Wie aus Skiern Designobjekte entstehen

Alexandra Rotter
29.03.2018

Jakob Lederer fertigt seit zehn Jahren aus alten Skiern, Skistöcken und Snowboards Design-Stücke. Dabei kommt ihm der Trend zu Upcycling sehr entgegen.

Verkaufshit „Alexandra“: Eine Klorollen- halterung, benannt nach Alexandra Meissnitzer.

Jakob Lederer hat seine erste Bank aus alten Skiern gebaut, als seine Eltern ihm Druck machten. Sie hatten noch einige alte Skier gelagert. Er verwendete diese zwar nicht, aber wollte auch nicht, dass sie sie wegschmeißen. „Ich hab immer gesagt, die brauch ich noch für was. Ich hab aber nicht gewusst, wofür“, erzählt Lederer. Irgendwann stand dann ein Sperrmülltermin an. Das war der entscheidende Moment, in dem Lederer einschreiten musste: „Ich habe ganz schnell eine Bank gebaut. Die hat meinen Eltern dann auch gefallen.“ So legte er die Basis für sein Unternehmen Skimöbel, mit dem er bald zehnjähriges Jubiläum feiert. Denn nicht nur seine Eltern waren von der Skibank angetan, auch im Freundeskreis kam das Designmöbel gut an – einige bestellten ebenfalls eine Bank. Sogar das Designmuseum in Mürzzuschlag kaufte zwei Bänke. Lederer studierte zu dieser Zeit noch Maschinenbau und nahm als Bezahlung für die Bänke nicht viel mehr als einen symbolischen Betrag.

TOILETTE MIT SKISTAR

Lederer tüftelte an weiteren Produkten, die er vor allem aus alten Skiern, später auch aus Skibindungen und -stöcken, Snowboards und Langlaufskiern herstellte. Die Produktpalette ist mittlerweile beachtlich: Zur Bank haben sich unter anderem Hocker und Stühle gesellt, darunter ein Schaukelstuhl, außerdem Regale, eine Stehgarderobe, ein Lampenschirm, eine Stehleiter, eine Rodel, aber auch Bilderrahmen. Sein Verkaufshit ist die Klorollenhalterung „Alexandra“, die nach Alexandra Meissnitzer benannt ist – wie jedes seiner Designmodelle den Vornamen eines berühmten Skisportlers trägt. Die Halterung, die 70 Euro kostet, hat sich als beliebtes Geschenk für Skibegeisterte herausgestellt. Lederer betont, dass jedes Produkt ein Unikat ist: Zwar ist die Machart die gleiche, aber das verwendete Material sieht immer anders aus. Er verarbeitet auf Wunsch auch selbst mitgebrachte Skier, Snowboards und Skistöcke. Aber man muss nicht sein altes Skigerät mitbringen – schließlich hat Lederer rund 500 Paar Ski in seinem Lager. Seine Produkte sind richtige Upcycling-Gegenstände, denn er verarbeitet fast alles, was die Skiindustrie so zu bieten hat – von Schrauben, mit denen die Bindungen an den Skiern montiert sind, über Skistöcke bis hin zu Langlaufskiern. Kaum etwas kauft er zu, was auch seiner Grundeinstellung entspricht: „Es ist ja schade ums Material, wenn man einen Ski nach drei oder vier Saisonen wegschmeißt.“

INSPIRATION SKIFAHREN

Lederer ist ein Skifreak: Schon seit seinem dritten Lebensjahr steht der Steirer auf Skiern, in letzter Zeit vor allem auf Tourenskiern. Schon mit 15 Jahren arbeitete er als Kinderskilehrer, ist staatlich geprüfter Skilehrwart und machte auch die Ausbildung zum Landesskilehrer. Er arbeitete auch bei Ski-Weltmeisterschaften als freiwilliger Pistenwart mit. Und seit acht Jahren führt er Skitouren für den Alpenverein an, nachdem er die Ausbildung zum Skitouren- und Skihochtoureninstruktor absolviert hat. Zuletzt kam auch noch ein Kurs zum Telemarkinstruktor dazu.

„Es ist ja schade ums Material, wenn man einen Ski nach drei oder vier Saisonen wegschmeißt.“

Und wann hat er seine Ideen? Die meisten kommen dem Tüftler in der Werkstatt, bei Freunden oder im Einrichtungshaus, wo er Objekte sieht, die er sich auch aus Skiern vorstellen kann. Oft hat sich auch die Not schon als Kreativitätsmotor entpuppt: „Ein paar Ideen sind so entstanden, dass ich ein Geschenk gebraucht hab“, erzählt Jakob Lederer. So war es auch bei der Klorollenhalterung, als Lederer zu einer 40er- Geburtstagsfeier eingeladen war und dringend ein Geschenk brauchte. Zusätzlich zu den Möbeln aus alten Skiern baut der Steirer auch eigene Freeride- oder Tourenski. Jedes Paar ein Unikat. Sowohl das Design als auch die Form können Kunden auswählen. Sie können Modelle bei ihm ausborgen, und er baut das passende Modell nach, gerne auch in Varianten à la: drei Zentimeter kürzer, vorne breiter, hinten dünner. Für einen Aufpreis ist auch ein eigenes Design möglich: Die maßgefertigten Skier ohne spezielles Design kosten 1000 Euro pro Paar.

KOMBINIERER AUS NOT

Das Modell „Mischwald“ besteht an der Oberfläche aus verschiedenen Holzfurnieren, die Lederer – wieder in der Not – kombinierte: Er baute für seine Freundin Skier für den nächsten Urlaub und dachte erst in letzter Minute ans Design. Rasch musste eine Lösung her: „Ich hatte Furnierreste daheim, aber immer nur 30 bis 40 Zentimeter von Nuss, Zirbe, Esche, Ahorn etc.“ Er kombinierte die Furniere und heraus kam ein schickes Design. Zudem ist „Mischwald“ Lederers erster „Bioski“: „Ich habe versucht, einen nachhaltigeren Ski zu machen.“ Der Kern besteht aus Holz, nirgends kommt Plastik vor und Lederer verwendete biologisch abbaubaren Klebstoff und Flachsfaser. Seine Kunden sind fast ausschließlich leidenschaftliche Skifahrer und Skitourengeher – oder Menschen, die diese beschenken wollen. 80 Prozent des Verkaufs läuft über seinen Webshop. Werbung macht Lederer vor allem über Instagram und Facebook. Kleinere Objekte vertreibt er auch über Designgeschäfte in Graz und Wien. Sein prominentester Kunde bisher war Skisprungstar Thomas Morgenstern, dem er zu dessen Karriereende eine Bank aus seinen Sprungskiern baute.

Trotz der guten Nachfrage will der Bastler eine One-Man- Show bleiben – mit Ausnahme von Freundin Michaela Kienleitner und Cousine Katharina Eberhard, die ihn etwa bei Marketing und Design unterstützen. Wenn Lederer vor Weihnachten „auf Druck“ 30 Skibänke bauen muss, ist das für ihn „nicht immer lustig, aber das ist in jedem Job so“. Und eigentlich findet er es wieder toll, weil ja jede Bank ein Einzelstück ist. Trotzdem: Abwechslung muss sein. Eine Firma, die drei Paar Skier mit demselben Design bestellen wollte, wimmelte Lederer ab: „Es gibt keine Serie bei mir, der Aufwand ist zu groß. Ich bau dir einen Ski, wie du ihn willst, aber es soll ein Unikat sein.“

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