Habsburg-Lothringen
Sparen reicht nicht
Sie setzen sich intensiv für das Thema Impact Investing ein. Im Grunde geht es dabei darum, Investitionen zu tätigen, die nicht nur eine finanzielle Rendite, sondern auch eine messbare, positive soziale oder ökologische Wirkung erzielen. Welche Bedeutung hat dieses Prinzip in Zeiten der Pandemie und des Klimawandels? Impact Investing hat in dieser Zeit eine wichtige Rolle übernommen. Die Pandemie hat viele Menschen zu umdenken gebracht. Auch in unserem Umfeld hat sich vieles geändert. Die Non-Profit-Organisationen tun sich gerade jetzt in der Pandemiezeit schwer an Spenden zu kommen. Es fehlt an allen Ecken und die Sponsoren sind rar. Ich habe deshalb sehr intensiv darüber nachgedacht, welche Finanzinfrastruktur ihnen weiterhelfen könnte.
Mit welchem Ergebnis? Im Grunde braucht es zu dem klassischen Spenden-Fundraising auch eine Anlagestrategie, damit ein Einkommen geschaffen werden kann, um so von Spenden unabhängiger zu werden. Der Fokus liegt bei Impact Investing. Spannend ist an diesem Ansatz, dass er es den Organisationen ermöglicht, wiederkehrende Gewinne zu erwirtschaften, um ihre Ziele zu erreichen und zugleich ökologische sowie soziale Aktivitäten zu fördern. Darüber hinaus können wir beobachten, dass immer mehr Menschen bei der Geldanlage wissen wollen, wo ihr Geld angelegt wird. Dafür werden tiefere Recherchen benötigt. Beim Impact Investing geht es auch darum, nicht nur darüber zu reden, was andere tun sollen, sondern selbst ganz gezielt zu investieren.
Impact Investing ist der einzige Weg den Klimawandel zu bewältigen.
Welchen Stellenwert spielt Impact Investing aktuell in der Finanzwirtschaft? Bezogen auf die gesamte Finanzwelt, ist der Anteil leider noch wirklich sehr klein.
Doch die Volumina nehmen stetig zu, oder? Es gibt eine positive Stimmung für das Thema, aber viel zu wenig Konsequenz, wohin Gelder wirklich fließen. Es ist allerdings auch wirklich nicht einfach. Impact Investing kann man nicht vom Schreibtisch aus machen. Das schafft niemand. Darin liegt eine der zentralen Herausforderungen. Personen, die sich mit Finanzen und Geld auskennen, sind meistens nicht gut darin, konkrete Projekte mittelfristig zu begleiten. Ihnen fehlen schlicht die Fachkenntnisse. Dazu muss ich aber sagen, dass sich wirklich interessante Gemeinschaften gebildet haben, um das Thema Impact Investing in einer konstruktiven Art und Weise voran zu treiben. Eine interessante Entwicklung ist, dass Familie Offices langsam die Rolle der Investment-Banken übernehmen.
Ich denke, dass Impact Investment dadurch sehr gute Chancen hat.
Liegt das Problem auch darin, dass viele Impact-Projekte im globalen Süden stattfinden? Darin liegt tatsächlich eine große Herausforderung, weil Impact Investing oft mit Entwicklungshilfe in Schwellenländern verwechselt wird. In der Realität braucht es ein Umdenken bei uns zu Hause wie auch auf der ganzen Welt. Ein weiterer Punkt ist, dass nur in Projekte investiert werden sollte, die einen echten Mehrwert generieren. Es muss etwas Konkretes geschaffen werden, das mit einer Dienstleistung nicht erreichbar ist. Denn nur Handfestes, das geschaffen wird, bleibt bestehen. Um solche Investments abzusichern, ist es notwendig, sich fachlich mit der Materie auszukennen. Man muss abschätzen können, ob wirklich ein Impact vorhanden ist. Das ist nicht immer einfach. In der klassischen Finanzierungsstruktur die wir heute haben, ist das nicht vorgesehen.
Wird Impact trotzdem auch ein wesentliches Thema der klassischen Banken werden? Das hängt vom Business-Case der jeweiligen Bank ab. Ich glaube, dass Banken auch durch die Basel-Richtlinien immer stärker vom Projektfinanzierungsbereich verdrängt werden. Ich habe den Eindruck, dass jetzt in vielen Fällen Family Offices diesen Bereich übernehmen.
Welche Bedeutung wird das Thema in den kommenden Jahren entwickeln? Ich hoffe, dass dieses Thema in den kommenden Jahren sehr an Bedeutung gewinnt. Wenn wir es nicht zur obersten Priorität machen, sind wir dabei, uns als Lebewesen auf dem Planeten zu eliminieren. Die Politik wird und kann den Klimawandel nicht in den Griff bekommen, aber durch den intelligenten Einsatz von Finanzmitteln könnten wir das Problem lösen.
Nur durch immer neue Gesetze werden wir die Klimaziele nicht erreichen. Immer neue Regeln haben bloß die Tendenz, vieles zu verhindern. Vor allem die Kreativität. Die Unternehmen und die Banken bekommen vorgeschrieben, was sie machen müssen. Dadurch investieren sie keine Zeit darin zu überlegen, wie sie selbst mehr erreichen könnten als nur diesen vorgeschriebenen Standard. In der Welt der Wirtschaft gibt es eine große Vielfalt, die nicht allgemein geregelt werden kann.
Wenn wir von einem Siegeszug des Ansatzes ausgehen: Was ändert sich dadurch konkret? Wenn wir alle nach Impact Regeln spielen würden, wären die Projekte sicherer, wovon die Anleger profitieren würden. Wenn Institutionen wirklich nach nachhaltigen Kriterien arbeiten, ist die Wahrscheinlichkeit des Erfolges wesentlich größer, als wenn man es nicht tut. Wenn Unternehmen Finanzmittel erhalten möchten und glaubwürdig vermitteln müssen, welchen Impact sie leisten, dann werden sie auch die Impact Ziele umsetzen.
Es gibt oft einen Glaubenskrieg zwischen jenen, die alle ökologischen Probleme hier lösen wollen und jenen, die Mittel vorwiegend in armen Regionen einsetzen oder Kompensationen leisten wollen, wo die Mittel mehr bewirken können. Wo muss aus Ihrer Sicht investiert werden? Ich war an einer skandinavischen Studie beteilig, die sich mit der Verbesserung der Abwasserqualität beschäftigt hat. In skandinavischen Ländern müsste man viele Millionen ausgeben, um eine sehr kleine Verbesserung zu schaffen. Wenn man die gleichen Mittel in den baltischen Staaten investiert, erreicht man eine wesentlich größere Verbesserung. Es ist also extrem wichtig, immer zu überlegen, wo man den größten Effekt erreicht. Allerdings darf man auch nicht damit aufhören hier alles zu tun was dazu beitragen kann, die Natur vor den menschlichen Aktivitäten zu schützen.
Was stimmt Sie positiv, dass sich diese Denke durchsetzt? Ich habe mein erstes Paper zum Thema Klimawandel 1983 geschrieben und seither hat sich fast nichts getan, außer dass viel geredet wurde. Anderseits bin ich sehr optimistisch, dass wir eine positive Wende erleben werden. Wenn ein Wille da ist, ist es zu schaffen. Uns muss aber klar sein, dass uns die Natur nicht braucht. Doch wir brauchen die Natur. Wenn wir sie zerstören, zerstören wir nur uns selbst. Wenn einer das nicht glaubt, braucht er sich nur eine Ruine im Wald anzusehen. Sobald der Mensch fort ist, nimmt sich die Natur alles wieder zurück. Ich denke, es gibt eine große Zustimmung für eine positive Veränderung, aber es braucht auch ein paar Menschen, die aufstehen und konkrete Taten setzen, die andere nachmachen können.
In welche Bereiche muss aktuell am meisten investiert werden, um dieses Szenario zu verhindern? An erster Stelle steht aus meiner Sicht Bildung. Sie ist auf der ganzen Welt Mangelware. Viele Probleme unseres Planeten haben mit unserem „Mindset“- Gedankengut zu tun. Wir sind auf Konsumgesellschaft und nicht auf Wertegemeinschaft getrimmt. Wenn ich zu einem Tischler gehe und einen Stuhl bestelle, der Generationen hält, kostet er zwar doppelt so viel. Einen günstigen Stuhl muss man dafür vielleicht fünfmal ersetzen. Seit der Industrierealisierung geht es in unserem System darum zu kaufen. Es geht nicht um Nachhaltigkeit. Es geht um Konsum, und nur um Konsum und um Wachstum. Der Wunsch nach immer mehr, mehr, mehr ist fatal. Wir müssen damit beginnen, das optimal zu tun, was wir können und mit dem zufrieden zu sein, was wir haben.
Sie denken also, dass wir den Klimawandel durch Verzicht bewältigen können? Ich glaube sogar, dass wir alle Problem lösen können ohne auf irgendetwas zu verzichten. Ich habe ein großes Problem damit, dass wir alles Mögliche nicht mehr dürfen sollen, um den Klimawandel aufzuhalten. Ich finde das falsch. Ich darf alles tun. Wir sollten aber Respekt vor der Natur aufbauen und positive Aktionen setzen. Es muss viel stärker darum gehen, was wir tun können, das einen positiven Effekt für den Klima-Wandel hat. Wenn wir alle einmal pro Woche einen Baum pflanzen, würde das Vieles ausgleichen, was sich nicht mehr sinnvoll reduzieren lässt. Man muss den Menschen etwas geben, womit sie einen positiven Beitrag leisten können. Nur durch Sparen kommen wir nicht hin. Das Problem geht dadurch nicht weg, es wächst nur langsamer. Aber eine Veränderung von Konsum- auf Wertegesellschaft: Das würde einen dramatischen Effekt haben.
Wie können jene, die nur wenig Geld haben, in diesem System mitspielen? Gerade diese Menschen brauchen es. Gerade, wenn man nur wenig hat, sollte man nur Waren kaufen, die lange halten. Einmalige Ausgaben muss man so strukturieren, dass sie wirklich einmalig sind. Ausgaben, die einen jeden Monat quälen, muss man natürlich in den Griff bekommen. Ein gutes Gerät kostet mehr, verbraucht aber weniger Energie und hält länger. Das muss man den Menschen näher bringen. Das ist nicht selbstverständlich. Viele Menschen schauen immer nur den Preis an und kaufen das günstigere Produkt. Das Günstigere ist aber meistens nicht das Billigere.
Ein großer Teil der Mittel, die global veranlagt werden, kommt eigentlich von vergleichsweise kleinen Sparern – beispielweise in Form von Pensionsversicherungen. Was braucht es, damit noch mehr von diesen Mitteln auf eine nachhaltigere Weise investiert wird? Es braucht den Willen der Investoren. Das gilt für private und institutionelle Player. Sie haben noch ein altes Bild im Kopf, auf welche Aspekte sie achten müssen, wo sie investieren müssen. Doch das sind nicht die Kriterien, die wir für Impact Investing brauchen. Wenn man sich damit auseinanderzusetzen beginnt, steigen viele aus. Weil sie das nicht können oder keine Ressourcen haben. Die meisten Banken und Versicherungen haben nicht die notwendigen Fachleute und können es sich auch nicht leisten, sie zu holen.
Worauf muss man denn besonders achten? Welche Strategie verfolgen beispielsweise Sie bei der Anlage? Ich denke, dass es notwendig ist, das Gesamtbild von einem Projekt zu kennen. Mein Ansatz ist, dass ich Projekte suche, die einen maximalen Impact haben könnten. Dabei spielen verschiedene Aspekte eine Rolle: Transport, Rohmaterialien, Arbeitsplätze, Energie-Bilanz, Ökobilanz, etc. Wenn ich etwas tun kann, das weniger Transport benötigt und den Energieverbrauch minimiert, dauerhafte viele Arbeitsplätze schafft und ein angenehmes Umfeld in der Gemeinde schafft, dann hätten wir schon einige Faktoren, die dafür sprechen, dass man sich das Projekt näher anschauen kann.
Zur Person
Sandor Habsburg-Lothringen wurde 1965 in Wien geboren. Er wuchs in Österreich, der Dominikanischen Republik und Antigua auf. Seinen Universitätsabschluss in Maschinenbau erwarb er in den USA. Mehrere seiner Erfindungen wurden mit Patenten ausgezeichnet. Heute ist Habsburg-Lothringen Aufsichtsrat von Organisationen und Stiftungen sowie Vorsitzender der Foundation for Peace.
Event-Tipp: Family Office Impact Day
Auf der dritten Fachkonferenz Family Impact Office Day am 2. Dezember 2021 in Wien mit Online-Live-Übertragung, organisiert von Advantage Finance, werden neben Experten-Fachvorträgen und Experten-Diksussionsrunden auch innovative Unternehmen ihre nachhaltigen Geschäftsmodelle vorstellen. Die Veranstaltungsreihe verfolgt das Ziel, Family Offices, Stiftungen, High Net Net Worth Individuals und institutionelle Investoren unabhängig, umfassend und mit hohem aktuellem Anspruch über das Thema Impact Investing zu informieren und eine Plattform zu bieten, auf der Investoren von internationalen Pionieren und Impact Experten lernen.
www.advantage.co.at