Standards
Normen durchdringen unsere Welt beinahe vollständig. Doch wie entstehen sie? Wozu dienen sie und wie profitieren Unternehmen von ihnen? Ein Überblick von Valerie Höllinger, Managing Director von Austrian Standards
Wo uns Normen begegnen
Standards sind allgegenwärtig. Wir begegnen täglich einer Vielzahl an Standards. Sie reichen von der Normierung des Bettgestells, über die Kaffeebohne, den Wasserdruck der Espressomaschine, die Borsten der Zahnbürste bis hin zur Bankomatkarte, die in den Automaten passt. Auch das GSM-Netz ist normiert, genau wie das Papier, das in den Drucker passt. Normen reichen von klein bis groß: von der Nanotechnologie bis zu Hochhäusern und Flugzeugen. Von jung bis alt: vom Schnuller bis zum Hüftgelenk. Von der Vergangenheit bis zur Zukunft: von der Schraube, mit der die Standardisierung begonnen hat, bis zur IT-Schnittstelle. Von der Wiege bis zur Bahre: vom Kondom bis zu Beerdigungsdienstleistungen.
Wer Standards festsetzt
Es gibt 167 Länder, die Mitglied bei der internationalen Organisation ISO sind und sich zu Normen und Standards austauschen. In Österreich gibt es rund 4.450 Experten aus über 2.200 Organisationen. Gemeinsam mit ihnen organisieren wir die ÖNORMEN. Jede nationale Organisation erstellt also ihre nationalen Normen. In Österreich entstehen allerdings nur noch 6 % der Standards als neue ÖNORMEN. 94 % sind internationaler Herkunft. Diese 94 % entstehen in Abstimmung auf europäischer und internationaler Ebene. Dafür entsenden wir Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus sogenannten Spiegelgremien, um mitzuentscheiden. Die österreichische Beteiligung auf europäischer Ebene ist dabei sehr hoch. Sie wird auch international immer höher.
Wozu Normen verpflichten
Normen sind übrigens keine Gesetze, sondern unverbindliche Empfehlungen: von der Wirtschaft für die Wirtschaft. Sie sind etwas, worauf man sich einigt. Damit die Dinge einfacher laufen und es ein einheitliches Verständnis von Qualität gibt. Deswegen ist es auch so wichtig, dass alle Stakeholder an einen Tisch kommen. Wir laden genau dazu ein und moderieren den Prozess.
Wie Unternehmen sich einbringen können
Dieser Prozess steht jedermann offen. Jemand interessiert sich für eine Standardisierung und bringt einen Projektantrag dazu ein. Er wird geprüft, zur Stellungnahme veröffentlicht und dann melden sich alle, die mitwirken wollen. So entwickelt sich ein Komitee aus Stakeholdern, für die das Thema Relevanz hat. In manchen großen Unternehmen gibt es dafür eigene Abteilungen, doch auch KMU können sich einbringen. Natürlich ist das eine Ressourcenfrage. Allerdings passiert vieles heute online, wodurch Reisekosten entfallen.
Wie Betriebe von Normen profitieren
Standards sparen unnötige Anpassungskosten. Auch die Exportfähigkeit wird angespornt. Made in Austria wirkt nur dann, wenn man Produkte entwickelt, die auf dem letzten Stand der Technik sind, wenn sie sicher und qualitativ hochwertig sind. Die Teilnahme an der Standardisierung eröffnet Unternehmen auch ein neues Netzwerk. Man lernt Expertinnen aus der Branche kennen, hat Sparring und hört kritische Stimmen. Wer neue Produkte entwickelt, kann externes Wissen anzapfen. Denn in dem Prozess gilt: Sharing is Caring. Was nach 1,5 bis zwei Jahren herauskommt, ist stets auf Konsens aufgebaut. Denn es muss anschlussfähig sein, sonst wäre die Wirksamkeit nicht sichergestellt ist. Die fertigen Normen können bei uns bezogen werden.
Ein Missverständnis zu Standards
Wir als Austrian Standards machen die Standards nicht. Das tun immer Expertinnen und Experten aus den Branchen für die Branchen. Wir steuern nur den Prozess. Zudem agieren wir nicht nur national. Unsere Dienstleistung liegt zu 94 % in der internationalen Standardisierung. Wir vernetzen in die Welt. Wer bei den Komitees und Gremien der Standardisierung an graue Runden von Theoretikern denkt, täuscht sich gewaltig. Mir fällt auf Anhieb keine andere Organisation ein, die so offen und partizipativ ist, die Menschen zu so vielen Themen zusammenbringt. Damit sorgen wir dafür, das Leben sicherer und einfacher zu machen.