Analyse
Was tun gegen Fachkräftemangel?
Obwohl die Erwerbslosigkeit steigt, bleibt der Fachkräftemangel in Österreich ein großes Problem. Besonders stark betroffen sind der Bereich der öffentlichen Sicherheit sowie Krankenhäuser. In diesen Sektoren liegt der sogenannte AOV-Indikator (Arbeitslose-Offene-Stellen-Verhältnis) bei alarmierenden Werten von 0,7 bzw. 0,8. Das bedeutet, dass auf eine offene Stelle nur 0,7 bzw. 0,8 Arbeitslose kommen, was auf einen massiven Mangel hinweist.
Lösungsvorschläge: Das Maßnahmen-Pentagon
Um der Situation entgegenzuwirken, stellte TTI das sogenannte „Maßnahmen-Pentagon“ vor, das sich auf fünf zentrale Handlungsfelder fokussiert: Arbeitszeit, Beschäftigung, Produktivität, Löhne und Struktur. Laut Markus Archan, Geschäftsführer von TTI Austria, ist es wichtig, Maßnahmen wie flexiblere Arbeitszeiten, eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters und die stärkere Förderung von Vollzeitarbeit umzusetzen. Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften spielt eine Schlüsselrolle, doch die Realisierung scheitert oft an politischen und wirtschaftlichen Hürden. Eine Verbesserung der Integration durch einfachere Arbeitsgenehmigungsverfahren und schnellere Nostrifizierungen ausländischer Qualifikationen ist ebenfalls Teil der vorgeschlagenen Lösungen. Weitere Maßnahmen betreffen die verstärkte Nutzung der Zeitarbeit, die als Brücke zu langfristigen Beschäftigungen dient.
Der AOV-Indikator als Maßstab
Um den Fachkräftemangel objektiv vergleichen zu können, wird die Anzahl der Arbeitslosen durch die Anzahl der offenen Stellen dividiert. Daraus ergibt sich das AOV = Arbeitslosen-Offene-Stellen-Verhältnis, das bei einem Wert unter zwei einen leichten Fachkräftemangel beschreibt, unter 1,2 einen massiven Fachkräftemangel. Auf der anderen Seite spricht man bei einem AOV von 4 – 6 von einem guten Verhältnis von Arbeitslosen zu verfügbaren Stellen, über 6 gibt es einen Fachkräfteüberschuss.
Innerhalb von Österreich gibt es ein starkes Ost-West-Gefälle. Wien hat mit einem AOV von 6,7 im Juli 2024 einen Fachkräfteüberschuss, gefolgt vom Burgenland, das mit 4,7 ebenfalls im grünen Bereich liegt. Auf der anderen Seite ist die Lage in Vorarlberg, Tirol und Oberösterreich mit Werten zwischen 1,9 und 1,5 wesentlich angespannter. Der größte Mangel an Fachkräften gibt es aktuell in Salzburg mit einem AOV von 1,26 im Juli 2024. Da Österreich eine traditionell geringe Mobilität am Arbeitsmarkt hat, sind diese Zahlen sehr aussagekräftig.
Krankenhäuser können offene Stellen nicht besetzen
Analysiert man das AOV nach Branchen sieht man, dass der Fachkräftemangel sehr ungleich verteilt ist. Auf NACE 3 Level sind es einige Dienstleistungsbranchen, die einen starken Überschuss an Fachkräften haben, wie insbesondere die Erwachsenenbildung, aber auch Werbung mit AOVs von über 8. In diesen Branchen haben die Arbeitgeber die Qual der Wahl. Am anderen Ende der Skala stehen Branchen, die für das Funktionieren der Gesellschaft fundamental sind. Der Bereich „Verteidigung, Justiz, Öffentliche Sicherheit“ hat ein AOV von 0,7, d. h. auch bei einer perfekten Mobilität innerhalb von Österreich könnte die Nachfrage nach Fachkräften nicht gedeckt werden. Ähnlich ist der AOV nur noch bei Krankenhäusern, die auf einen Faktor von 0,8 kommen. „In diesem Bereich sieht man noch die Auswirkungen der Corona-Krise, die zum Exodus vieler Pflegekräfte geführt hat, während die Überalterung der Gesellschaft die Nachfrage nach Fachkräften weiter steigen lässt“ erklärt Frederik Lehner, der Autor der Studie.