CEE: Potenziale zwischen Krieg und Inflation
Alle Jahre wieder treffen einander Wissenschaft und Spitzenvertreter der Wirtschaft beim Grow East Congress, um sich zu Entwicklungen und Potenzialen im CEE-Raum auszutauschen. Wenig überraschend hat der Ukraine-Krieg und die daraus resultierenden Folgen in Vorträge und Diskussionen die13. Ausgabe des Events dominiert.
Der Ausblick auf die wirtschaftliche Entwicklung im nächsten Jahr ist unsicher, eine Stagflation ist zu erwarten, so Gunter Deuber, Chefökonom der Raiffeisen Bank International. Viele CEE-Länder haben mit einer Inflation von über 20% zu kämpfen. Diese strukturelle Inflation wird CEE länger begleiten.
Der wirtschaftliche Abschwung spiegelt sich auch auf Konsumentenseite wider, wie Tobias Schediwy, Commercial Director CEE/Consumer Panels & Services beim Marktforschungsunternehmen GfK, ausführte. Die Verbraucherstimmung ist auf einem neuen Rekordtief in Europa, niedriger als in der Pandemie 2020. 40% der CEE-Haushalte haben finanzielle Schwierigkeiten, speziell die hohe Inflation macht ihnen zu schaffen. Die Haushalte reagieren darauf mit Energiesparen, dem Verringern des Außer-Haus-Konsums und dem Kauf von billigeren Produkten. Discounter und Handelsmarken zählen zu den Gewinnern in allen Ländern.
Auf der Unternehmensseite stellen die hohen und stark schwankenden Energie- und Rohstoffpreise, die allgemeine Inflation, Lieferengpässe, geopolitische Konflikten und Arbeitskräftemangel die größten Bedrohungen dar, so Arnold Schuh, Direktor des Competence Center for Emerging Markets & CEE der WU Wien. Die am Kongress vertretenen Unternehmen treibt derzeit die Frage um, wieviel der Kosten durch Preissteigerungen weitergegeben werden kann und wie eine langfristige Kostenkalkulation z.B. im Bauwesen aussehen kann. Kostenmanagement, Effizienzsteigerungen und die Aufrechterhaltung der Liefersicherheit stehen auf der Agenda ganz oben. Mitveranstalter Manfred Berger, Partner von ICONIC Consulting & NEUSICHT Think Tank, hob hervor, dass Unternehmen vor einem Gleichzeitigkeits-Dilemma stehen. Sie müssen kurzfristigen Herausforderungen meistern und gleichzeitig die langfristigen, strategischen Fragen im Fokus behalten. Dabei sind Innovationen ein Kernelement im Krisenmanagement geworden.
Mittelfristig verwies Schuh auf Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie aufgrund eines fünfmal höheren Gaspreises und anderer enorm erhöhter Inputkosten als in den USA. Hier drohen Betriebsschließungen und die Abwanderung der Produktion und neuer Investitionen, was auch die hoch industrialisierten Länder in Mitteleuropa treffen würde. Das Management von multinationalen Unternehmen muss sich in Zukunft stärker mit Geopolitik und mit den wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten in den Ländern und Regionen beschäftigen, um das Risiko von Fehlinvestitionen und Verlusten von Märkten und Bezugsquellen im akzeptablen Rahmen zu halten, so Schuh.
Lichtblicke sind die EU-Zuschüssen und Darlehen im NextGenerationEU & Wiederaufbaufonds sowie Initiativen wie die EU Wasserstoff-Strategie, der EU Green Deal und REPowerEU, um die negativen Auswirkungen der Krise zu mildern und die EU umweltfreundlicher, digitaler und resilienter zu machen. Rumänien erlebt gerade einen Boom wie in der Mitte der 2000er Jahre laut dem Wirtschaftsdelegierten Gerd Bommer. Während dieses Wachstum derzeit konsumgetrieben ist, gewinnt Rumänien über das vermehrte Transportaufkommen aus der Ukraine heraus, dem möglichen Start der Gasförderung im Schwarzen Meer und den geplanten Investitionen in der Windenergie. Herausragend und inspirierend waren auch die Vorträge, die die schreckliche Situation und das Krisenmanagement in der Ukraine zum Thema hatten. Die Widerstandskraft und Motivation der Unternehmer:innen und Mitarbeiter:innen sind trotz täglicher Rückschläge beeindruckend.