Störenfriede und Hoffnungsmärkte
Über die OeKB erhalten Exporteure unter anderem attraktive Kredite, um das heimische Wirtschaftswachstum zu fördern und um österreichische Unternehmen im globalen Wettbewerb zu stärken. Aktuell kühlt die Konjunktur weltweit ab. Wie bewerten Sie die Entwicklung? Aus unserem operativen Geschäft ergibt sich aktuell noch ein positives Bild. Die Entwicklung verläuft bis dato sehr stark und liegt, abhängig von den Märkten, teilweise sogar volumenmäßig über dem Vorjahr. Wenn wir die Pipeline der offenen Projekte betrachten, sind wir ein wenig hinter den Volumina von vor einem oder zwei Jahren. Wir erkennen die Entwicklung, einen dramatischen Abschwung sehen wir aber derzeit noch nicht.
Der Konjunkturmotor stottert in Deutschland bereits erheblich. Erwarten Sie, dass sich dieser Umstand auf Österreichs Exporteure stark auswirken wird? Diese konjunkturelle Entwicklung wird sicher nicht spurlos an der heimischen Wirtschaft vorübergehen. Wo die Entwicklung schon in der nächsten Zeit spürbar sein wird, ist im Bereich der sogenannten exportinduzierenden Inlandsinvestitionen. Da erwarten wir eine Abschwächung. Allerdings von einer tollen Boomphase zurück zur Normalisierung. Dass die heimische Exportwirtschaft so gut dasteht, liegt sicher auch daran, dass viele Exporteure in Nischen tätig sind und auf attraktive Märkte ausweichen können. Diversität bei Märkten ist für viele Unternehmen ein Erfolgsrezept.
Wo verorten Sie die Gründe für den Abschwung? Die Entwicklung ist ganz klar von den Sanktionen, den Handelskonflikten sowie dem Brexit geprägt. Nehmen wir nur den Handelsstreit zwischen den USA und China. Solche Entwicklungen beobachten wir sehr genau. Sanktionen werden heutzutage immer mehr zu einem politischen Instrument. Wirtschaftlich gewinnt dadurch aber niemand. All diese Unsicherheitsfaktoren schwächen die Konjunktur. Sie sorgen für schlechte Stimmung und Verunsicherung bei Investoren.
Wir haben eine Phase der Hochkonjunktur hinter uns, die von der EZB nicht genützt wurde, um das Niveau anzuheben. Ein Fehler, da einer Abschwächung nun keine Zinssenkung entgegengesetzt werden kann? Das niedrige Zinsniveau wurde vor allem gehalten, um diverse Peripherieländer zu stützen. Jetzt ist der Zyklus vorbei und die Möglichkeiten sind beschränkt. Es bleiben nun weniger Möglichkeiten, um zu reagieren. Der Job der EZB ist sicherlich kein leichter.
Helmut Bernkopf, Österreichische Kontrollbank: "Grüne Technologien sind insgesamt ein Riesenthema im Export."
Eine echte Gefahr für die europäische Wirtschaft? Die Währungs- und Zinspolitik ist eine geringere Gefahr als politische Verwerfungen. Instabilität in unseren südlichen Nachbarländern ist für die heimische Wirtschaft generell schlecht. Der Export hat schließlich eine ganz enorme Bedeutung. Jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich ist direkt oder indirekt von ihm abhängig. Vor allem die Großunternehmen tragen einen Großteil zu den Gesamtumsätzen bei. Der Export ist der zentrale Wachstumsmotor. Auch bei Investitionen. Wenig verwunderlich also, dass aktuell 68 Prozent aller Unternehmen einen Ausbau ihrer Auslandsaktivitäten planen.
Die OeKB hat die Aufgabe, sie dabei zu unterstützen. Reichen Ihre Mittel in so herausfordernden Zeiten aus? Wir sind gut aufgestellt – im Bereich der Garantien und bei Finanzierungen. Uns steht ein Rahmen von 40 Milliarden Euro von der Republik zur Verfügung. Das ist ausreichend und es ist noch genügend Luft nach oben vorhanden.
Wo sehen sie aktuell besonders spannende Märkte für Österreichs Unternehmen? Wenn wir unseren Bestand anschauen, sind große Volkswirtschaften ganz vorne gereiht: Russland, China, Türkei, Indonesien und Brasilien. Die BRICSStaaten haben eine große Bedeutung. Schwerpunkte sollten wir also generell in Asien setzen – nicht nur in China. Dieses Potenzial haben viele Unternehmen bereits erkannt. Handelsabkommen wie jenes zwischen der EU und Vietnam helfen dabei durchaus.
Wie gut ist der Marktzugang in China für heimische Firmen? China ist natürlich ein extrem großer Markt, der für KMU durchaus schwierig zu bespielen ist, weil man ihn kaum vollständig bedienen kann. Aber in Nischen sowie im Hightechbereich schaffen sie das. Vor Ort und sehr aktiv sind bereits die großen heimischen Player. Wir sehen das auch in unserem Obligo. China ist da immer ganz vorne dabei.
Wie beurteilen Sie das Potenzial von Afrika? Hoch! Deswegen versuchen wir laufend Maßnahmen zu setzen, damit mehr passiert. Insgesamt gehen bislang noch unter zwei Prozent der heimischen Exporte nach Afrika. Das sind vielfach Projekte im Anlagenbau oder im Bereich Infrastruktur – also größere Investitionen wie im Medizinbereich. Einen echten Run auf Afrika sehen wir allerdings noch nicht. Das Potenzial ist aber da. Im Bereich Nordafrika wird es auch schon viel stärker gehoben als im Sub-Sahara-Gebiet.
Woran liegt es, dass trotz spannender Marktdaten und Wachstumsraten so eine Zurückhaltung herrscht? Ein Eintritt in einen neuen Markt stellt für kleine Betriebe oftmals eine große Herausforderung dar. Vor allem in den Schwellenländern sind Kentnisse über die lokalen Gegebenheiten ein Muss. Und wenn man die letzten Jahre analysiert, waren viele Unternehmen in wesentlich einfacheren Märkten ausverkauft. Die Wirtschaft hat sich hier hervorragend entwickelt. Wenn man bei Infrastrukturprojekten in der unmittelbaren Nähe wachsen kann, macht man das natürlich zuerst. Wenn sich die Konjunktur aber in Europa abkühlt, könnte Afrika sehr spannend werden, und Asien ist für österreichische Exporteure sowieso ein starkes Standbein.
Ein Bereich, in dem die heimische Wirtschaft stark ist und den die OeKB forciert, ist Greentec. Welche Akzente setzen Sie da? Österreich hat viele tolle Unternehmen in diesem Segment, etwa im Bereich der Trinkwasserversorgung oder der Wasserkraft. Grüne Technologien sind insgesamt ein Riesenthema im Export – und wir sind ganz weit vorne mit dabei. Zusätzlich stellen wir Exporteuren seit Kurzem eine Finanzierungsmöglichkeit für „grüne“ Neu- oder Ersatzinvestitionen in Österreich zur Verfügung. Wer als Exportunternehmen Investitionen tätigt, die die Umwelt entlasten, profitiert davon. Unternehmen mit einer Exportquote von mindestens 20 Prozent und einer Investitionssumme von über zwei Millionen Euro erhalten die Möglichkeit, zusätzliche 20 Prozent der Investitionssumme mit den OeKB-Konditionen abzudecken.
Sie sind auch in der Entwicklungsfinanzierung tätig. Vielfach wurde kritisiert, dass Österreich zu wenig für Entwicklungshilfe ausgibt. Wie sieht Ihr Beitrag im gesamten System der österreichischen Entwicklungshilfe aus? Unsere Tochter, die Entwicklungsbank, leistet ebenfalls mit dem Mandat der Republik Österreich den kommerziellen Teil der Entwicklungshilfe. Es geht dabei nicht um Beihilfen. Es geht dabei darum, wirtschaftliche Tragfähigkeit und entwicklungspolitische Sinnhaftigkeit zu kombinieren. Das Ziel ist, Armutsbekämpfung über Beschäftigung vor Ort zu gewährleisten. Wir fokussieren dabei auf Projektfinanzierungen. Die Projekte sind oftmals Wegbereiter für den Einstieg in die lokale Privatwirtschaft.