EEG

Energiegemeinschaften als Erfolgsmodell

erneuerbare Energie
04.10.2024

Die Druckerei Roser betreibt eine der ersten Erneuerbaren Energiegemeinschaften Österreichs. So kommt sie dem Ziel der Klimaneutralität näher und kann auch Mitarbeiter*innen und Kund*innen Strom zur Verfügung stellen.
Peter Buchegger
Teilt seine Energie: Peter Buchegger, Geschäftsführer der Druckerei Roser in Hallwang bei Salzburg

„Heute muss niemand mehr, der eine Erneuerbare Energiegemeinschaft gründen möchte, den Canossagang machen, den ich gemacht habe“, sagt Peter Buchegger, Geschäftsführer der Druckerei Roser in Hallwang bei Salzburg. Buchegger gründete die erste privatwirtschaftlich initiierte Erneuerbare Energiegemeinschaft (EEG) Österreichs. Das ermöglicht ihm, den Strom, den die beiden PV-Anlagen auf dem Druckereidach erzeugen, mit anderen Haushalten und Unternehmen, aber auch Mitarbeitenden, Geschäftspartnern und Kund*innen zu teilen. Die Druckerei wird so im Frühjahr 2025 energieautark sein. Buchegger: „Ich will nicht nur über Nachhaltigkeit reden, sondern die Energiewende mit konkreten Schritten und Investitionen vorantreiben und den Weg zum klimaneutralen Unternehmen konsequent weitergehen.“ Er ist sicher, dass die Druckerei Roser schon jetzt das nachhaltigste Druckereiunternehmen Europas ist und verweist auf zahlreiche Umwelt-Zertifizierungen, darunter etwa das Österreichische Umweltzeichen, das EU-Eco-Label, FSC und PEFC.

Noch während das Konzept für EEGs auf EU-Ebene entwickelt wurde, bereitete Buchegger die Gründung einer solchen vor. Damals gab es nur sehr vage Informationen, wie eine EEG in Zukunft aussehen könnte. Dennoch faszinierte ihn die Idee so sehr, dass er sich frühzeitig dahinterklemmte. Dank Kontakten nach Brüssel war er über die Entwicklungen gut informiert und schließlich bereit, als im Juli 2021 das Gesetz in Kraft trat, das EEGs in Österreich möglich machte.

Was ist eine Energiegemeinschaft (EEG)?

Bei einer EEG schließen sich mindestens zwei Teilnehmende etwa zu einer Genossenschaft, GmbH oder wie im Fall der Druckerei Roser zu einem Verein zusammen, um Energie aus erneuerbaren Quellen zu teilen. Die EEG-Mitglieder können einander so sauberen Strom verkaufen oder schenken. Der Strom wird über bestehende Netze transportiert. Es können sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen oder Gemeinden EEGs gründen oder beitreten.

Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) hat das viele Vorteile: Sie können überschüssigen Strom mit Partnern, Kunden, Nachbar*innen und Mitarbeitenden teilen. Viele Unternehmen, so auch Roser, benötigen am Wochenende kaum Strom. Anstatt den durch die PV-Anlage dennoch erzeugten Strom für derzeit niedrige Einspeisetarife an die Netzanbieter zu verkaufen, können sie ihn innerhalb einer EEG beispielsweise als Benefit zu günstigen Tarifen an Mitarbeiter*innen verkaufen oder auch verschenken, wobei hier steuerlich Vorsicht geboten ist. Buchegger: „Wenn Sie Mitarbeitern solche Bonifikationen geben, kann es sein, dass sie dafür Lohnsteuer zahlen müssen.“ Deshalb bietet er den Strom an seinen E-Auto-Ladestationen zu einem fast marktüblichen Preis an.

Positive Wirkung

E-Bikes können von Mitarbeitenden sogar gratis aufgeladen werden. Das wird eifrig genutzt. Buchegger: „Wenn jemand mit dem E-Bike kommt, kann er es in der Früh anstecken und fährt am Abend mit vollem Akku wieder nach Hause. Das biete ich an, ob die Sonne scheint oder nicht.“ Bucheggers wichtigster Antrieb für das alles ist die positive Wirksamkeit: „Wenn ich damit auch nur ein oder zwei motiviere, aufs Fahrrad zu steigen und Bewegung zu machen, habe ich schon wieder ein bisschen was Positives für die Gesellschaft getan.“ Er fühlt sich auch der Generation seiner Tochter verpflichtet und will der Nachwelt zeigen, dass nicht alles schlecht ist, was seine Generation macht: „Ich möchte meiner Tochter mit ruhigem Gewissen in die Augen schauen und hoffe, sie ist stolz auf ihren Papa.“

Derzeit hat die EEG sieben Mitglieder – neben der Druckerei vor allem Privathaushalte aus der Nachbarschaft. Weil es bisher noch kein vertrauenswürdiges Abrechnungssystem gab, hat Peter Buchegger den Strom an die anderen EEG-Mitglieder verschenkt: „Wenn ich im Hintergrund mit handelsrechtlichen Unternehmungen zu tun habe, muss die Abrechnung auf Heller und Cent stimmen.“ Ab Anfang 2025 nutzt die EEG ein vollautomatisiertes App-basiertes Abrechnungstool der Salzburg AG, an dessen Entstehung Buchegger als Pilotkunde mitgewirkt hat: „Ich habe das Vertrauen, dass das neue Tool auch einer Steuerprüfung jederzeit standhält.“

Strom für die Nachbarschaft

Dann ist auch eine Vergrößerung der EEG geplant: „Ich habe heute zirka 40 Nachbarn in der Pipeline, die nur darauf warten, dass ich ihnen sage: Jetzt könnt ihr beitreten.“ Darunter seien auch Mitarbeiter*innen. Drei weitere Energieerzeuger steigen im Jänner und Februar ein – mit insgesamt 450 Kilowattpeak, die zu den eigenen 150 dazukommen. Damit ist die Druckerei beim Strombedarf zu 100 Prozent autark und klimaneutral und Buchegger seiner Vision eines klimaneutralen Unternehmens einen Riesenschritt näher: „Vor drei Jahren wurde ich noch ausgelacht für die Aussage, dass ich die Druckerei vollkommen energieautark machen möchte.“ Das Einzige, was ihm dann noch fehlt, ist ein klimaneutrales Heizsystem: „Das ist dem Gewerbegebiet in Hallwang geschuldet, da es hier nur Gas gibt.“ Noch konnte er keine Mitstreiter für ein Projekt überzeugen, um vom Gas wegzukommen, weshalb er jetzt an einer Insellösung arbeite.

Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil

Die nachhaltige Ausrichtung der Druckerei bringt Buchegger einen Wettbewerbsvorteil. Entgegen dem Trend seiner Branche, die von einem Druckereiensterben geprägt ist, ist sein Unternehmen in den letzten drei Jahren jährlich um zwei bis drei Prozent gewachsen: „Einen guten Teil dieses Wachstums konnte ich aus der Grünstellung des Unternehmens lukrieren.“ Besonders die Energiegemeinschaft sorgte für viel Resonanz am Markt.

Wer heute eine Energiegemeinschaft gründen will, hat es viel einfacher als Peter Buchegger, für den die Gründung „harte Knochenarbeit“ war. Umfassende Hilfe, Informationen und Erfahrungswerte bietet die Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften des Klima- und Energiefonds an. Buchegger hofft, dass viele KMU seinem Beispiel folgen, denn er ist noch immer einer von wenigen – konkrete Zahlen dazu werden laut E-Control nicht erhoben: „Wenn ich einige Unternehmen überzeugen könnte, auch eine Energiegemeinschaft zu gründen, unabhängig davon, ob das der Bäcker um die Ecke oder der Riesenkonzern ist, wäre ich sehr froh.“

So gründet man eine Energiegeminschaft (EEG)

Österreich ist europäischer Vorreiter bei Energiegemeinschaften. Während hier schon rund 2000 Energiegemeinschaften arbeiten, hat z.B. Deutschland noch nicht einmal ein entsprechendes Gesetz. Doch wie gründet man eine EEG?

1. Grundsatzfragen klären: Was ist das Ziel der EEG? Sind neue Erzeugungslagen nötig und möglich? Wer macht mit? Passen Stromerzeugung und -verbrauch zusammen? Welche Art der Energiegemeinschaft soll es werden (neben der regionalen EEG sind auch die lokale EG und die österreichweite BEG möglich)?

2. Nehmen Sie Kontakt mit dem Netzbetreiber auf. Er kümmert sich um Installation und Inbetriebnahme von Smart-Metern, um Verbrauch und Produktion zu messen.

3. Beschließen Sie die Art der Energiegemeinschaft, die Organisationsform (z.B. Verein, Genossenschaft etc.), Abrechnung und Strompreis innerhalb der EEG.

4. Die Gründung der Gesellschaftsform macht die EEG handlungsfähig und kann Dienstleister beauftragen, sie zu unterstützen. Registrieren Sie die EEG als Marktteilnehmerin unter www.ebutilities.at

5. Schließen Sie einen Vertrag mit dem Netzbetreiber ab.

6. Im letzten Schritt erfolgt die Anbindung an die Marktkommunikation. Hier werden die Strommengen der innergemeinschaftlichen Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen übermittelt. Die Daten sind u. a. für die Abrechnung notwendig.

Wertvolle Tipps gibt es auch bei der Österreichischen Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften: https://energiegemeinschaften.gv.at