Digitalisierung

08.06.2018

THE GOOD THE BAD AND THE UGLY

Erinnern Sie sich noch an den Italo-Western aus dem Jahr 1966? „Die illusionslosen, amoralischen Desperados des Films waren die zeitgemäßen Antihelden eines Jahrzehnts, in dem die traditionellen Werte infrage gestellt wurden“, ist dazu in Wikipedia zu lesen. Auch heute stellen wir traditionelle Werte infrage. Jene, die unseren Lebensstil und die Art unseres zukünftigen Zusammenlebens betreffen. Stichworte Bevölkerungswachstum, Überalterung, Erderwärmung, Rohstoffknappheit. Aber was hat das alles mit Digitalisierung zu tun?

Digitalisierung – die Gute

Künstliche Intelligenz, automatisierte Produktion, Augmented Reality, Big Data, Blockchains, 3D-Druck und das Internet der Dinge – die Liste disruptiver Technologien lässt sich noch erweitern. Das ökologische Nutzenpotenzial ist je nach Schlagwort allerdings sehr unterschiedlich. Als Musterbeispiel für Ressourceneinsparung gelten Videokonferenzen, die physische Reisen ersetzen. Im Mobilitätsbereich sollen selbstfahrende Autos, Car- oder Bike-sharing und Apps, die eine individuelle Tür-zu-Tür-Mobilität ohne eigenen PKW bequem ermöglichen oder Fuhrparks revolutionieren, für gewaltige Einsparungen sorgen. 

Auch im Produktionsbereich kann die Digitalisierung für Nachhaltigkeit sorgen. Intelligentes Design und veränderte Produktion verringern Materialverluste und Abfälle, mittels 3D-Druck kann Produktion bedarfsorientiert und in der Nähe vom Kunden erfolgen – weniger Rohstoffe, weniger Emissionen inklusive. Schließen sich Nutzer netzwerkartig zusammen, kann auch monopolisierte Produktion demokratisiert werden, so die Aussage einer Studie des IÖW in Berlin. Auch bei den gesellschaftlichen Auswirkungen schlummert großes Potenzial. Die Automatisierung wird Kinderarbeit und moderne Sklaverei hoffentlich bald obsolet machen. Big Data ermöglicht der Wissenschaft bessere Erkenntnisse – etwa in der Klimaforschung oder im Gesundheitsbereich. Virtual bzw. Augmented Reality wird bereits erfolgreich in der Pflege alter und demenzkranker Personen angewendet oder zur Stressreduktion während medizinischer Behandlungen. Digitalisierung, die Gute, gilt auch als Wegbereiterin der Circular Economy. Durch Rechenleistung werden geschlossene Produktionsprozesse, durch das Internet neue Sharing-Geschäftsmodelle möglich. 

Digitalisierung – die Böse und die Hässliche

Nicht vernachlässigbar sind aber die hässlichen Begleiterscheinungen der neuen Technologien. Der enorme Strombedarf für Server und Streamingdienste wird derzeit nur zu einem geringen Teil aus erneuerbaren Quellen generiert. Ungeklärt ist die Frage der Entsorgung des massenhaften, giftigen Elektroschrotts. Freier Netzzugang sowie die sozialen Folgen der Veränderungen am Arbeitsmarkt sind ein weiterer offener Punkt. Die negativen Folgen für unsere Kinder – etwa Konzentrationsschwierigkeiten oder hohes Suchtpotenzial – seien hier auch erwähnt. Böse wäre es, wenn die Politik es verabsäumt, rechtzeitig Vorkehrungen zu treffen – ökologische, gesellschaftliche und wirtschaftliche. Um das Gute aus der Digitalisierung herauszuholen, muss der Nutzen für den Menschen im Mittelpunkt stehen. Die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen bieten dafür den geeigneten Rahmen. Im Italo-Western überlebten beide: der Gute und der Hässliche.

 

AutorInnen:

Alexandra Adler und Michael Bauer-Leeb

WEITSICHT – büro für zukunftsfähige wirtschaft

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