie sieht denn ihre Kundenstruktur aus?
Wir haben derzeit insgesamt 33.000 Wasserspender in Österreich aufgestellt. 85 Prozent davon im B2B-Bereich, 15 Prozent B2C.

Wie teilt sich das auf die Produktsegmente auf?
Wir haben 75 Prozent Gallonen- und 25 Prozent leitungsgebundene Wasserspender. Letztere werden an die jeweils vorhandene Wasserleitung angeschlossen. Das Wasser wird durch Filtration veredelt, unangenehmer Geschmack, etwa Chlor, wird entzogen. Es wird gekühlt, erhitzt oder mit Kohlensäure angereichert. Damit hat der Konsument ein schönes Spektrum an Möglichkeiten, genussvoll Wasser zu trinken - und er wird inspiriert, mehr zu trinken.

Das ist gerade an heißen Sommertagen wichtig. Spüren sie den Sommer im Geschäft?
Wir haben Saisonalität, aber nicht in dem Ausmaß, wie man sich das vielleicht denken würde. Im Sommer ist Urlaubszeit und wenn ein Viertel der Belegschaft nicht da ist, flacht die Konsumation ab. So ein Wasserspender in einem Unternehmen ist eine sichtbare Erinnerung, genügend Wasser zu trinken, und das sollte man ja das ganze Jahr tun. Im Winter herrscht in Büroräumen oft trockene Heizungsluft. Genügend Wasser zu trinken, ist deshalb in dieser Jahreszeit sehr wichtig.

Was motiviert ihre Kunden, Wasserspender aufzustellen?
Man kann damit Wasser in Bereichen zugänglich machen, in denen Leitungswasser nicht, oder nur schwer verfügbar ist. Das ist der erste Impuls. Ein ebenso wichtiger Grund ist die betriebliche Gesundheitsförderung. Wenn kein Wasserspender in einem Unternehmen steht, trinken die Menschen wenig Wasser. Das Trinkverhalten konzentriert sich dann eher auf Kaffee oder Limonaden aus dem Automaten. Betriebsräte oder HR-Experten wissen, wie sehr ein Wasserspender hier Veränderung bringt. Sobald er aufgestellt ist, animiert er die Mitarbeiter zum Wassertrinken.  Es ist die leichtere Zugänglichkeit, es ist die sichtbare Erinnerung in Form des Spenders und es ist das Trinkerlebnis, weil das Wasser immer schön kühl ist. In einem siebenstöckigen Bürokomplex müssen sie das Leitungswasser eine Zeit lang laufen lassen, bis sie halbwegs gekühltes, trinkbares Wasser bekommen.

In welchen Bereichen erwarten Sie noch weiteres Wachstum?
Ganz klar in den leitungsgebundenen Geräten. Die wollen wir auch forcieren, weil sie noch nachhaltiger sind, da der Transport wegfällt. Wir haben in dem Produktsegment jährlich über 25 Prozent Wachstum, die Gallonen-Wasserspender sind dagegen stabil.

In welchen Kundensegmenten erwarten sie dieses Wachstum?
Ein Bereich sind öffentliche Stellen, denn auch sie befinden sich im sogenannten War for Talents. Auch in einem Gericht, einem Magistrat oder einem öffentlichen Gebäude sollen den Mitarbeitern gewisse Benefits zur Verfügung gestellt werden.

Haben sie dafür ein konkretes Beispiel?
Wir haben kürzlich alle Polizeidienststellen in Vorarlberg ausgestattet. Es ist für uns schön zu sehen, wie sich die Polizeibeamten in der Dienststelle ihre Flaschen auffüllen, bevor sie sich wieder auf den Weg machen. So wird nun täglich einen ordentliche Menge Einweg-Plastikflaschen gespart und gesundes Wasser getrunken.

Selfizz NEO

Wie sieht es in Baustellencontainern mit der Wasserversorgung aus?
Baufirmen sind gute Kunden von uns. In den Langzeitbaustellen in den Bürocontainern, in den Aufenthaltscontainern, überall sind Wasserspender. Früher wurden da oft palettenweise Wasserflaschen hingestellt. 200 Bauarbeiter auf einer Baustelle produzierten tagtäglich so viel Müll, dass sie ein eigenes Abfallwirtschaftskonzept benötigen. Die U-Bahn-Baustellen in Wien werden alle von uns versorgt, ebenso der Brenner Basistunnel in Tirol, einer unserer größten Kunden. Die Versorgung erfolgt überwiegend mit Gallonen, auch in den Bürocontainern. Da finden Besprechungen statt, mit Architekten, Ingenieuren, hochgebildeten Leuten. Wenn nach jeder Besprechung ein Plastikmüllberg hinterlassen wird, ist das in unserer modernen Gesellschaft nicht mehr zeitgemäß.

Sind auch Krankenhäuser ein relevantes Kundensegment?
Ja, überwiegend mit leitungsgebundenen Geräten. Wir schließen aktuell fast Monat für Monat ein großes Krankenhaus ab, meist mit 30 bis 40 Wasserspendern. Auch Krankenhäuser denken nachhaltig und wollen weg von der Plastikflasche. Es bekommt ja jeder Patient jeden Tag eine Mineralwasserflasche auf den Beistelltisch.  Ist diese aus Plastik, kommt man auf einen ziemlich großen Berg Plastikmüll. Bei unseren leitungsgebundenen Systemen fühlt man hingegen einfach die eigene Karaffe ab, still oder prickelnd.

Wie wichtig ist die Qualität des vorhandenen Leitungswassers?
Es kommt nicht überall eine so hohe Qualität aus der Leitung, wie in Wien, aber es ist in vielen Bezirken in ganz Österreich sehr gutes Wasser vorhanden. Trotzdem werden in unserem Land Millionen Mineralwasserflaschen abgefüllt. Wie kann es sein, dass Wien zwei große Mineralwasser Marken direkt vor der Haustüre hat, obwohl das beste Wasser aus der Leitung fließt?

Wasserspender

Ja, wie kann das sein?
In vielen Unternehmen steht auf jedem Bürotisch eine Plastikflasche. In diesem Punkt wird der Nachhaltigkeit nicht viel Augenmerk geschenkt. Sobald ein Wasserspender positioniert ist und der Arbeitgeber Karaffen und Gläser zur Verfügung stellt, ändert sich das. Viele Kunden sagen uns im Nachhinein, dass sie den Plastikmüll im Büro fast auf null reduzieren konnten.

Für viele Menschen ist der Sprudel die Motivation zum Kauf einer Flasche.
Genau. Der Kaufimpuls für eine Einweg-Plastikflasche ist die Kohlensäure und nicht die Herkunft oder Mineralisierung. Man kann Sprudelwasser jetzt vor Ort selbst erzeugen. Für private Haushalte ist das auch nicht neu. Die großen Marken haben in wenigen Jahren viele Menschen dazu animiert, Sodawasser selbst zuzubereiten. Für einen Haushalt sind diese Geräte eine Lösung, aber in einem Unternehmen mit 20 oder mehr Mitarbeitern, kommen sie mit so einer Pumpe nicht mehr zurecht. Sie brauchen eine professionelle Anlage, am besten leitungsgebunden. Damit kann man auf Knopfdruck bis zu 180 Liter in der Stunde zapfen.

Was benötigt ein Bürobetrieb für Voraussetzungen?
Wir kommen mit unseren Technikern und machen eine Gefahrenanalyse, da wir die Kohlensäure entweder mit einer zwei Kilo Flasche oder mit einer zehn Kilo Flasche bereitstellen. Sie werden meistens problemlos im Unterbau positioniert. Je nach Platzangebot in der Teeküche wählt man dann ein Stand- oder ein Tischgerät. Ein Trend sind auch sogenannte Tap Systeme. Dabei wird der Wasserhahn gegen ein multifunktionelles Tap ausgewechselt. Aus diesem kommt dann heißes, kaltes oder prickelndes Wasser.

Warum entscheiden sich Unternehmen für Wasserspender?
Die großen Treiber sind die Themen Nachhaltigkeit und Gesundheit. In den letzten Jahren ist die Arbeitsintensität enorm gestiegen. Unternehmen erkennen, dass sie auf das Individuum achten müssen, um eine hohe Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Wenn am Nachmittag Müdigkeit eintritt, greifen nicht wenige Arbeitnehmer zum Energy-Drink in der Dose.

Wenn in einer Autowerkstätte ein Mechaniker unter einem Fahrzeug eine oder zwei Stunden lang arbeitet, ist das eine enorme körperliche Anstrengung. Diesen Mitarbeitern kann man mit unkompliziertem Zugang zu kühlem Wasser viel Gutes tun.

Robert Stolz

Ist nicht das Bewusstsein für das Trinken von Wasser enorm angestiegen?
In meiner Schulzeit habe ich kein einziges Mal von Lehrern oder Eltern gehört, dass ich viel trinken soll. Dieses Thema war in unserer Generation nicht vorhanden. Heute haben schon Kindergartenkinder eine eigene Trinkflasche. Dabei ist das Wiederbefüllen gerade bei den jungen Generationen eine Selbstverständlichkeit. Die Trinkflasche ist sogar zu einem Fashion-Gadget geworden. Unternehmen müssen das bedenken. Wenn ein junger Mensch nach dem Studium seinen ersten Job antritt, will er schon am ersten Arbeitstag seine Trinkflasche auffüllen. Wenn das nur an einem unschönen oder unpraktischen Ort möglich ist, hat die Firma ein Problem. Ein Problem, das man mit wenigen Handgriffen und Kosten verbessern kann. Das Thema lässt sich so aufwerten, dass Mitarbeiter es als große Wertschätzung empfinden.

Sprechen wir also von einem Thema für Personalverantwortliche?
Personalverantwortliche haben mit uns immer ein großes Aha-Erlebnis. In HR-Abteilungen wird immer mehr begriffen, dass die Bereitstellung von Wasser integrativer Bestandteil der Personalarbeit ist. Es geht um Mitarbeiterzufriedenheit, Gesundheit und Nachhaltigkeit. Es ist kein Zufall, dass von den 500 größten Unternehmen Österreichs bereits 400 unsere Kunden sind.

Wird das Thema von kleineren Unternehmen unterschätzt?
Wenn sich ein Unternehmen nicht damit beschäftigt, Mitarbeiter zufriedenzustellen, dann wird es am Arbeitsmarkt Schwierigkeiten haben. Das sind die Unternehmen, die oft am lautesten wegen Fachkräftemangel schreien. Es gibt Unternehmen, die ihre Hausaufgaben machen und keine Probleme haben, sondern hunderte Bewerbungen bekommen, weil sie als guter Arbeitgeber bekannt sind.

Sollte Wasser den zu zweifelhafter Berühmtheit gelangten Obstkorb ablösen?
Absolut. Obst ist auch wichtig, aber es ist viel teurer als Wasser. Wir reden beim Wasserspender durchschnittlich von 50€ im Monat. Wasser benötigen alle. Nicht jeder will dieses oder jenes Obst, manche Menschen haben Unverträglichkeiten. Viel Obst landet am Ende in der Mülltonne.

Wie ist es mit Gewerbe- und Handwerksbetrieben? Gibt es da spezielle Anforderungen?
Kleinere Handwerksbetriebe sind eine Kernzielgruppe von uns. Dort findet viel manuelle Arbeit statt, die Leute haben einen höheren Bedarf an Flüssigkeit. Wenn in einer Autowerkstätte ein Mechaniker unter einem Fahrzeug eine oder zwei Stunden lang arbeitet, ist das eine enorme körperliche Anstrengung. Diesen Mitarbeitern kann man mit unkompliziertem Zugang zu kühlem Wasser viel Gutes tun.

Mit welchen Mehrkosten muss so ein Betrieb rechnen?
Mehrkosten? Er kann mit Einsparungen rechnen! Ich hatte vor kurzem ein witziges Erlebnis in einer größeren Autowerkstätte in Oberösterreich mit über 150 Mitarbeitern. Der Geschäftsführer war uns gegenüber ablehnend und hat gesagt, sie haben eh Mineralwasser. Jeder kann sich was nehmen, wenn er will. Unser Vertriebsmitarbeiter hat gefragt, ob er überhaupt weiß, was ihm das Mineralwasser pro Jahr kostet. Er ist kurz in die Buchhaltung und war selbst erstaunt über die Antwort: 22.000 € für Mineralwasser pro Jahr.

Wie viel würden ihn Wasserspender kosten?
Er hat auf einen Schlag 90 Prozent Kostenersparnis erzielt. Jetzt sind fünf Wasserspender positioniert, im Kundenbereich, im Aufenthaltsbereich und in der Werkstatt. Er hat Geld gespart, hat ein herzeigbares Nachhaltigkeitsprojekt und er hat die Mitarbeiterzufriedenheit gestärkt, weil die Leute nicht mehr lauwarmes Mineralwasser trinken müssen, sondern gekühltes Wasser zapfen können. Der Geschäftsführer hat unserem Vertriebsmitarbeiter später eine sehr nette E-Mail geschrieben und sich herzlich bedankt.

Was leisten die Filter in ihren Geräten?
Das ist ein wichtiger Punkt. Wir haben Know-How aus der Abfüllung von unseren Gallonen in der Steiermark. Uns ist die Idee gekommen das dort vorhandene Labor auch dazu zu nutzen, leitungsgebundene Wasserspender zu beproben. Einmal im Jahr kommen wir zum Kunden und geben Ihnen einen Befund über die Qualität des Wassers. Im Gerät selbst haben wir Aktivkohlefilter und optional eine sogenannte UV-Firewall, die 99,9 Prozent aller Keime und Bakterien abtötet und dafür sorgt, dass keine retrograde Verkeimung am Gerät stattfindet. Wir kommen zudem alle sechs Monate zum Kunden und machen eine Gesamtreinigung und ein Hygieneservice.

Schön und gut, aber wenn das Leitungswasser an Qualität zu wünschen lässt?
Wir können aus schlechtem Wasser kein top Wasser zaubern. Da sind irgendwo Grenzen. Wir hatten auch schon Anrufe von Unternehmen aus dem ländlichen Bereich, die uns mitteilen, dass ihr Wasser abgesperrt wurde, weil es in der Landwirtschaft Verunreinigungen gegeben hat. Wir können dann kurzfristig Gallonen-Wasserspender positionieren, um die Versorgung aufrechtzuerhalten. Das kommt gar nicht so selten vor.

Was sind ihre weiteren Ziele mit dem Unternehmen?
Also das Schlüsseljahr ist für uns das nächste Jahr 2025. Die Einführung von Pfand bei Einweg-Plastikflaschen wird sicherlich dafür sorgen, dass sich Menschen stärker mit dem Thema beschäftigen. Die Menschen sollen erkennen, dass die Plastik-Einwegflasche keine gute Sache ist. Das neue Pfandsystem löst aber nicht die Ursache. Ein Wasserspender setzt vorher an. Wir wollen die Zugänglichkeit zum Refill in Österreich verbessern, indem wir in öffentlichen Bereichen Bottle Filling Stations platzieren. Auf Bahnhöfen, Flughäfen, bei Veranstaltungen – wo auch immer die Ansprechpartner offen dafür sind. Wenn bei einer Veranstaltung mit 20.000 Besuchern jeder zweite eine Plastikflasche in der Hand hält, ist das kein schönes Bild. Sind hingegen Fillingstations verfügbar, bei denen die Leute direkt in ihre Trinkflasche zapfen können, ist das eine nachhaltige Angelegenheit.