Lernen und netzwerken

Aus- und Weiterbildung
16.02.2023

 
Bei der Aus- und Weiterbildung geht es nicht nur um den Erwerb von Wissen: Die Wahl der Universität beeinflusst auch ­maßgeblich, welche Kontakte man knüpfen kann.
Lernen und netzwerken

Angenommen, Sie haben in jungen Jahren studiert: Welche Ihrer heutigen Freunde haben Sie an Ihrer Uni kennengelernt? Auf welche bewährten Geschäftspartner konnten Sie sich schon bei der Seminararbeit verlassen (und umgekehrt)? Welche Professoren oder Assistenten legten Ihnen die Rutsche für Ihre spätere Laufbahn?
Jetzt kommt die entscheidende Frage: Was in Ihrem Leben wäre anders verlaufen, wenn Sie damals auf eine andere Universität gegangen wären? Vordergründig studieren wir natürlich, um Wissen anzusammeln. Aber nicht nur. Unser Leben bekommt eine andere Richtung, je nachdem, für welche Ausbildungsstätte wir uns entscheiden. Entsprechend wichtig ist die Frage: Wenn Sie nun heute eine Aus-, Fort- oder Weiterbildung machen, wonach wählen Sie Ihre Uni aus?

Für Pragmatische: Das FT-Ranking
Jedes Jahr veröffentlicht die renommierte Financial Times ihr mit Spannung erwartetes Ranking der besten Business-Schools weltweit. Für die ist vorne gereiht zu sein bares Geld wert, gilt das FT-Ranking doch als wesentliche Entscheidungsgrundlage vor allem für Studenten aus Übersee. Daher trommelt jede Uni ihren Rang, so weit hinten er auch liegen mag, in jubelndem Tonfall an ihre Stakeholder – und hofft dabei, dass die den womöglich besseren Vorjahresrang schon vergessen haben.
Nehmen wir etwa das FT-Ranking 2022 für Executive Master of Business Administration (EMBA, www.rankings.ft.com). Platz eins geht an die Kellogg School of Management at Northwestern University/Evanston, Illinois, und deren Kooperation mit der Hongkonger HKUST Business School. Platz zwei geht an die China Europe International Business School (ceibs), die als Partnerschaft zwischen China, der Schweiz und Ghana betriebenen wird. Platz drei – es wird noch komplizierter – geht an die Tsinghua University/Insead, die ihrerseits als Partnerschaft zwischen China, Singapur, Frankreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten geführt wird.  
Können Sie folgen? Stark vereinfacht sind wir Zeuge des Siegeszugs asiatischer Universitäten. Doch wieso ziehen sie an den legendären alten Kaderschmieden vorbei? Die Antwort hat Barbara Stöttinger, Dekanin der heimischen WU Executive Academy (Platz 39). „Das Ranking wird entscheidend von zwei Kriterien beeinflusst: das Durchschnittseinkommen von Absolventen drei Jahre nach Abschluss und seine Steigerung im Vergleich zum Gehalt vor der Ausbildung, umgerechnet in US-Dollar.“ Diese zwei Kriterien bekommen je 20 Prozent Gewichtung, weit mehr als jedes andere. Gehalt ist wichtig, ohne Frage, doch eher für Konzernkrieger als für Unternehmer. Gehaltssteigerungen jenseits von 100 Prozent sind wiederum in Asien zum Unterschied zu Amerika und Europa ganz normal, was den großen Erfolg der asiatischen Unis erklärt. Für Stöttinger verzerrt das die Vergleichbarkeit: „Business-Schools aus Europa und CEE können hier nicht mithalten. Das macht das Bild etwas eindimensional.“
Die weiteren Kriterien: Zehn Prozent bekommt der „Anteil der Publikationen der Vortragenden in den 50 wichtigsten internationalen Journals“, fünf Prozent der „Prozentsatz der Vortragenden mit Doktorat“. „Diese Kriterien beschreiben die Qualität der Forschungsleistung einer Business-School“, erläutert Stöttinger. „Daraus lässt sich auf die Aktualität der Inhalte schließen.“
Je fünf Prozent bekommen „Karrierefortschritt“, gemessen am Senioritätslevel und der Größe der Unternehmen, in denen die Alumni arbeiten; weiters „Berufserfahrung der Alumni“; „Erreichen der für die Ausbildung gesteckten Ziele“; „internationale Vortragende“, „internationale Studierende“, „internationales Advisory Board“ sowie „Anteil der Unterrichtseinheiten in anderen Ländern als dem Standort der Universität“. „Weibliche Vortragende“ und „Weibliche Studierende“ bekommen je vier Prozent Gewichtung, für „Frauen im Advisory Board“ gibt es ein Prozent.
Machen wir hier einen Punkt. Das FT-Ranking hat seine Meriten, doch seine entscheidenden Kriterien sind für heimische Unternehmer Nebensache.

Für High-Flyer: Die Ivy League
Wer träumt nicht heimlich davon: Ein Harvard-Abschluss, der würde schon etwas hermachen! Der Respekt der Konkurrenz und die Ehrfurcht der Mitarbeitenden wären einem sicher. Es muss ja kein Vollstudium sein, ein Zertifikat oder einfach ein Wochenende in der Summerschool tun es auch. Hauptsache, man kann in künftigen Gesprächen ein bescheidenes „Neulich, in Harvard …“ fallen lassen.
Egal, was das FT-Ranking sagt – beim EMBA ist Harvard nicht gelistet, beim MBA ex-aequo mit der französisch-singapurischen Insead auf Platz drei –, Harvard spielt ganz oben bei den magischen „Ancient Eight“ vulgo Ivy League mit. Zu der zählen (in alphabetischer Reihenfolge): die Brown University in Providence/Rhode Island, die Columbia University in New York City/NY, die Cornell University in Ithaca/NY, das Dartmouth College in Hanover/New Hampshire, eben die Harvard University in Cambridge/Massachusetts, die University of Pennsylvania in Philadelphia/Pennsylvania, die Princeton University in Princeton/New Jersey und die Yale University in New Haven/Connecticut.
Harvards Stern leuchtet am hellsten: Dort habe man, so heißt es, die beste Lobby, daher das meiste Geld und folgerichtig entstünden dort die besten Kontakte, wofür auch immer. Studieren in Harvard habe maximalen Praxisbezug. Teamarbeiten mit Kommilitonen aus 90 Nationen ziehe eine sagenhafte globale Vernetzung nach sich. Gleich daneben in Boston liegt das techniklastige MIT, dort lassen sich zusätzlich fruchtbare Kontakte knüpfen. Zuletzt soll Harvard auch die meisten Nobelpreisträger hervorgebracht haben, falls das ein Kriterium für Sie ist. Jede der „Ancient Eight“ hat ihr eigenes unverwechselbares Profil. Yale etwa liegt nahe New York City und wird neben seiner Wirtschafts- auch für seine juristische Ausbildung gerühmt. Wessen Fokus auf diesem Ort oder Fach liegt, ist dort richtig.
Eine berühmte Uni fehlt: Die Stanford University in Kalifornien gilt als Kaderschiede von Google und Facebook, pardon: Meta. Dort zu studieren lässt sich super mit Exkursionen ins Silicon Valley kombinieren, wo man die eine oder andere Kooperation mit Tech-Start-ups einfädeln kann. Wer solche hochfliegenden Träume wahrmachen will, sollte allerdings einiges an Kapital mitbringen. Harvard etwa empfiehlt, pro Studienjahr rund 110.000 US-Dollar einzuplanen. Kurzprogramme sind ein wenig billiger.

Für Mehrwert-Optimierer: Der Kundenfokus
Gehen wir die Entscheidung ganz anders an. Haben wir in den vergangenen Jahren nicht rauf- und runtergebetet, den Kunden ins Zentrum aller Überlegungen zu stellen? Das gesamte Unternehmen um ihn herum zu bauen? Das muss dann auch für die Wahl der Aus-, Weiter- oder Fortbildungsstätte gelten. Sinngemäß: Studieren Sie dort, wo es Ihrem Kunden dient. Entweder ist das eine Uni im Zielmarkt. Wer – Beispiel – nach Spanien exportieren will, ist an der spanischen Iese Business School richtig; wer nach Frankreich will, an der HEC Paris; wen es nach Italien zieht, für den ist die Mailänder SDA Bocconi richtig. In einem Aufwaschen lernt man dort auch die lokalen rechtlichen Rahmenbedingungen für sein Business kennen und rekrutiert künftige Mitarbeiter.
Oder, und das ist die zweite Möglichkeit, wenn man etwa von einem heimischen Schlüsselkunden weiß, dass er einen bestimmten Markt aufrollen will, ist man mit einem Studium ebendort einen Schritt voraus und präsentiert sich ihm als idealer Partner.
Dritte Möglichkeit: Sie studieren dort, wo auch Ihre Zielkunden sich weiterbilden. An der heimischen WU Executive Academy etwa büffeln überdurchschnittlich viele Manager aus CEE. Auch wenn manche Unis die Info nicht sofort herausrücken, alle führen Listen über die Herkunftsländer ihrer Studierenden. Schon winken Kontakte in Ihrem Wunschmarkt – neue Freunde fürs Leben ohnehin.