Anteile von Songs kaufen
Rockstar auf Knopfdruck
Crowdfunding ist eine nützliche Angelegenheit, für Künstler genauso wie Fans. Als Band oder Sängerin kann man sich die neue Single vorfinanzieren lassen und Investoren bekommen neben neuer Musik möglicherweise noch weitere Goodies. Dieses Konzept gibt es schon lange. Die Berliner Band Einstürzende Neubauten, rund um den „genialen Dilettanten“ und Sänger Blixa Bargeld, betreibt bereits seit beinahe 20 Jahren dieses Album-Finanzierungsmodell. Das erste durch ihre Fans finanzierte Album im Jahr 2003 trug dann auch den pragmatischen Titel „Supporters’ Album #1“. Es sollten zahlreiche Platten folgen, die durch die Hörerschaft ermöglicht wurden. Die Band dachte sich unterschiedliche Möglichkeiten aus, wie die Sponsoren profitieren konnten. So gab es beispielsweise die Chance, die Band via Livestream bei den Aufnahmen im Studio zu verfolgen, oder bei dem letzten Album aus dem Jahr 2020 („Alles in Allem“) konnten sich die Hörer noch intensiver einbringen. Per Zufallsgenerator wurden 20 Neubauten-Supporter ausgewählt, die dann direkt von Bargeld telefonisch kontaktiert wurden. Aus diesen Gesprächen und aus den gesagten Worten und Sätzen formte der Sänger dann schließlich einen Song für die neue Platte. Kreativität zahlt sich also aus.
„Tell Me a Poem“
Kreativ ist man auch in Österreich. Der Musiker Christof Straub, der früher in der Band Papermoon aktiv und äußerst erfolgreich war – das erste Album mit Namen „Tell Me a Poem“ verkaufte sich in den frühen 1990er-Jahren über 100.000-mal –, gründete 2014 die Global Rockstar GmbH im 4. Wiener Gemeindebezirk. Global Rockstar ist ein Musik-Crowdfunding-Portal, das ab 2017 mehr und mehr durchstartete. Staub hatte bereits ab 2008 erste Erfahrungen mit seinem eigenen Start-up gemacht hat. Damals launchte er Teenage Rockstar, eine Online-Video-Plattform für talentierte Teenager. Gemeinsam mit Disney produzierte man unter dem Titel „Teenage Rockstar Summer Camp“, in weiterer Folge eine TV-Show für den deutschen Sender Super RTL. In seiner Zeit als Singer-Songwriter hat Christof Straub die „Pain Points“ der Musikbranche kennengelernt. „Für welche Probleme braucht das Musikbusiness dringend Lösungen?“, fragt Philipp Strommer im Gespräch mit die wirtschaft. Strommer ist bei Global Rockstar Head of Communication und für PR zuständig. Bei diesen „Pain Points“ handelt es sich beispielsweise um die Sicherung und Nachvollziehbarkeit von Rechten. „Verträge gehen manchmal einfach verloren oder liegen bei Plattenfirmen, die es 25 Jahre später nicht mehr gibt. Und selbst wenn man einen Vertrag über Rechte in Händen hält, weiß man nicht, ob dieser nicht von einem späteren abgelöst wurde oder die Rechte überhaupt weiterverkauft wurden“, so Strommer. Auch die Punkte der Fälschungssicherheit eines Vertrages machte Straub als ein Problem aus. Ebenfalls war es die unfaire und intransparente Teilung der Revenues mit den Künstlerinnen und Produzenten sowie geringe Aussichten für junge Talente, die Straub antrieben. Und letztlich die fehlenden Partizipationsmöglichkeiten vonseiten der Fans. „Als Talentförderer hat Christof Straub 30 Jahre Erfahrung im Erkennen von Talenten und auch im Erkennen von kommerziellen Potenzialen“, sagt Strommer.
Anteile von Songs kaufen
Nachdem man in den Jahren 2014 bis 2017 begann, sich einen Namen zu machen, startete Global Rockstar ab diesem Zeitpunkt durch und wurde weltweit zum ersten Label, das es Fans ermöglichte, Anteile an neuen Songs zu kaufen. Mit dem getätigten Investment sichert man sich über 70 Jahre lang Anteile an Umsätzen an Streams, Downloads und Radio-Airplays. Ein weiterer Firmenmeilenstein war der Auftritt im März 2020 bei der Start-up-Show „2 Minuten 2 Millionen“ auf Puls 4. „Zeitgleich mit dem Auftritt kam es zu einer Kapitalerhöhung und damit einem Scale-up, der es ermöglichte, noch im selben Jahr 54 neue Songs zu finanzieren und zu veröffentlichen und einige Top-Platzierungen in diversen Charts zu erreichen“, sagt Strommer. Zu diesem Zeitpunkt liefen Songs von Global-Rockstar-Künstler*innen bereits 200-mal pro Tag auf diversen Radiosendern und das Label brachte es auf 100.000 Streams. Davon profitierten natürlich auch die Investoren, die damit ihre ersten Gewinne ausbezahlt bekommen haben. Und profitieren kann jeder, der zumindest fünf Euro zur Verfügung hat und in die Artists des Labels investieren möchte. Man sucht sich auf der Homepage den Song aus, von dem man glaubt, das er Erfolg haben könnte und sichert sich mit fünf Euro Einsatz
0,1 % der Rechte. Mehr Einsatz bedeutet dann in der Folge, einen größeren Anteil an den Rechten zu haben. Eine Streuung der Investments zahlt sich allerdings aus, denn nicht jeder Song wird immer zum Erfolg. Vor etwas mehr als einem halben Jahr konnte das Start-up auf eine andere Weise Aufmerksamkeit erregen. Im November 2021 wurden nämlich die ersten Music-NFTs der Welt präsentiert, die man als Fan erstehen kann. „Damit wird die Beteiligung am Song und zusätzlich eine Cover-Artwork-Animation in limitierter Auflage in der Blockchain gesichert. Natürlich sehen wir vor allem bei der technophilen Community eine starke Nachfrage nach Music- NFTs. Aber es kommen auch schon von Tag zu Tag mehr ‚normale‘ Musikliebhaber“, so Strommer. Doch wie kommt Global Rockstar zu den Artists, ohne die natürlich nichts gehen würde? Seit mehreren Jahren wird ein internationales Netzwerk an Musikproduzenten und Künstlern aufgebaut. Doch man kann sich auch selbst musikalisch an das Start-up wenden. „Wir bieten Künstlerinnen und Künstlern auf unserer Plattform die Möglichkeit, ihre Songs hochzuladen. Unser Team an Kuratoren prüft diese Submissions, und die Vielversprechendsten werden von uns unter Vertrag genommen“, sagt Strommer.
Song-Writing-Camps
Global Rockstar geht nicht nur bei der Finanzierung der Musik neue Wege, sondern auch im Umgang mit den Artists. So werden beispielsweise mit internationalen Künstlern, Songwritern und Produzenten Song-Writing-Camps auf dem Land organisiert, um sich so noch intensiver zu vernetzen und auszutauschen. „Da wird dann eine Woche lang gemeinsam an Songs gearbeitet, gewandert, gekocht und natürlich auch gefeiert“, meint Strommer. Aktuell sind es rund 60 Artists, die ein Teil von Global Rockstar sind und mit denen das Label zusammenarbeitet. Dass das Konzept von Global Rockstar die klassische Form von Musik-Labels komplett ablösen wird, glaubt man in 1040 Wien jedoch nicht. „Traditionelle Music-Labels haben nicht ausgedient, denn sie sind die Eigentümer der weltgrößten Kataloge, die durch den anhaltenden Aufschwung der weltweiten Streaming-Umsätze stark profitieren“, meint Strommer. Das Start-up sieht sich vielmehr als Ergänzung und will weiterwachsen. Ende Mai erweiterte man das Krypto-Portefeuille um Collectible Music NFTs (C-Music NFTs). Damit besteht für Fans die Möglichkeit, limitierte Eigentumsrechte an unveröffentlichten Aufnahmen zu erwerben, die auch nie veröffentlicht werden. „Hierbei handelt es sich um Sammlerstücke, die in Auktionen in Editionen von 1 bis 1000 an Fans verkauft werden“, betont Strommer. Mit diesen C-Music NFTs kann der individuelle Fan dann auf dem Global-Rockstar-Marktplatz handeln – oder auch nicht, je nach Belieben. Um zukünftig noch globaler agieren zu können, kommen neben dem Headquarter in Wien und dem neuen Office in London demnächst Büros in Berlin, Stockholm und New York City dazu. Denn gerockt will schließlich nicht nur in Wien und Österreich werden.