Ein paar klare Worte zum Thema: Menschenrechte
Wer international tätig ist, darf die Augen nicht vor lokalen Missständen verschließen. Doch was können Unternehmen ausrichten? Eine ganze Menge, meint Prof. Dr. Markus Scholz, Wirtschaftsethiker und Nachhaltigkeitsexperte an der FHWien der WKW & INSEAD.
International tätige Unternehmen sind unter Umständen auch in Ländern aktiv, in denen Menschenrechtsverletzungen stattfinden. Können Firmen solche Tatsachen heute noch ignorieren? Menschenrechtsverletzungen darf man grundsätzlich nicht ignorieren.
Wann sehen Sie Unternehmen in der Pflicht, beziehungsweise welche Unternehmen müssen aktiv werden? Kein Unternehmen darf bewusst Menschenrechtsverletzungen zulassen. Je eklatanter die Verletzungen, je näher sie am eigenen Unternehmen geschehen, je einflussreicher das Unternehmen, beispielsweise durch die eigene Größe, aber auch durch den möglichen Druck, welcher über Industrieorganisationen aufgebaut werden kann, ist, desto größer die Verantwortung.
Von wem geht der steigende Druck aus, genauer hinzusehen? Der Druck kommt von allen Seiten. Einige Länder und auch die EU erhöhen durch sogenannte Lieferkettengesetzte den rechtlichen Druck. NGOs stehen als Watch Dogs parat. Zunehmend kommt der Druck auch von der Investorenseite – gesellschaftlich nachhaltige Anlageprodukte haben Hochkonjunktur. Private und vor allem institutionelle Anleger haben das Thema Menschenrechte für sich entdeckt.
Was können Betriebe konkret tun? Kundenerziehung, den Schulterschluss mit Investoren und NGOs suchen sowie vernetzt mit anderen Unternehmen agieren. Den Kunden muss beigebracht werden, dass ökologische und gesellschaftliche Nachhaltigkeit seinen Preis hat. Unternehmen müssen besser als bisher aufzeigen, welche Implikationen etwa die Produktion von T-Shirts für fünf Euro beherbergt. NGOs können Unternehmen fachlich gut beraten. Investoren können zu Partnern gemacht werden – keine Managerin will bewusst Menschenrechtsverletzungen zulassen. Sie braucht von ihren Investoren allerdings den klaren Auftrag, sich dieses wichtigen Themas stärker anzunehmen. Außerdem sollten sich Unternehmen besser vernetzen. Die Probleme der Textilindustrie können beispielsweise nicht von einem Unternehmen allein erfolgreich adressiert werden – dafür braucht es eine bessere Vernetzung der Unternehmen, sogenannte Collective Actions.
Wie gelingt der Spagat zwischen wirkungsvoller Aktion und zerschlagenem Porzellan? Jedenfalls nicht durch Ignoranz. Menschenrechtsverletzungen kommen regelmäßig in globalen Zuliefererketten vor. Dieses Problem wird jetzt offenbar und seitens diverser Stakeholder, auch zunehmend seitens der Politik, adressiert. Unternehmen haben ein berechtigtes Interesse an kontinuierlicher, globaler Wettbewerbsfähigkeit, und ihnen darf deshalb nicht zu viel bürokratischer Ballast zugemutet werden. Um hier vorzubeugen, müssen Unternehmen das Thema Menschenrechte in ihre Nachhaltigkeitsstrategie implementieren und ihren Anspruchsgruppen zeigen, dass sie sich diesem Thema verantwortungsvoll zuwenden. Tun sie das nicht, sehe ich eine juristische Keule am Horizont und jedenfalls Konflikte mit NGOs und auch mit Investoren auf Unternehmen zukommen.