Logistik & Transport

Logistik am Prüfstand

Logistik
30.09.2024

Für Logistik & Transport haben die meisten Betriebe seit Jahren dieselben Lieferanten, dieselben Partner. Warum sollte man das kritisch hinterfragen? Weil manche Dienstleister die Möglichkeiten der Digitalisierung nicht voll ausschöpfen und so Kosteneinsparungen nicht erzielt werden.
Rohre im Hochregallager

Nehmen wir an, Sie betreiben einen Handwerksbetrieb mit mehreren Niederlassungen. Dass Sie in Ihrer Fertigung immer ausreichend Material im Lager haben, ist die Aufgabe der Beschaffungslogistik. Dass dieses Material dem richtigen Auftrag zugeordnet wird, darum kümmert sich die Produktionslogistik. Dass beschädigte Werkstücke retour gehen und Abfall fachgerecht entsorgt wird, erledigt die Entsorgungslogistik. Dass die gefertigten Arbeiten pünktlich beim Kunden landen, ist der Job der Distributionslogistik. Ob Sie sich nun für jeden dieser vier Bereiche einen eigenen Logistiker leisten (wohl kaum) oder diese Aufgaben kreuz und quer über das Unternehmen verteilen: Ziel ist immer der optimale Material- und Warenfluss.
Den Begriff „logistique“ verwendete übrigens erstmals Napoleon für sein militärisches Nachschubwesen. Je nach Quelle gilt die „6R“- oder „7R“-Regel: das richtige Produkt, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort,in der richtigen Menge, in der richtigen Qualität, zu den richtigen Kosten. Das siebente R bezeichnet den richtigen Kunden: Was hat der falsche Kunde vom richtigen Produkt?

Kosten reduzieren

Doch genug der Theorie. Mit kluger Logistik gewinnt man nicht nur Kriege, es lassen sich auch die Kosten ganz entscheidend reduzieren. Eben deshalb sollten Sie Ihre Logistik- und Transportpartner regelmäßig auf den Prüfstand stellen. Können sie noch leisten, was Sie künftig benötigen? Beginnen wir mit der Problemanalyse:

  • Ihre Lagerstrategie: zentral oder dezentral? Welche Materialien sollen nur im Zentrallager vorrätig sein, welche in unserem Beispiel bei den einzelnen Niederlassungen? Daran hängt auch die Entscheidung, wie groß Ihr Lager sein muss. Egal, wie groß: Mit Sporadien Exoten wollen Sie es nicht blockieren.
  • Schnell sein: Kunden werden immer ungeduldiger. Sie erwarten schnelle und verlässliche Arbeit. Schwierig, wenn Materialien aus Asien kommen.
  • Ein Artikel, viele Hersteller: Dasselbe Werkzeug wird von mehreren Produzenten gefertigt, mal in besserer, mal in schlechterer Qualität, mal zu horrenden Originalpreisen, mal vom Herstellerland subventioniert. Welches nehmen? Ihre Bestellsoftware braucht klare Regeln.
  • Kleinzeug und Spitzfindigkeiten: Kleinmaterialien brauchen Sie oft und in vielen Varianten. Trotz niedriger Stückpreise verursachen große Bestände hohe Kosten. Oder die verflixten Packungseinheiten: Manches gibt es nur paarweise, andere nur in Großpackungen. Ihr System muss solche Details anzeigen und unnötige Kosten nach Möglichkeit vermeiden.
  • Bedarfsschwankungen: Ihre Niederlassung am Land benötigt andere Materialien und Werkzeuge als die in der Stadt. Im Sommer andere, als im Winter. Dennoch brauchen Sie alles gleich schnell und gleich verlässlich. Kann ihr Lieferant das?

Excel löst die Aufgabe nicht

Hier setzt Logistiksoftware an. Sie hilft beim Auswählen des richtigen Teils, leitet die Bestellung weiter, errechnet Absatzprognosen, plant Reserven ein. Aber: Die beste Software hilft Ihnen nichts, wenn die Schnittstelle zu Ihren Zulieferern nicht funktioniert. Oder wenn diese schlechtere Verfügbarkeiten garantieren als jene, die Sie Ihren Kunden versprochen haben. Was eine Logistiksoftware heute noch können soll:

  • Mit Carriern wie der Post, DHL oder GLS zusammenarbeiten, an deren Tourensystem andocken und deren Touren berücksichtigen. Slot-Management bedeutet, alle Aufträge rechtzeitig für die Abholzeiten der einzelnen Carrier fertigzustellen.
  • Mit verschiedenen Auftragsformen umgehen, etwa Filial- oder Zentralaufträgen, Auslieferungsaufträgen oder Aufträgen von Abholkunden.
  • Multi-Order-Picking beherrschen, also verschiedene Einzelbestellungen zu einer Sammelbestellung zusammenfassen und die entsprechende Routenplanung dahinter legen.
  • Gleich noch ein Fachbegriff: Cross Docking bedeutet, dass Ihr Lieferant die bestellten Artikel für Ihre Kunden vorkommissioniert und direkt liefert. Sie können diese Sendungen nicht prüfen, verrechnen Sie aber weiter. Auch damit muss das System umgehen können.

Jetzt wissen Sie, womit Ihr Logistikpartner umgehen können muss. Bei aller Liebe zur Software: Vergessen Sie nicht auf die Menschen. Beteiligen Sie diejenigen, die später mit dem System arbeiten sollen. Früher scheiterten viele ERP-Systeme kläglich, weil die Mitarbeitenden sie ablehnten. Das soll nicht noch einmal passieren.

Tipp

Lesen Sie zu diesem Thema auch das aktuelle Interview zu Trends in der Logistik mit Sebastian Kummer, Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik an der WU Wien.