Die Rechnung, bitte
Der Onlinehandel wächst von Jahr zu Jahr, Geldgeschäfte werden immer stärker digitalisiert, und damit verändert sich auch die Art des Bezahlens. Wo stehen wir aktuell in dieser Entwicklung?
Wir befinden uns noch immer in einer Art Aufbruchsphase. In den letzten fünf Jahren hat sich technisch viel weiterentwickelt. Nun müssen wir die Banken und auch die Konsumenten auf diese digitale Reise mitnehmen.
Sind die Banken zögerlich, oder bleiben die Konsumenten lieber bei Altbewährtem?
Payment ist ein Ökosystem. Damit es funktioniert, muss man ganz viele Stakeholder mitnehmen. Vom Kartenhalter über seine Bank, andere Banken, die die Zahlungen annehmen, bis zum Handel, der für die Akzeptanz sorgen muss. Natürlich geht es auch um Veränderungen im Bezahlverhalten. Die Menschen müssen Möglichkeiten erhalten, die sie nützen können und wollen.
Es kann also länger dauern, bis die Konsumenten neue Technologien annehmen. Man denke nur an die Menschen, die im Supermarkt ewig Münzen herauskramen.
Genau. Deswegen sieht man auch eine verstärkte Vielfalt in den Bezahlmethoden. Sie entsprechen den unterschiedlichen Bedürfnissen der Konsumenten. Was wir beobachten, ist, dass der Bargeldanteil im Bezahlen in den letzten Jahren von einem sehr hohen Niveau langsam gesunken ist. Mittlerweile ist auch das Verständnis da, dass man allen Menschen eine Möglichkeit geben muss, an der digitalisierten Ökonomie teilzunehmen. Daraus sind verschiedene Varianten des Bezahlens entstanden.
Welche sind aus Ihrer Sicht mittelfristig relevant?
Bei uns geht es jetzt ganz stark um kontaktloses Bezahlen am Point of Sale – zuerst mit Karte, in der näheren Zukunft mit dem Smartphone oder anderen Formfaktoren. Aus China kommen wiederum eigene Systeme wir Alipay oder WeChat Pay. Systeme, die auf QR-Codes basieren, sind zum Beispiel eher im asiatischen Raum relevant. Die Herausforderung ist bei den Methoden, dass sie immer durchgängig funktionieren müssen. Alle Player müssen mitspielen. Das bringt uns in eine gute Position. Wir vernetzen weltweit 40.000 Banken miteinander und sorgen dafür, dass alles zusammenpasst und alle nach den gleichen Regeln spielen.
Vermutlich ist der Bereich auch stark reguliert, was einen gewissen Wildwuchs verhindern wird.
Klar gibt es Regularien. Vor allem im Bereich des elektronischen Bezahlens gibt es hohe Sicherheitsstandards. Das ist aber kein Hindernis. Das hebt die Sicherheit und ist auch psychologisch wichtig, denn viele Konsumenten kaufen nicht online, weil sie Angst davor haben, betrogen zu werden. Ich glaube, da hilft die Regulierung sogar dem Onlinehandel.
Wie sehen denn die Lösungen aus, die bei uns das kontaktlose Bezahlen ablösen werden? Werden wir vielleicht schon bald über Smartphones zahlen können?
Dieser Ansatz ist zum Beispiel in den osteuropäischen Ländern und im UK schon recht weitverbreitet. Diesbezüglich kommen auch von den heimischen Banken eigene Apps heraus. In Österreich werden wir nächstes Jahr mehrere solcher Lösungen sehen. Aktuell besteht aber noch die Hürde, dass man die SIM-Karte tauschen muss, um das Handy zum Bezahlen nützen zu können. Das ist nicht breitentauglich. Da sind wir noch hinten.
Je mehr digital bezahlt wird, desto mehr Daten fallen an. Ihre Nutzung macht zwar das Leben bequemer, weil viele Funktionen besser ausgesteuert werden können, aber es steht auch die Befürchtung des Missbrauchs im Raum. Wie bewerten Sie das Spannungsfeld?
Wir haben einen klaren Standpunkt: Wir glauben, dass man anhand von Daten einen großen Mehrwert generieren kann. Wir glauben auch, dass die Consumer-Privacy gerade im Payment eines der essenziellen Güter ist, die es zu schützen gilt.
Wie gut sind die Daten denn geschützt?
Sehr gut. Denn gerade im Payment sind die Daten stark verteilt. Bei einem Einkauf im Supermarkt weiß der Händler, was Sie kaufen. Die Bank des Händlers, die hinter dem Terminal steckt, bekommt nur den Betrag, und sie weiß, welcher Händler und welche Karte es ist, aber schon nicht mehr, welche Bank. Wir bekommen die Transaktion, sehen die Kartennummer, den Händler und die Summe. Wir sehen keine Namen, keinen Warenkorb. Und ja, wir nutzen diese Daten im Rahmen der DSGVO. Auf einer anonymisierten und hochaggregierten Ebene.
Um was zu tun?
Was wir tun können, ist dem Handel Insights darüber zu geben, wie sein Kundenportfolio sich im Vergleich zu anderen zusammensetzt. Ein Beispiel: Ich kann einem Juwelier in Wien sagen, aus welchen Nationalitäten sich seine Käuferschicht zusammensetzt. Und wir können ihm sagen, wie sie sich von anderen Juwelieren in Wien unterscheidet – selbstverständlich ohne Mitbewerber kenntlich zu machen! Wir legen hier sehr strenge Maßstäbe bezüglich der Anonymität und des Datenschutzes an. Er hat vielleicht mehr russische und weniger chinesische Kunden. Wenn man so etwas weiß, kann man seine Marketingaktivitäten entsprechend anpassen. Das Gleiche machen wir auch für Regionen.
Wie sieht das dann aus?
Über die Mastercard Tourism Insights Platform, auf der Daten aus verschiedensten Quellen zusammengeführt werden, kann zum Beispiel die Stadt Wien erfahren, wie ihr Gästeportfolio aussieht und wie die Gäste der Nationalität nach aufgeteilt sind. Wie lange sie im Voraus su- bitte! chen, wann sie Flüge buchen, wie viel sie vor Ort wofür ausgeben. Und: Wie sie nach der Reise auf Social Media darüber reden. Nie auf Ebene der Einzelpersonen! Wir geben keine Daten raus, wir bieten nur Analysen und Insights auf anonymisierten und aggregierten Daten an.
„Wir müssen möglichst vielen Menschen die Möglichkeit zum digitalen Zahlen eröffnen.“
Nützen die heimischen Unternehmen solche Optionen dementsprechend?
Solche Lösungen werden bei uns im Vergleich zum angelsächsischen Raum erst langsam angenommen. Was wir in Österreich auch noch nicht so stark sehen wie in anderen Märkten, ist die verstärkte Kanalkonvergenz.
Was meinen Sie damit?
Es geht darum, wie man offline und online so zusammenbringt, dass es für den Kunden praktisch ist. Zum Beispiel online bestellen und das Produkt selbst abholen.
Bieten die heimischen Unternehmen ihre Produkte generell ausreichend im Web an?
Wenn man sich die Zahlen anschaut, muss man sich über den E-Commerce in Österreich ein wenig Sorgen machen. Ein großer Teil, 60 Prozent, des Online-Spends der Österreicher geht ins Ausland. Was sie ausgeben, geht oft zu Amazon und Zalando, Apple usw. Natürlich ist es nicht immer ganz einfach für den Handel, da mitzuspielen. Auch der Onlinekauf von Lebensmitteln ist hier noch kaum ein Thema.
Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Es ist für viele Kunden nicht attraktiv, zu Hause zwei Stunden auf eine Lieferung zu warten. Doch Beispiele wie der niederländische Händler Pic- Nic, der Straßenzüge zu vordefinierten Zeiten abfährt und Kunden eine Echtzeitverfolgung der Lieferung per App ermöglicht, zeigen, wie es gehen kann. Was wir darüber hinaus in vielen Industrien sehen, ist die zunehmende Digitalisierung des gesamten Einkaufsprozesses. Schlaue Händler überlegen, wie sie den Ablauf selbst verändern können. Es gibt gute Beispiele aus der Gastro oder von Uber, wo das Zahlen selbst im Prozess verschwindet. Und davon wird es immer mehr geben.
Welche Bedeutung hat das Thema Zahlungsverkehr für den Wirtschaftsstandort?
Wir müssen möglichst vielen Menschen die Möglichkeit zum digitalen Zahlen eröffnen. Das hat einen Impact auf den Wirtschaftsstandort. Mit der Einführung der Debit Mastercard, mit der nun jeder auch ohne Kreditkarte online bezahlen kann, steigt sicher auch der Anteil des E-Commerce. In Österreich shoppen aktuell 4,1 Millionen Menschen online. Davon haben 3,3 Millionen eine Kreditkarte, die sie einsetzen können. In Zukunft, wenn das alle mit der neuen Bankomatkarte tun können, eröffnet das neue Möglichkeiten. Für den Handel ist das auch relevant, denn er muss dann jenen ohne Kreditkarte nicht mehr Kauf auf Rechnung oder Paypal anbieten, was teuer ist.