Die meisten Fehler sind auf das Timing zurückzuführen
Die Wirtschaft kämpft aktuell mit diversen Krisen. Sehen Sie, dass dadurch Förderungen bei Unternehmen stärker in den Fokus rücken?
Wirtschaftliche Abkühlungsphasen werden und wurden von unseren Kundinnen und Kunden sehr erfolgreich genutzt, um die eigenen Strukturen und das Produktportfolio auf Vordermann zu bringen. Eine zentrale unternehmerische Aufgabe in Krisen ist es einerseits, sich rechtzeitig finanziell abzusichern, und andererseits, sich auf die Zeit danach – auf den darauffolgenden Aufschwung – vorzubereiten. Förderungen können für beide Strategien hilfreich sein. So stehen etwa Haftungsprogramme zur Verfügung, um den Liquiditätsspielraum in herausfordernden Zeiten zu erhalten, beziehungsweise zu schaffen. Gute Entwicklungsprojekte können beinahe mit bis zu 100 Prozent gefördert werden. Ambitionierte Projekte können sich damit wertvolle Wettbewerbsvorteile verschaffen. Gleichzeitig wird dadurch auch qualifiziertes und erfahrenes Personal gehalten. Mit solchen Maßnahmen geht es nach der Krise gestärkt ins Rennen.
Wie gut werden die vorhandenen Förderinstrumente von heimischen KMUs genutzt?
Das Wissen rund um Förderungen ist ungleich verteilt. Es gibt viele Unternehmen, die Förderungen regelmäßig nutzen und in diesem Bereich gut aufgestellt sind. Das sind schätzungsweise etwa ein Drittel aller Unternehmen. Ein weiteres Drittel weiß über Förderungen Bescheid, nutzt aber bei Weitem nicht alles. Und mindestens ein Drittel ist sich nicht bewusst, welche vielfältigen Möglichkeiten es gibt. Genau das war der Ausgangspunkt unserer Unternehmensgründung vor mehr als 25 Jahren: Unternehmen jene Förderungen zu eröffnen, die ihnen zustehen. Und genau dafür haben wir unser 360-Grad-Screening entwickelt, im Rahmen dessen wir alle Förderbereiche durchleuchten und gezielt nach Förderpotenzialen suchen. Die Ergebnisse dieses Screenings stellen wir unseren Kundinnen und Kunden in einem Bericht übersichtlich zur Verfügung.
Worin liegt die größte Herausforderung, wenn Unternehmen Gelder abholen wollen?
Da gibt es einige Herausforderungen. Erstens, die Auswahl der richtigen Programme. Denn für bestimmte Projekte kommen verschiedene Förderungen in Frage, die sich jedoch nicht miteinander kombinieren lassen. Zweitens, das Timing. Der Antrag muss vor der ersten Maßnahme gestellt werden und das ist nahezu immer die Bestellung. Leider kommen wir zu oft mit Projekten in Berührung, die bereits im Laufen sind. Dann ist es leider zu spät. Drittens, die Struktur der Förderanträge. Es gibt natürlich gewisse „unsichtbare Fallen“, in die man nicht hineintappen darf. Die Beantwortung von auf den ersten Blick unscheinbaren Fragen kann sich dann als K.O.-Kriterium entpuppen. Weiters sollte man im Förderantrag bereits gewisse Eventualitäten der Projektumsetzung berücksichtigen. Kostenerhöhungen, Kostenverschiebungen, Projektverzögerung oder eine Veränderung der Schwerpunkte sollten betrachtet, einbezogen und auch kommuniziert werden. Viertens, die Abrechnung. Fristen müssen gemonitort und Änderungen rechtzeitig kommuniziert und abgestimmt werden. Das wurde in den letzten zehn Jahren zunehmend komplexer. Mit entsprechender Sorgfalt ist das aber alles gut umsetzbar. Das Förderprojekt ist jedenfalls erst dann erfolgreich beendet, wenn das Projekt abgerechnet und geprüft und der Förderbetrag zur Gänze am Konto eingelangt ist.
Wie gut lassen sich Förderungen mit weiteren Finanzierungsmethoden kombinieren?
Förderungen werden oft mit klassischen Zuschüssen gleichgesetzt. Dabei werden auch Haftungen oder Direktdarlehen (z.B. ERP-Fonds) als Förderungen verstanden, da diese einen echten geldwerten Vorteil für die Unternehmen darstellen. Die Finanzierung des Gesamtprojekts muss bereits bei Antragstellung nachgewiesen werden. Förderstellen akzeptieren nicht, dass beispielsweise laufende Einnahmen oder ein größeres Geschäft die letzten 20 Prozent zur Ausfinanzierung beisteuern. Das ist mit zu hoher Unsicherheit verbunden und könnte das Projekt negativ beeinflussen. Wenn dem antragstellenden Unternehmen das Geld für das Projekt nicht bereits vorab zur Verfügung steht – und das ist in den wenigsten Fällen der Fall – wird man auf verschiedene Finanzierungsinstrumente zurückgreifen müssen. Eine klassische Kombination kann beispielsweise sein: 20 bis 25 Prozent vorhandene Eigenmittel, während die restliche Finanzierung über die Bank erfolgt – eventuell mit Haftung durch die öffentliche Hand. Aber auch weitere Finanzierungsformen wie die Finanzierung mit Hilfe eines Investors, mittels Crowdfinancing oder aber eine stille Beteiligung sind absolut typisch und willkommen. Leasing oder Mietkaufvarianten führen fördertechnisch hingegen meist zu Problemen, beziehungsweise Ablehnungen.
Was ist ein klassischer Irrglaube, dem Sie immer wieder begegnen?
Als ich vor 25 Jahren das Unternehmen startete, war für Förderungen der Begriff „Subvention“ noch sehr verbreitet. Das hatte für mich immer ein wenig den Beigeschmack von politischer Einflussnahme und verrauchten Hinterzimmern. Noch heute begegne ich der Annahme, Förderungen stünden nur großen, gut vernetzten Unternehmen zur Verfügung. Dabei sind es gerade die kleineren Unternehmen, für die bedeutend mehr an Möglichkeiten bei gleichzeitig höheren Fördersätzen zur Verfügung stehen. Natürlich ist das mit sehr viel Bürokratie verbunden – Stichwort Formulare und die adäquate Aufbereitung notwendiger Unterlagen. Für die Sachbearbeiter auf der anderen Seite ist das aber unabdingbar. Schließlich müssen sie alle Informationen sammeln, eine Förderentscheidung transparent vorbereiten und alles nachvollziehbar dokumentieren. Diese Präzision ist absolut notwendig, da alle Förderstellen in Österreich und auch in anderen Staaten regelmäßig von der EU kontrolliert werden – was gut ist und genau so sein soll. Ich bin überzeugt, dass 99 Prozent aller Förderentscheidungen absolut transparent und ohne Einflussnahme ablaufen.
Was ist ein Fehler, den viele KMUs rund um Förderungen begehen?
Die meisten Fehler sind auf das Timing zurückzuführen. Es tut mir regelmäßig im Herzen weh, wenn wir mit einem Unternehmen sprechen und das Projekt ist schon am Laufen. Dann ist es in den meisten Fällen zu spät und mehrere hunderttausend Euro können verloren sein – Geld, das gerade in Anbetracht der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen sehr wertvoll ist. Mangelndes Wissen über Förderungen ist eine weitere Problemstellung. Noch bevor das Projekt gestartet wird, sollten verschiedene Informationsquellen genutzt werden, um sich einen Überblick über geeignete Fördermöglichkeiten zu verschaffen. Klassische Ansprechpartner sind dabei auch Banken, Förderstellen oder die Wirtschaftskammer. Banken haben teils gutes Know-how zu Investitionsförderungen und -haftungen, verfügen aber über eher weniger Wissen in den Bereichen Umwelt und F&E. Förderstellen sind meist auf die eigenen Instrumente fokussiert. Allen drei Ansprechpartnern fehlt die Erfahrung und das Know-how rund um die operative Abwicklung. Wir bei Inspiralia wickeln pro Jahr in etwa 200 Projekte in Österreich ab, und zwar aus allen relevanten Bereichen wie F&E, Investition, Umwelt und Wachstum. Wir kennen die Herausforderungen – von der Strukturierung über die Antragstellung bis hin zur finalen Abrechnung. Auf diese Expertise sollten Unternehmen zurückgreifen – es ist in der Frühphase kostenfrei und verpflichtet nicht zur Auftragserteilung. Ein aus meiner Sicht sehr effizienter Zugang ist, dass man die Schwerpunkte der eigenen Strategie für die nächsten zwei Jahre festlegt und überlegt, wofür und in welcher Höhe Gelder und eigene Ressourcen eingesetzt werden sollen. Auf Basis dessen können Fördermöglichkeiten dann sehr gut eingeschätzt werden. So bleibt man bei den eigenen Zielen und lässt sich durch Förderaktionen vielleicht inspirieren, aber nicht wesentlich beeinflussen.
Wo gibt es aktuell interessante Töpfe?
Die Förderlandschaft reagiert recht gut auf die jeweils aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen und Herausforderungen. So wurden etwa die Mittel für Umweltprojekte aufgestockt, z.B. für Projekte zur ökologischen Energiegewinnung, Maßnahmen zur Energieeffizienz oder aber – besonders aktuell – Projekte rund um die Thematik Kreislaufwirtschaft. Diese Themen sind sehr gut bei der abwickelnden Stelle kpc zusammengefasst. Für anspruchsvolle Entwicklungsvorhaben gibt es sowohl auf nationaler Ebene (FFG) als auch in vielen Ländern (WWFF, SFG etc.) gute Programme. Da müssen einerseits Thematiken wie IT oder Medizintechnik unterschieden werden und andererseits die Komplexität des Projektes in puncto Umsetzungsrisiko gut eingeschätzt werden. Verschiedene Programme zum Thema Digitalisierung kommen in regelmäßigen Abständen, sind jedoch meist schnell wieder vergriffen. Nennen möchte ich hier das Programm kmu.digital. Großes – allerdings meist noch unbekanntes – Potenzial liegt auch bei den EU-Förderungen. Mit dem langjährigen Programm „Horizon Europe“ (2021-2027) hat die Europäische Kommission mehrere Instrumente geschaffen, die nicht nur Großunternehmen und Forschungseinrichtungen zugutekommen, sondern auch Start-Ups und KMUs. Diese werden zum Beispiel mit dem Programm „EIC Accelerator“ gefördert, bei dem sowohl Zuschüsse als auch Equity für Einzelprojekte mit bis zu 17,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden.