„Die Politik ist jetzt in der Pflicht.“

Walter Ruck
02.06.2016

Walter Ruck, Präsident der Wiener Wirtschaftskammer fordert spürbare Entlastungen für die Wirtschaft. Warum bislang so wenig passiert ist und wie sein persönliches Versprechen für Unternehmer aussieht, erklärt er im Interview.
Walter Ruck fordert eine Investitionszuwachsprämie oder einen Bezirksfinanzausgleich.

Registrierkassenpflicht, Bürokratie, Abgabenflut: Der Unmut der heimischen Unternehmer wird immer größer. Wie erleben Sie als Standesvertreter und Unternehmer die Stimmung in der heimischen Unternehmerschaft?

Die Stimmung ist seit längerem angespannt. Die Belastungen für die Betriebe steigen, die unternehmerischen Rahmenbedingungen werden nicht verbessert und überfällige Reformen in den Bereichen Bürokratie, Pensionen und Soziales auf die lange Bank geschoben. Die Unternehmer warten auf positive, mutige Signale seitens der Politik! Dabei liegen die Vorschläge ja bereits auf dem Tisch: In unserem Programm „Für Wien“ haben wir mehr als 80 konkrete Maßnahmen ausgearbeitet, die rasch umsetzbar sind und betriebliche Investitionen fördern. Zum Beispiel eine Investitionszuwachsprämie oder ein Bezirksfinanzausgleich.

Was stößt ihnen besonders negativ auf?

Wir haben ein verhaltenes Wirtschaftswachstum und Rekordarbeitslosigkeit. Der politische Stillstand in diesem Land wirkt sich spürbar auf den Standort aus. In allen relevanten internationalen Rankings rutscht das Land ab. Es muss jetzt endlich etwas Substanzielles passieren. Die heimische Wirtschaft braucht ein kräftiges Konjunkturpaket, das diesen Namen auch verdient. Denn letztlich sind es die Unternehmer, die Arbeitsplätze schaffen, Wachstum generieren und Wohlstand sichern. Die Politik ist jetzt in der Pflicht.

Hand aufs Herz: Wird zu viel geraunzt? Oder beklagen sich die Unternehmen zurecht?

Die Unternehmer raunzen nicht. Viele stehen mit dem Rücken zur Wand, werden in ihrer unternehmerischen Freiheit eingeschränkt, abgestraft und gleichzeitig laufend zur Kasse gebeten. Ein Beispiel: Unlängst hat mir ein Cafetier erzählt, dass er Besuch vom Magistrat hatte. Obwohl er sein Cafe an der Eingangstür als Raucherlokal gekennzeichnet hatte, bemängelte der Beamte, dass zwei weitere Pickerl im Lokal fehlen würden. 500 Euro Strafe musste der Cafetier sofort zahlen. Ich kann seinen Grant verstehen. Die Maxime muss lauten: Beraten statt Bestrafen.

Was muss jetzt passieren, damit sich die Stimmung wieder verbessert?

Es müssen Reformen und Projekte umgesetzt werden. Die 599 Spar-Vorschläge des Rechnungshofes verstauben seit 2011 in den Schubladen. Auch die WK Wien kämpft auf kommunaler Ebene für Verbesserungen am Standort: Tourismuszonen würden 800 neue Jobs bringen – die Arbeitnehmerseite blockiert. 59 Prozent der Wiener und zwei Drittel der Wirte wollen eine ganzjährige Schanigartenregelung – stattdessen werden lieber philosophische Diskussionen über die Nutzung des öffentlichen Raums geführt. In Wien staut es täglich an allen Ecken und Ende, der Ring ist jeden dritten Tag wegen Demos gesperrt und tausende neu geschaffene Anrainerparkplätze stehen den ganzen Tag leer, während alle anderen händeringend Parkplätze suchen. Da darf man sich nicht wundern, wenn die Stimmung im Keller ist.

Man hat den Eindruck, dass seit Jahren immer wieder über die gleichen Themen geklagt wird. Warum geht bei den entscheidenden Punkten nichts weiter?

Politik muss gestalten wollen – das ist ihr ureigener Auftrag. Denn nur dann kommt der Standort voran. Wer auf die Betriebe vergisst, gefährdet den Wirtschafts- und Arbeitsmarktstandort. Man kann es nicht oft genug sagen: Es sind nur die Unternehmer, die Jobs schaffen.

Wie sieht Ihr persönliches Versprechen als Präsident der Wiener Wirtschaftskammer an die Unternehmer aus?

Ich habe gemeinsam mit meinem Team intensive Gespräche mit der Stadt aufgenommen, damit wir gemeinsam bessere Rahmenbedingungen für die Unternehmer schaffen. Wir wollen ein gemeinsames Programm verabschieden, das Wien wieder voranbringt. Das beginnt bei mehr unternehmerischer Freiheit und Selbstbestimmung bis hin zu einer deutlich unternehmerfreundlicheren Grundeinstellung am Standort Wien.