Recruiting

Mit KI die Personalarbeit optimieren

Künstliche Intelligenz
28.03.2024

Rekrutieren mit ChatGPT? Planen mit dem Microsoft Copilot? KI kann Personalisten den Alltag erleichtern. Auch wenn sie noch an ihre Grenzen stößt, lohnt sich die Anwendung.
Ein Roboterfinger zeigt auf ein Passfoto

Ach, wie schön wäre es, eine üppig besetzte Personalabteilung zu haben. Mit mehreren Spezialist*innen, alles Expert*innen auf ihren Gebieten, klare Aufgabenteilung, wenig Stress. Die Wirklichkeit ist anders: HR als Stabsstelle der Unternehmensleitung, oft als One-Man- oder One-Woman-Show, als Wunderwuzzis, die von Employer Branding über Recruiting bis Personalverwaltung alles können sollen. Kann ihnen Künstliche Intelligenz helfen?

Achtung Datenschutz!

Sie kann. Beginnen wir mit dem Platzhirsch ChatGPT (Generative Pre-trained Trasformer), obwohl offen ist, wie lange er das noch bleibt. Für KI-Expertin Barbara Oberrauter-Zabransky genügt zum Start die Gratisversion 3.5: „Mein Tipp: Zu Beginn nicht auf teure Anbieter setzen, erst mit kostenlosen Modellen experimentieren.“ Davor jedoch sollte man die Regeln der DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) wiederholen. Oberstes Gebot: „Niemals personenbezogene Daten hochladen. Man weiß nicht, was damit geschieht!“ Alles Persönliche muss weggelassen werden: Namen, Geburtsdaten, Adressen und Telefonnummern gehören anonymisiert. Am besten vergegenwärtigt man sich ständig, dass sämtliche Daten verwendet werden, um die KI zu trainieren – mit dem eigenen Namen wäre einem das auch nicht recht. Oberrauter-Zabransky erinnert sich an eine frühere Version des AMS-Bots, der plötzlich auffallend stereotype Jobempfehlungen ausspuckte: „Der Bot hatte eine ChatGPT-Schnittstelle und wurde mit vorurteilsbehafteten Datensätzen gefüttert.“ Der Software ist kein Vorwurf zu machen. Sie übernimmt nur Diskriminierungen der realen Welt und gibt sie weiter.

Was KI kann – und was nicht

ChatGPT ist kein Heilmittel gegen den globalen Fachkräftemangel. Was es im Markt nicht gibt, findet auch die KI nicht.  Aber man kann sich von ihr beim Rekrutieren helfen lassen. Durch schlaue Fragen lassen sich ihr neue Zielgruppen entlocken, an die man bisher nicht gedacht hat. Die Ergebnisse sind erfreulich kreativ. Im nächsten Schritt lässt man gleich passende Suchinserate für diese Zielgruppen texten.

Die große Stärke von ChatGPT ist, menschliche Schwächen auszugleichen. In der Personalarbeit heißt das, dass ChatGPT schlüssigere Stellenprofile formulieren kann als so mancher Personalist (die KI denkt an alles), passende Suchinserate für Print und Social Media, jobspezifische Fragen für das Interview, Texte für die Bewerberkommunikation (Einladung, Zu- und Absage) und für den gesamten Mitarbeiterlebenszyklus bis hin zu Exitgespräch und Arbeitszeugnis. Oberrauter-Zabransky verfasste für „Die Wirtschaft“ sog. Prompts, also Arbeitsaufträge an ChatGPT, für typische HR-Anforderungen abdecken (siehe Kasten rechts). Probieren Sie es aus: Qualität und Detailreichtum werden Sie überraschen. Dennoch darf man die KI-Texte nicht ungeprüft übernehmen: „Es sollten immer Menschen drüberlesen“, so Oberrauter-Zabransky.

So mancher wird sich freuen, dass die Ergebnisse automatisch genderneutral formuliert sind. Die KI wurde darauf trainiert. Sie kann sogar bei der Entscheidung zwischen den Top-Kandidaten helfen, jedoch – einmal mehr – dürfen niemals personenbezogene Daten hochgeladen werden. Schon gar nicht ganze Lebensläufe, um den besseren herausfiltern zu lassen: „Keine Namen, keine Daten! Stattdessen beschreibt man die Kandidaten und die eigenen Anforderungen so genau wie möglich.“ ChatGPT wird keine Empfehlung aussprechen (wenn, dann äußerst vorsichtig formuliert), aber Stärken und Schwächen, Pros und Contras der Kandidatinnen und Kandidaten vergleichen: „Am Ende muss ein Mensch die Entscheidung fällen.“

Der schärfste Verfolger

Hat man seinen Perfect Match gefunden, kann ChatGPT gleich den Dienstvertrag entwerfen. Auch hier sollten Firmenjuristen darüberlesen, damit der Vertrag auch vor Gericht Bestand hat. Auch wenn es im Markt schon lange Text- und Vertragsgeneratoren gibt: Eine Erleichterung bietet die KI allemal.

Dem Platzhirsch ChatGPT dicht auf den Fersen ist der Copilot aus dem Hause Microsoft. Auch dieses bezieht seine KI von OpenAI, der Mutterfirma hinter ChatGPT. Lange Zeit fuhr Microsoft die Strategie, möglichst viele seiner neueren Anwendungen, etwa MS 365 (Word, Excel, PowerPoint usw.), Windows 11 oder die nicht rasend beliebte Suchmaschine Bing mit KI-Technologien aufzurüsten. Mit dem Copilot launchte Microsoft eine eigene Stand-Alone-Anwendung, die ChatGPT von Tag zu Tag ähnlicher wird – auch preislich bei den Bezahlangeboten. Einen Vorteil hat der Copilot schon jetzt: Er kann auf das Internet zugreifen, das aktueller ist als die antrainierten Daten. Aktualität steht zwar bei den beschriebenen HR-Anwendungen nicht im Vordergrund, ist aber manchmal praktisch. Oberrauter-Zabransky: „Wenn man etwa ein Konzept für ein Mitarbeiterseminar ausarbeiten lässt. Der Copilot schickt gleich die Hotellinks mit.“

Diese Prompts helfen bei der Personalsuche

Stellenbeschreibung 

"Entwickle eine detaillierte Stellenbeschreibung für eine Position als Digital Marketing Manager/in in einem österreichischen Technologie-Start-up. Die Beschreibung sollte die Rolle klar definieren, einschließlich der Hauptaufgaben, erforderlichen Fähigkeiten, Qualifikationen und der Rolle im Team. Betone die Bedeutung von Kreativität, analytischen Fähigkeiten und Erfahrung mit digitalen Marketing-Tools."

Jobinserat

"Gestalte ein ansprechendes Jobinserat für eine Softwareentwickler/in-Position bei einem innovativen Softwareunternehmen in Wien. Das Inserat sollte potenzielle Bewerber/innen nicht nur über die Rolle informieren, sondern auch die Unternehmenskultur und die angebotenen Vorteile hervorheben, um die besten Talente anzuziehen."

Interviewfragen für Bewerbungsgespräch

"Erstelle eine Liste mit spezifischen Interviewfragen für die Position eines Projektmanagers in einem international tätigen Bauunternehmen. Die Fragen sollten darauf abzielen, sowohl die fachlichen Kenntnisse als auch die Soft Skills der Bewerber/innen zu bewerten, einschließlich ihrer Fähigkeit zur Teamführung und Konfliktlösung."

Unterstützung bei der Entscheidungsfindung zwischen den besten KandidatInnen

"Entwickle einen Leitfaden zur Entscheidungsfindung, der Personalverantwortlichen in einem Wiener Kulturverein hilft, zwischen den zwei besten Kandidat/innen für die Stelle des Kulturmanagers/der Kulturmanagerin zu wählen. Der Leitfaden sollte Kriterien wie kulturelle Passung, langfristiges Potenzial und spezifische Fachkenntnisse umfassen." 

Vertragsentwurf

"Formuliere einen Entwurf für einen Arbeitsvertrag für eine leitende Position in einem Salzburger Hotel. Der Vertrag sollte alle wesentlichen Bestandteile wie Aufgabenbereich, Gehalt, Arbeitszeiten, Urlaubsanspruch und Vertraulichkeitsvereinbarungen beinhalten."

Exit-Interview

"Erarbeite einen Fragenkatalog für ein Exit-Interview mit einem scheidenden Mitarbeiter eines Linzer IT-Unternehmens. Die Fragen sollten darauf abzielen, ehrliches Feedback zur Arbeitsumgebung, zur Führungskultur und zu Verbesserungsmöglichkeiten zu erhalten."

Arbeitszeugnis

"Verfasse eine Vorlage für ein Arbeitszeugnis für eine Mitarbeiterin, die fünf Jahre lang als Grafikdesignerin in einer Grazer Werbeagentur tätig war. Das Zeugnis sollte ihre Kreativität, ihr Engagement und ihren Beitrag zum Erfolg der Agentur spiegeln und dabei die üblichen Formulierungen für Zeugnisse beachten."

Quelle: Barbara Oberrauter-Zabransky, www.ki-academy.at