„Die Förderung von Vielfalt ist eine wirtschaftliche Notwendigkeit“
Die Österreicherin Elke Steinegger ist eine international erfolgreiche IT-Managerin und Führungskraft. Im Interview spricht sie über ihren Werdegang, die großen IT-Herausforderungen für Unternehmen, wie KI das Business nachhaltig verändert – und was sie gerne früher gewusst hätte.

Die Wirtschaft: Frau Steinegger: Sie haben eine beeindruckende Karriere in einer Branche gemacht, in der Frauen immer noch unterrepräsentiert sind. Welche Erfahrungen haben Sie als weibliche Führungskraft in der IT-Branche gemacht? Hat sich die Situation in den letzten Jahrzehnten spürbar verändert?
Elke Steinegger: Nach über 30 Jahren in der IT-Branche kann ich mit voller Überzeugung sagen, dass sich Investitionen in die Förderung von Frauen und Vielfalt in Euro und Cent auszahlen. Die Förderung von Frauen in der Technologiebranche und ähnliche Maßnahmen haben nichts mit Idealismus oder Romantik zu tun. Es sind wirtschaftliche Notwendigkeiten, die in einer globalisierten Wirtschaftswelt immer wichtiger werden. Das Bewusstsein für die Vorteile ist heute viel größer und die Maßnahmen sind viel proaktiver, um nicht nur Frauen, sondern auch andere unterrepräsentierte Gruppen in die Technologiebranche zu bringen.
Unternehmen stehen heute mehr denn je vor der Herausforderung, ihre Daten zu schützen. Welche technologischen Entwicklungen sind hier besonders vielversprechend und wo sehen Sie noch große Risiken?
Der Datenschutz ist heute breiter definiert und Unternehmen müssen ihre Datenschutzstrategien angesichts einer sich ständig weiterentwickelnden und wachsenden Bedrohungslandschaft regelmäßig neu bewerten. Um ein cyber-resilientes Unternehmen zu schaffen, sollten Unternehmen mehrere technische Entwicklungen, die den Datenschutz verbessern, in Betracht ziehen:
Backups sind ein entscheidendes Element, aber bei weitem nicht ausreichend. Nur die Implementierung fortschrittlicher Datenschutzfunktionen hilft Unternehmen, besser auf Ransomware und andere Datenverlustvorfälle vorbereitet zu sein und sich schnell davon zu erholen. Nur ein unveränderliches und nicht löschbares Backup stellt sicher, dass Datenkopien nicht geändert, verschlüsselt oder gelöscht werden können.
Eine verbesserte Risikominderung unterstützt eine resiliente Architektur: Unternehmen benötigen ein unveränderliches und nicht löschbares Backup, das sicherstellt, dass Datenkopien nicht geändert, verschlüsselt oder gelöscht werden können.
Eines der schwächsten Glieder – und damit ein Risiko – neben der Technologie und Prozessen bleibt der Mensch.
Elke Steinegger
Was ist noch wichtig?
Ebenso wichtig ist die Fähigkeit, Daten so schnell wie möglich wiederherzustellen. Leistungsstarke Flash-basierte Speicherlösungen erhöhen die Geschwindigkeit der Datenwiederherstellung erheblich. Unternehmen können ihre Systeme so innerhalb von Stunden – statt Wochen – wiederherstellen und den Geschäftsbetrieb mit minimalen Auswirkungen wiederaufnehmen.
Service Level Agreements (SLAs) für die Wiederherstellung nach Ransomware-Angriffen sollten eine saubere, betriebsbereite Speicherumgebung innerhalb von Stunden nach einem Vorfall garantieren. Die schnelle Wiederherstellung kritischer Dienste ist heute zwingend erforderlich, insbesondere in regulierten Branchen. Kürzlich ist die DORA-Verordnung (Digital Operational Resilience Act) der EU in Kraft getreten. Diese fordert im Katastrophenfall die Wiederherstellung kritischer Bankensysteme in weniger als zwei Stunden. Mit herkömmlichen Datensicherungslösungen, die nicht für eine schnelle Wiederherstellung ausgelegt sind, ist dies kaum zu bewerkstelligen.
Eines der schwächsten Glieder – und damit ein Risiko – neben der Technologie und Prozessen bleibt jedoch der Mensch. Unternehmen müssen ihre Mitarbeiter weiter und immer tiefer schulen, dies ist ja mittlerweile in vielen Branchen nicht nur Praxis, sondern auch regulatorisch Pflicht.
Wie schätzen Sie die aktuellen Entwicklungen rund um das Thema Künstliche Intelligenz ein? Erleben wir hier einen nachhaltigen Wandel? Und welche Rolle spielen dabei moderne Speicherlösungen, etwa im Hinblick auf die riesigen Datenmengen, die KI-Systeme verarbeiten müssen?
Die KI-Landschaft entwickelt sich mit extrem hoher Geschwindigkeit. Die Fortschritte bei der Rechenleistung von Chips, die Frage des Energieverbrauchs und der Bedarf an neuen Lösungen bedeuten, dass wir auch weiterhin eine zunehmende Verbreitung von KI erleben werden. Allerdings sind Unternehmen bei der Entscheidung, welche Projekte grünes Licht erhalten, realistischer geworden. Um eine KI-Initiative mit geschäftlichen Auswirkungen umzusetzen, sind hier drei Überlegungen erfolgsentscheidend:
- Speicher- und Rechenressourcen sind für KI-Initiativen von zentraler Bedeutung. Um die Kapitalrendite zu maximieren, ist es wichtig, dass diese Ressourcen voll ausgeschöpft werden. Es ist besser, die Möglichkeit zu haben, nach oben und unten zu skalieren, um die Kosten unter Kontrolle zu halten und langfristigen Wert zu schaffen.
- Es gilt, den Umfang und die Größenordnung zu berücksichtigen und ob sich diese wahrscheinlich ändern werden. Unternehmen müssen in der Lage sein, zu skalieren, ohne Rechenressourcen wegwerfen und von vorne anfangen zu müssen. Da KI von Daten abhängig ist, ist eines der wichtigsten Merkmale, um diese Unsicherheit zu überwinden, ein „Storage as a Service“-Modell, das es Unternehmen ermöglicht, sehr schnell auf sich ändernde Workloads zu reagieren.
- Unternehmen werden Zuverlässigkeit und 100-prozentige Verfügbarkeit anstreben. Diese können nicht auf schwachen Fundamenten aufgebaut werden, daher sollten sie nach Anbietern suchen, die ein Höchstmaß an Zuverlässigkeit bieten.
Die Diskussion über Nachhaltigkeit und Energieverbrauch in der IT-Branche nimmt stetig zu. Wie sieht Pure Storage die Zukunft von Rechenzentren? Welche Strategien gibt es, um sie effizienter und nachhaltiger zu gestalten?
Die Energiekosten von Rechenzentren sind hoch und steigen weiter an, wobei die KI-Verarbeitung sie auf ein noch nie dagewesenes Niveau treiben wird. Die für die Aufrechterhaltung der KI erforderliche Rechenleistung verdoppelt sich laut dem Weltwirtschaftsforum etwa alle 100 Tage. Hinzu kommt der geschätzte weltweite Stromverbrauch von Rechenzentren von ein bis zwei Prozent, wobei die Datenspeicherung 20 bis 25 Prozent davon verbraucht. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) wird sich der Stromverbrauch von Rechenzentren bis 2026 im Vergleich zu 2022 verdoppeln.
Unternehmen sollten Impact Accounting nutzen, um die breiteren Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit als Bilanzposten auszuweisen. Impact Accounting versucht, die Aspekte von Geschäftsaktivitäten zu quantifizieren, die über Gewinn und Verlust hinausgehen, und umfassendere ökologische und soziale Auswirkungen zu berücksichtigen. Es umfasst die breiteren Kosten für den Erwerb, die Herstellung, die Nutzung und die Entsorgung von Geräten.
Unternehmen müssen ihre Prioritäten überdenken und in Forschung und Entwicklung investieren, um Innovationen voranzutreiben, die die Effizienz und Nachhaltigkeit steigern. Sie müssen Verbrauchern und Mitarbeitern helfen, die langfristigen Kosten und Folgen ihrer Entscheidungen zu verstehen. Außerdem müssen sie Ressourcen optimieren, Ineffizienzen erkennen und Verschwendung beseitigen.
Bereits kleine, messbare Schritte können heute einen Unterschied machen und gleichzeitig die Resilienz stärken und den Grundstein für eine nachhaltige Zukunft legen.
Sie sind für den deutschen und österreichischen Markt zuständig. Was ist Ihr aktueller Schwerpunkt in diesen Märkten und wie unterscheidet sich der deutschsprachige Raum von anderen Regionen?
Es wird spannend sein, zu beobachten, wie sich die 500 Milliarden Euro Sondervermögen für Infrastruktur und Verteidigung auf den IT-Sektor in Deutschland auswirken werden. Dies könnte möglicherweise Impulse für Großprojekte geben.
Es gibt mehrere Trends, die die IT-Landschaft in Deutschland und Österreich weiterhin prägen werden: Wir sehen definitiv ein wachsendes Interesse an KI; Datenschutz spielt hier eine viel größere Rolle, was die Trainings- und Einsatzmöglichkeiten für KI einschränkt; es gibt immer strengere Anforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit und Energieeffizienz; hinzukommen hohe Energiekosten, die sich auf den zunehmenden Einsatz von KI auswirken; Risikokapital ist in unserer Region nach wie vor knapp, sodass wirklich groß angelegte Entwicklungen, die mit finanziellen Risiken verbunden sind, selten sind; und schließlich werden unsere Märkte von mittelständischen Unternehmen dominiert, die es im Wettlauf mit den globalen Technologie-Giganten nicht leicht haben.
Zudem nimmt die KI-Einführung in den Industriesektoren zu, in denen Österreich und Deutschland traditionell stark sind – nämlich im Maschinenbau und in der Automatisierung. Wachstumschancen könnten sich durchaus ergeben, wenn es uns gelingt, die Digitalisierung im Allgemeinen und die KI im Besonderen weiter voranzutreiben, beispielsweise im Bereich der Robotik. Ich sehe darin einen großen Vorteil gegenüber Ländern, die nur wenige traditionelle Industrieunternehmen haben.
In letzter Zeit beobachten wir auch eine zunehmende Skepsis, wenn es um die Verarbeitung und Speicherung von Daten in der Public Cloud geht. Politische Unsicherheit und die teilweise schwer abschätzbaren Kosten bei manchen Anbietern führen dazu, dass Unternehmen vermehrt einen schrittweisen Rückzug aus Public Clouds in Betracht ziehen und souveräne Cloudumgebungen werden an Bedeutung gewinnen.
In Österreich hat im März eine neue Regierung ihre Arbeit aufgenommen, in Deutschland wird sich die neue Regierung in einigen Wochen konstituieren. Die neuen Regierungen haben vor, neue Wirtschaftspläne umzusetzen. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich die Unternehmen darauf einstellen werden.
Sie sind seit den 1990er Jahren in der IT tätig. Welcher technologische Wandel hat Sie am meisten geprägt? Gibt es Entwicklungen, die Sie besonders überrascht haben?
Vom Hosting zu Cloud-Technologien war mit Sicherheit ein intensiver und spannender Wandel, die Digitalisierung in Verbindung mit KI für mich tatsächlich prägend, überrascht dabei hat mich, wie schnell sich die anfänglich große Skepsis durch die Dynamik gelegt hat. Das hat mich gerade im deutschsprachigen Raum sehr positiv überrascht.
Mit welchen technologischen oder wirtschaftlichen Herausforderungen rechnen Sie in den kommenden Jahren speziell für Unternehmen, die auf IT-Infrastrukturen angewiesen sind? Und wo sehen Sie die größten Chancen?
Wir können davon ausgehen, dass KI weiterhin die Nachfrage dominieren wird. Unternehmen werden jedoch bei den KI-Projekten, für die sie grünes Licht geben, selektiver vorgehen und nicht in der Lage sein, Investitionen in neue Ausgaben zu rechtfertigen, wenn bestehende KI- oder GenAI-Projekte noch nicht die versprochenen Vorteile gebracht haben.
Energieeffizienz wird eine große Herausforderung bleiben, insbesondere da KI zu einer stärkeren Nutzung von Rechenressourcen führt, was sich negativ auf die Energieeinsparungsziele auswirkt. Um die Auswirkungen der Nachhaltigkeit zu verdeutlichen, wird die Folgenabschätzung auf Führungsebene an Bedeutung gewinnen.
Nationale Anforderungen an den Betrieb von Rechenzentren und Clouds im Inland werden auch Fragen zur Energieversorgung dieser Ressourcen aufwerfen, da auch für Industrie und Privathaushalte ausreichend Strom zur Verfügung stehen muss. Ein weiterer Faktor sind regulatorische Maßnahmen wie DORA und die Tatsache, dass die Cloud nicht unbedingt wirtschaftlicher ist als die On-Premises-Lösung. Daher könnte die Nachfrage nach der Cloud im Laufe dieses Jahres ihren Höhepunkt erreicht haben.
Aus technischer Sicht wurden seit der Übernahme von VMware durch Broadcom Alternativen untersucht. In diesem Jahr wird sich zeigen, ob die Containerisierung die Anforderungen der Unternehmen vollständig erfüllen kann oder ob sie bei der bewährten Virtualisierung bleiben werden, wenn auch zu deutlich ungünstigeren Bedingungen.
Welchen Rat würden Sie jungen Menschen geben, die eine Karriere in der IT-Branche anstreben – insbesondere in Führungspositionen? Gibt es etwas, von dem Sie sich wünschen, Sie hätten es früher gewusst?
Die Technologiebranche ist ein attraktives Arbeitsfeld. Sie ist so schnelllebig und aufregend, dass keine zwei Wochen gleich sind. Junge Menschen, die eine anspruchsvolle, interessante Karriere anstreben, sollten sich in der IT-Branche engagieren. Indem sie jede Gelegenheit ergreifen und ihre Erfahrungen erweitern, werden sie vorankommen.
Ich hätte allerdings gerne früher gewusst, wie breit und vielschichtig diese Branche ist und wäre dann in der ein oder anderen Rolle nicht so lange “verharrt”, um andere und neue Perspektiven zu bekommen und Erfahrungen zu machen.
Sie sind in Österreich aufgewachsen und leiten heute die Geschäfte eines internationalen Unternehmens für Deutschland und Österreich. Inwiefern hat Ihr Hintergrund Ihre berufliche Laufbahn beeinflusst? Gibt es bestimmte Werte oder Erfahrungen aus Ihrem Heimatland, die Sie in Ihre Führungsrolle einbringen?
Österreich liegt für mich im Herzen von Europa und ist kulturell wie auch historisch offen und aufgeschlossen, ich verstehe das auch als divers und inklusiv, also verbindend. Auch die Kunst der Diplomatie wird den Österreichern ja spätestens seit Metternichs Zeiten und dem Wiener Kongress nachgesagt. Die damit einhergehenden Werte wie zum Beispiel Respekt, Verständnis und offene Kommunikation sind mir nicht nur in meiner Führungsrolle sehr wichtig, sondern auch in der Zusammenarbeit mit Kunden und Partnern.
Vielen Dank für das Interview!
Zur Person

Nur wenige international erfolgreiche IT-Unternehmen werden von Frauen aus Österreich geleitet. Elke Steinegger ist eine von ihnen. Seit zwei Jahren ist sie beim weltweit aktiven IT-Anbieter Pure Storage sowohl für Österreich als auch für Deutschland verantwortlich. In Österreich setzen Unternehmen verschiedenster Größe und Ausrichtung auf die modernen Speicherlösungen von Pure Storage. Dazu gehören Großunternehmen wie REWE, Industrieunternehmen wie Kremsmüller und Spezialisten wie Münze Österreich. Weltweit gehören Meta, die NASA und O2 zu den bekanntesten Kunden.
Die gebürtige Österreicherin Elke Steinegger ist eine erfahrene IT-Führungskraft, die seit vielen Jahren international arbeitet. Vor ihrer Tätigkeit bei Pure Storage war sie in leitenden Positionen bei CommVault, Sopra Steria, Tieto, Fujitsu Technology Solutions und Siemens Business Services tätig. Im Jahr 1985 schloss sie an der Höheren Technischen Bundeslehranstalt ihr Studium als Elektroingenieurin ab.