Serie: Wahljahr 2024
Wen wählen KMU am 29. September?
Das Superwahljahr 2024 geht in die nächste Runde. Nach den Europawahlen im Juni steht nun die Mutter aller Wahlschlachten auf dem Programm: die Nationalratswahl. Auf Österreich wartet ein kurzer, aber intensiver Wahlkampf. Die ersten Plakatwellen überziehen bereits das Land. Die wahlwerbenden Parteien versuchen sich mit ihren Themen zu positionieren und ihre Wählerinnen und Wähler zu mobilisieren. Neben den bekannten und im Parlament vertretenen Parteien, finden sich dieses Mal einige neue Namen auf dem Stimmzettel. Gibt es dadurch auch neue Optionen für kleine und mittelständische Unternehmer*innen?
Eine Wahlentscheidung wird ja immer von vielen Faktoren beeinflusst. Oft sind es private, familiäre oder soziale Motive, nicht selten spielt aber auch die berufliche Situation eine Rolle. Gerade Wirtschaftstreibende gelten deshalb als spannende Wählerzielgruppe, schließlich gibt es mehr als 600.000 KMU in diesem Land. Sie werden von vielen Parteien umgarnt und finden sich in praktisch jedem Wahlprogramm wieder, meist als "Rückgrat" oder "Säule" der heimischen Wirtschaft belobhudelt. Wie KMU freundlich die reale Politik dann wirklich ist, darf kritisch beobachtet werden, denn richtig glücklich ist man mit der aktuellen Situation wohl nicht. Bürokratie, Steuerlast und Abgaben sind ebenso thematische Dauerbrenner wie Fachkräftemangel, Unternehmensfinanzierung und Fragen des Standortes. Dazu kommt eine Corona-, Kriegs- und inflationsbedingte Krise, die derzeit in einer nie dagewesenen Insolvenzwelle gipfelt. Wen also wählen? Können neue Player das Blatt wenden? Oder vertraut man auf bewährte Kräfte?
Wir wollten von den kandidierenden Parteien wissen, warum ausgerechnet sie die Stimme von Unternehmer*innen bekommen sollen und wie ihr zentrales Wahlversprechen an österreichische KMU lautet. Die Antworten lesen Sie in umgekehrter Reihenfolge des Stimmzettels vom 29. September.
Liste Madeleine Petrovic
Monika Henninger-Erber: Unsere Partei setzt sich für die Entlastung von EPUs & KMUs ein. Es geht nicht nur um Steuern, sondern um die gesamte Abgabenlast, die oft die Entwicklung dieser Unternehmen hemmt. Besonders der Mittelstand trägt derzeit die Hauptlast. Wir wollen die Abgaben senken und die Bürokratie für KMUs deutlich abbauen. Gesetze müssen evaluiert und die, die nicht den gewünschten Nutzen bringen, aufgehoben werden, damit Unternehmer*innen sich auf das Wesentliche konzentrieren können.
Alle reden von Entbürokratisierung, beschließen dann aber immer neue Vorschriften. Als neue Partei, die wahrscheinlich nicht in der Regierung sein wird, können wir nur versprechen, dass wir so viel Transparenz wie möglich durch parlamentarische Anfragen und dergleichen herstellen werden. Wir werden uns nachhaltig für die Verbesserung der Bedingungen der EPUs & KMUs einsetzen und aufdecken, welche Gesetze und Vorschriften kontraproduktiv sind und abgelehnt bzw. aufgehoben gehören.
KPÖ
Tobias Schweiger: Als KPÖ setzen wir uns für weitreichende Maßnahmen gegen die Teuerung ein, unter der gerade auch Klein- oder Einpersonenunternehmen besonders leiden. Wenn Energie und Mieten günstiger werden, hilft das nicht nur der Kaufkraft der Kund*innen, sondern auch ihnen. Maßnahmen wie Preiskontrollen und Mietendeckel treffen vor allem Großkonzerne und Multimillionäre, die kleine Betriebe immer stärker in Bedrängnis bringen.
Wir setzen uns konsequent für leistbare Mieten ein. Das hilft Betrieben auch dabei, dringend benötigte Fachkräfte zu finden. Wir sehen das zum Beispiel im Raum Salzburg. Hier sind die Mieten so hoch, dass es schwierig ist, bei einem Jobwechsel eine Wohnung zu finden – gerade für Arbeitskräfte mit Familien.
KEINE
Fayad Mulls: KMUs sind das Rückgrat unserer Wirtschaft und brauchen endlich eine Vertretung im Parlament, die nicht auf der Seite der Konzerne steht. Solange Amazon & Co kaum Steuern zahlen, verzerren sie den Wettbewerb und zerstören die Existenz lokaler Unternehmen. Wir fordern einen bundesweiten Mindestlohn, deutlich niedrigere Lohnsteuern und Lohnnebenkosten für KMUs, sowie die Wahlfreiheit bei der WKO-Mitgliedschaft. So wird Arbeit in KMUs attraktiv und Zukunftsinvestitionen finanzierbar. Langfristig kann mit der Sicherheit durch ein Grundeinkommen mutig gegründet und investiert werden, ohne die eigene Existenz aufs Spiel setzen zu müssen.
Aktuell profitieren große Betriebe am meisten von staatlicher Unterstützung. Das muss sich ändern. Politische Rahmenbedingungen müssen besonders der nachhaltigen, regionalen mittelständischen Wirtschaft helfen, innovativ und wettbewerbsfähig gegenüber Konzernen zu bleiben. Funktionierende Großbetriebe sollten keine staatlichen Förderungen erhalten – Steuergelder sind nicht dafür da, Gewinne zu steigern. Stattdessen soll das Geld in die Förderung von kleinen Betrieben und Gründungen fließen, die mutig Neues schaffen, besonders in der kritischen Anfangsphase, wenn Cashflow-Probleme auftreten und Banken kein verlässlicher Partner sind.
BIER
Stefan Obkircher: Unsere Vision ist ein nachhaltiger, innovativer und wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort Österreich, der für Unternehmen und Fachkräfte attraktiv ist und die Umwelt schützt. Wir setzen uns ein für kleine und mittlere Unternehmen – vom Gastwirt bis zum Nagelstudio – denn die schaffen einen Großteil der Wirtschaftsleistung und zwei Drittel der Arbeitsplätze. Wir wollen die bürokratischen Hindernisse reduzieren und fordern zentrale Anlaufstellen für Informationen, Genehmigungen und Förderungen. Kleine und mittlere Unternehmen sind das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. Für sie fordern wir Steuerbegünstigungen bei Eigenkapitalaufbau und den Abbau bürokratischer Hürden.
Wir setzen uns dafür ein, den Wirtschaftsmotor wieder zu starten, indem Hindernisse abgebaut und engagierte Initiativen unterstützt werden. Wir fordern eine zukunftsfitte Wirtschaft, die wieder auf Krisen vorbereitet ist und Mitarbeiter*innen mehr in die Unternehmen einbindet. In der Politik brauchen wir mehr Vision und Weitblick für den Wirtschaftsstandort Österreich. Durch uns kann die österreichische Wirtschaft wieder mit innovativen Entwicklungen und zukunftsweisenden, g’scheiten Ideen rechnen, die auch für mehr Planbarkeit und Wirtschaftswachstum sorgen.
NEOS
Gerald Loacker: Unser Wirtschaftsstandort hat durch den Stillstand der letzten Jahre massiv an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Unternehmer*innen werden immer wieder Entlastungen versprochen, doch letztlich steigen die Kosten und Energiepreise und die Bürokratie nimmt zu. Wir NEOS sind die einzige Partei, die sich unabhängig von Landeshauptleuten und Bünden für mutige Reformen einsetzen kann, um hier eine Trendwende zu schaffen. Daher fordern wir eine Senkung der Lohnnebenkosten, mehr Wettbewerb im staatlichen Energiemarkt und eine Bürokratiebremse. Es braucht endlich mutige Reformen für eine moderne Gewerbeordnung, eine rasche und unbürokratische Rot-Weiß-Rot-Karte und vieles mehr.
Wir versprechen Entlastung. Wir werden die Abgabenquote auf 40 Prozent senken, die Lohnnebenkosten um 6,55 Prozentpunkte herunterbringen und die Anreize für Vollzeitarbeit erhöhen. Das ist ein wichtiger Beitrag gegen den Arbeitskräftemangel. Entlastung brauchen wir auch von der Bürokratie, dafür müssen veraltete Regelungen durchforstet werden und so viele Prozesse wie möglich automatisiert und digitalisiert werden. Letztlich sind wir NEOS die einzige wirkliche Europa-Partei und für mehr Europa, dadurch wird die mittelständische Wirtschaft noch besseren Zugang zum gemeinsamen Binnenmarkt bekommen.
Die Grünen
Elisabeth Götze: Wir unterstützen die Unternehmen bei der ökologischen und digitalen Transformation. Das ist gut für die Umwelt, für die Betriebe und auch für den Wirtschaftsstandort. So sorgen wir dafür, dass Unternehmen weniger Energie verbrauchen, die Kosten dafür geringer werden und wir somit auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Wir wollen die Gewerbeordnung "entrümpeln" und an die heutigen Bedürfnisse anpassen. Strenge Befähigungsprüfungen sind nur dort sinnvoll, wo etwa der Schutz von Leben oder Gesundheit gefährdet sind. Außerdem engagieren wir uns für die Abschaffung der Mietvertragsgebühren auch im gewerblichen Bereich.
FPÖ
Axel Kassegger: Wir sind als einzige Partei ein Garant dafür, dass die kleinen und mittleren Unternehmen von den überbordenden bürokratischen Belastungen befreit werden können. Mit Beschlussfassung des sogenannten „Lieferkettengesetzes“ auf EU-Ebene wird nämlich die Wirtschaft noch zusätzlich mit bürokratischen Verpflichtungen massiv belastet werden. Wir wollen auch die Abschaffung verpflichtender Wirtschaftskammerbeiträge für mehr finanziellen Spielraum und um die Mitarbeiter gerecht entlohnen zu können, müssen auch die Lohnnebenkosten sinken.
Ich werde die klein- und mittelständischen Unternehmen, die nicht nur das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft, sondern auch unserer Exportwirtschaft sind, weiterhin mit parlamentarischen Initiativen unterstützen und ihnen Verständnis, Respekt und Wertschätzung entgegenbringen. Daher ist auch eine Entlastung der Unternehmen, indem die Körperschaftssteuer für kleinere Unternehmen auf zehn und für größere auf 20 Prozent gesenkt werden soll, eines meiner Vorhaben.
Andreas Babler: Klein- und Mittelunternehmen sowie Start-ups sind essenziell für die österreichische Wirtschaft. Sie tragen zur notwendigen Vielfalt unserer Wirtschaft und damit zum Wirtschaftsstandort bei. Es ist wichtig, die Hürden für diese Unternehmen zu reduzieren, insbesondere da sie oft eine höhere Steuerlast tragen als internationale Konzerne.
Um die Wettbewerbsfähigkeit kleinerer Unternehmen, Ein-Personen-Unternehmen und Start-ups zu verbessern, müssen Erleichterungen, wie etwa Leistungsharmonisierung in der Sozialversicherung und Entfall der Selbstbehalte umgesetzt werden. Mit der SPÖ wird es einen Klima-Transformationsfonds geben, um die notwendige Wende im Bereich Industrie und Energie ökologisch und sozial aktiv voranzutreiben.
ÖVP
Christian Stocker: Wir schätzen unsere KMU, die 99 Prozent unserer Betriebe ausmachen und 57 Prozent zur Wertschöpfung beitragen. Daher wurden Maßnahmen wie die Investitionsprämie, Steuererleichterungen, Senkung der KöSt auf 23 Prozent und Erleichterungen bei Betriebsübergaben umgesetzt. Zudem fordern wir eine Bürokratieabbauinitiative zur Reduktion von Berichtspflichten sowie die Verhinderung von Gold Plating.
Eine starke und vielfältige Wirtschaftskultur ist Basis für Wachstum, Wohlstand und Lebensqualität. Um diese zu stärken, braucht es Erleichterungen im operativen Betrieb für unsere KMU, wie die Anhebung der Geringwertigen-Wirtschaftsgüter-Grenze, die Senkung von Unternehmenssteuern und die Vereinfachung administrativer Prozesse.