Unternehmensführung
Die acht größten Führungsfehler – und wie man sie vermeidet
Das sind die acht häufigsten Führungsfehler
- Management by Känguruh: Große Sprünge bei leerem Beutel
- Management by Robinson: Alle warten auf Freitag
- Management by Darwin: Nur die Starken kommen durch
- Management by Sausage: Alles ist wurscht und jeder gibt seinen Senf dazu
- Management by Schaukelstuhl: immer bewegen, aber nicht vorankommen
- Management by Friedhofsgärtner: Viele Leute unter sich, aber zu keinem besteht richtiger Kontakt
- Management by Zitronenpresse: Mit genügend Druck lässt sich immer noch etwas herauspressen
- Management by T.E.A.M.: (Toll Ein Anderer Machts)
1. Management by Känguru: Große Sprünge bei leerem Beutel
Unabhängig davon, ob es um ambitionierte Wachstumsstrategien und die Eroberung neuer Märkte, die Einführung einer neuen Technologie oder um Fusionen und Übernahmen geht, um möglichst schnell zu wachsen – das (falsche) Prinzip ist immer dasselbe: Führungskräfte haben oft unrealistische Visionen und setzen sich zu hohe Ziele, weil sie ihre eigenen Möglichkeiten, die ihres Teams, ihre Ressourcen und finanziellen Rahmenbedingen völlig überschätzen.
Wie man diesen Managementfehler vermeidet: In diesem Fall kann das bekannte Sprichwort „weniger ist mehr“ zum Ziel führen. Führungskräfte, die kleinere Umsetzungsschritte gehen und gleichzeitig ambitioniert, aber realistisch bleiben, verstehen es besser, Ressourcen richtig einzusetzen, auf Veränderungen schnell zu reagieren und damit mehr zu erreichen, als von vornherein große Sprünge zu wagen. Oft sind es gerade die großen Investments, die dazu führen, dass der „Budget-Beutel“ leer ist, Sie aber gleichzeitig Strategien und Projekte verfolgen, die schon längst überholt sind und sich nicht mehr ändern lassen, weil eben schon so viel investiert wurde.
Experimentieren und testen Sie und bleiben Sie flexibel – mit clever ausgewählten Pilot-Projekten ist schon so mancher erfolgreich ans Ziel gekommen. Rapid Prototyping heißt das Zauberwort. Beobachten Sie Veränderungen am Markt genau und bleiben Sie auch bei kleinen Budgets stets offen für kreative und innovative Wege.
2. Management by Robinson: Alle warten auf Freitag
Bereits am Sonntagnachmittag überkommt uns ein eigentümliches Gefühl, dass die neue Woche kurz bevorsteht. Montagmorgen ist die reinste Qual und von hier weg versuchen wir uns durch die Woche zu retten, bis es endlich wieder Freitag wird („TGI Friday“). Unzählige Welthits widmen sich genau diesem Phänomen: "Manic Monday" von The Bangles etwa ist ein Hit aus den 80er Jahren, in dem die Band den Montagmorgen Blues besingt und sich darüber beklagt, dass das Wochenende zu kurz war. Oder aber "Friday I'm in Love" - ein Song von The Cure, der die Vorfreude auf das Wochenende und die Sehnsucht nach Freiheit von der Arbeit besingt. Das Problem: Anstatt sich den Spaß und den Sinn an der eigenen Tätigkeit (wieder) zurückzuholen, indem man sich die Rahmenbedingungen im aktuellen Job so zu gestalten, dass man wieder Freude an der Arbeit hat, oder sich einer beruflichen Herausforderung zu widmen, für die man wirklich brennt, verharren viele in Schockstarre und leben nur für das Wochenende.
Wie man diesen Managementfehler vermeidet:durch Perspektivenwechsel. Fühlen wir uns einmal unwohl, dann sind wir alle sehr empfänglich für Dinge, die auch nicht so gut laufen – dabei übersehen wir aber die vielen positiven Dinge um uns herum. Vielleicht sind wir aber nur erschöpft, übermüdet oder unterfordert, alles Gründe, sich aufs Wochenende zu freuen. Genau jetzt ist der richtige Moment, um sich selbst zu fragen, woran das liegt. Welche Rahmenbedingungen oder Anforderungen sind es, die mein Unbehagen auslösen? Sind es eventuell Kollegen, die eigene Führungskraft oder die Aufgaben selbst? Wenn Sie hier mehr Klarheit in Ihr diffuses Gefühl bringen, ist es deutlich leichter, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um den aktuellen Zustand für sich selbst oder für Ihre Mitarbeiter zu verändern. Menschen wollen vor allem für ihre Arbeit anerkannt werden und stärkenorientiert eingesetzt sein. Feedback, Lob oder Anerkennung für gelungene Arbeit, Aufgabenverteilung im Team nach Kompetenzen und nicht nach Funktionsbeschreibungen trägt oftmals sehr zur Wertschätzung jedes Einzelnen bei und stellt sicher, dass Menschen nicht über- oder unterfordert sind. Ebenso kann es helfen, sich gemeinsam im Team der Frage zu stellen, wie die Arbeitswoche, der Tätigkeitsbereich oder der Arbeitsplatz gestaltet sein muss, um sich wohlzufühlen. Genauso gilt es, den Belastungen, dem Stress oder negativem Druck auf die Spur zu kommen, um aktiv gegensteuern zu können.
3. Management by Darwin: Nur die Starken kommen durch
Auch, wenn wir wissen, dass Darwin bei „survival of the fittest“ nicht unbedingt die Stärksten, sondern jene, die sich am besten anpassen können, gemeint hat – ist dies doch eine recht alltägliche Praxis: Chef*innen, die ihre Mitarbeitenden gegeneinander ausspielen, sich selbst überlassen und die „Sieger“ – unabhängig davon, ob das Ergebnis der Auseinandersetzung gewollt oder im Interesse des Unternehmens ist – befördern und die Verlierer aufs Abstellgleis schieben. Diese Führungskräfte neigen auch dazu, Lob ausschließlich für sich selbst zu verbuchen, Kritik nicht anzunehmen und Fehler elegant auf andere abzuschieben.
Wie man diesen Managementfehler vermeidet:von “EGO” zu “WE-GO”.Wenn ich als Führungskraft daran interessiert bin, meine Mitarbeiter*innen loszuwerden, dann ist das Darwin’sche Prinzip die ideale Anleitung. Wer Rivalität fördert, wird allerdings auf lange Sicht verlieren, denn Mitarbeitende werden in diesem Fall naturgemäß ihren Fokus auf jene Aufgaben und Chancen legen, die dazu beitragen, besser als andere im Team zu erscheinen. Ob das gerade in Zeiten von Fachkräftemangel und Arbeitnehmermarkt eine besonders schlaue Strategie ist, sei dahingestellt. Wenn wir aber von Responsable Leadership sprechen, dann geht vor allem darum, Mitarbeiter*innen aktiv zu fördern und dabei zu unterstützen, sich gemeinsam mit dem Team und der Organisation weiterzuentwickeln. Für moderne Führungskräfte ist es selbstverständlich, dass Menschen unterschiedlich sind, sie unterschiedliche Bedürfnisse und Vorstellungen haben. Deshalb führen sie auch stärkenorientiert und stellen – auch wenn das nur allzu menschlich wäre - persönliche Sympathien (oder Antipathien) hinten an und agieren fair und transparent allen Mitarbeitenden gegenüber. Und sie sind mutig genug, eigene Fehler zuzugeben, sie auch anderen zuzugestehen und diese als Chancen zu sehen, gemeinsam aus ihnen zu lernen.
4. Management by Sausage: Alles ist wurscht und jeder gibt seinen Senf dazu
Das berühmte Prinzip des Italieners Vilfredo Pareto besagt, dass im Schnitt 80% der Aufgaben mit 20% des Gesamtaufwandes erledigt werden können. Das gilt insbesondere dann, wenn es darum geht, von der Theorie in die Praxis, also in die Umsetzung zu kommen: Viele Führungskräfte neigen dazu, noch unbedingt „ihren Senf dazugeben“ – auch, wenn eigentlich schon alles klar ist: Frei nach dem Motto „Es wurde zwar schon alles gesagt, aber noch nicht von allen.“ Zum einen geht es um das Thema Anerkennung und sie setzen sich deshalb bewusst in Szene, zum anderen hat es auch mit Perfektionismus zu tun: Lösungen, die nicht zu 120% wasserdicht sind, sind derartigen Führungskräften von Haus aus ein Dorn im Auge.
Wie man diesen Managementfehler vermeidet: andere glänzen lassen. In sehr vielen Momenten und bei sehr vielen Entscheidungen gibt es – nicht wie in der Mathematik – nur ein Richtig oder Falsch. Der eine hat diese Idee, die andere würde jenen Weg bevorzugen. Und genau das sollten Führungskräfte auch aktiv fördern: Lassen Sie Ihre Mitarbeitenden glänzen und unterstützen Sie sie bei ihren Ideen und der Umsetzung ihrer Projekte – auch wenn Sie es mit großer Sicherheit anders gemacht hätten. Fakt ist:Sie müssen weder das letzte Wort, noch die beste Idee, noch auf alles eine Antwort haben. Nimmt nicht nur Druck raus, sondern fühlt sich auch für alle Beteiligten gut an!
5. Management by Schaukelstuhl: immer bewegen, aber nicht vorankommen
Ein unter Führungskräften auch weitverbreitetes Phänomen ist eine gewisse Form des „Pseudo-Aktionismus“. Diese Menschen sind nachweislich sehr beschäftigt und fallen von einer Aktivität in die nächste, betreiben „Meeting-Hopping“ der besonderen Art. Der Nachteil: hinter ihrem Beschäftigt sein steckt in der Regel entweder eine gewisse Strategielosigkeit, Inkompetenz oder falscher Fokus und schlechtes Prioritäten-Setzen. Das Ergebnis: Sie und ihre Unternehmen treten trotz hohem Arbeitseinsatz und Motivation auf der Stelle, bekommen nichts auf die Straße – Hauptsache alle sind emsig und es wird etwas getan.
Wie man diesen Managementfehler vermeidet: Die richtigen Dinge tun, anstatt die Dinge richtig tun. Oder, um ein berühmtes österreichisches Zitat zu bemühen: Was war meine Leistung? Wir leben noch immer in einer Gesellschaft, die davon geprägt ist, dass Leistung mit physischer Anwesenheit zu tun hat: Nur wer im Büro ist (und alle sehen können, was eine Person tut), leistet auch etwas. Ein Grund, warum gerade Führungskräfte oftmals den Drang verspüren, überall dabei zu sein - zum einen aus Angst, etwas zu verpassen, zum anderen, um zu vermeiden, dass andere denken könnten, sie würden nicht genug leisten. Das Ergebnis: Ganz oft tun wir Dinge, aber eben nicht die richtigen. Für Führungskräfte bedeutet das, dass sie nicht in jedes Detail involviert sein, nicht immer alle Infos zur Verfügung haben müssen. Aber: Sie brauchen den Überblick, das Big Picture, um die (in der Regel komplexen) Zusammenhänge zu verstehen, und wissen, welche Informationen sie wann von wem brauchen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.
6. Management by Friedhofsgärtner: Viele Leute unter sich, aber kein richtiger Kontakt
Ab einer gewissen Management-Ebene ist das Führen großer Teams fixer Bestandteil des Aufgabenspektrums einer Führungskraft. Wie Friedhofsgärtnernde agieren viele jedoch abgekoppelt von den Menschen um sie herum, ohne gelebte Kommunikationsstrukturen und -kanäle in die Organisation, weil sie dem Irrglauben verfallen sind, dass die Kommunikation jetzt Aufgabe von Abteilungsleitern oder Teamleader*innen sei. Der Unterschied zu kleinen, handverlesenen Teams ist die Frage, wie es gelingen kann, trotzdem zu allen einzelnen Mitarbeitenden den Kontakt zu pflegen – und zwar sowohl physisch als auch emotional.
Wie man diesen Managementfehler vermeidet: eine echte Open-Door-Policy pflegen.Vor allem Führungskräfte, die präsent, authentisch und nahbar sind, werden von Mitarbeitern geschätzt und respektiert. Die berühmte offene Tür und ein stets offenes Ohr sind entscheidend, denn sie signalisieren ehrliches Interesse und Offenheit den Menschen in der Organisation gegenüber. Führungskräfte brauchen genau diesen Kontakt zu ihren Teams (und nicht nur zu ihren Direct Reports), denn andernfalls wissen sie nicht, was in der Organisation los ist, was die Kunden möchten oder wie sich der Markt verändert.
Umgekehrt ergibt sich so für die Mitarbeitenden die Möglichkeit, gemeinsam zu wachsen, sich zu entwickeln, Feedback und Wertschätzung zu erhalten. Sich als Führungskraft ins Kammerl zurückzuziehen und an strategischen Themen zu arbeiten, scheint naheliegend, ist aber leider die völlig falsche Strategie. Gerade wenn die Teams sehr groß sind, braucht es Führung, die individuell und situativ ist. Dies ist übrigens auch einer der Megatrends, die Unternehmen und die Gesellschaft gerade erleben: Individualisierung. Um diesem Trend zu begegnen, empfiehlt es sich für Unternehmen daher, kleinere Teams zu formen und auf diese Weise sicherzustellen, dass jeder in der Organisation auch einen Ansprechpartner*in hat. Ein weiterer Vorteil: Durch die so geschaffenen Führungspositionen ergeben sich völlig neue Karrierepfade, was sich wiederum positiv auf das Unternehmen und die Mitarbeiter*innen auswirkt.
7. Management by Zitronenpresse: Mit genügend Druck lässt sich immer noch etwas herauspressen
Willkommen im 21. Jahrhundert und willkommen New Leadership. Leider hängen manche Führungskräfte nach wie vor an hierarchischen Strukturen, klaren Weisungsketten und der Befolgung von festgelegten Arbeitsabläufen fest, anstatt auf Flexibilität, Innovation, Zusammenarbeit und Eigenverantwortlichkeit ihrer Teams zu setzen. Vertrauen ist gut, Kontrolle eindeutig besser. Und so sind sie immer noch der Meinung, dass man mit dem nötigen Druck stets zusätzliche Leistung aus ihren Mitarbeitenden herauspressen könne.
Wie man diesen Managementfehler vermeidet: Kontrolle ist gut, Vertrauen besser. Führungskräfte, die vor allem auf Kontrolle setzen, sind oftmals unsicher oder haben Angst, Fehler zu machen, oder keinen Überblick zu haben. Sie unterliegen dem Irrglauben, dass mit Kontrolle und Druck die meisten Risiken umschifft werden können. Aber das stimmt nicht. Gute Führungskräfte zeichnen sich dadurch aus, dass sie davon überzeugt sind, dass Vertrauen, Transparenz, Mitgestaltungsmöglichkeit und die Übertragung von Verantwortung nicht weniger Macht, sondern – im Gegenteil - mehr Akzeptanz, Begeisterung und Engagement bei ihren Mitarbeitenden bedeutet – und in letzter Konsequenz auch mehr Erfolg für das Unternehmen.
8. Management by T.E.A.M. (engl. TEAM – the easiest assignment for me)
Oder auf Deutsch: Toll, Ein Anderer Machts. Eine Strategie, die zugegebenermaßen nicht nur unter Führungskräften weitverbreitet ist. An sich ist Delegieren eine zentrale Aufgabe von Führungskräften – nur so können sie sich besser auf die strategischen Aufgaben ihrer Rolle konzentrieren. Allerdings kann es zum Problem werden, wenn eine Führungskraft alles delegiert, unzählige Ideen und stets gute Ratschläge für andere parat hat, ohne sich selbst jemals auch aktiv am Geschehen zu beteiligen. Auf diese Weise signalisiert sie ihren Mitarbeiter*innen, dass sie nicht bereit ist, selbst in die Arbeit zu investieren. Diese wiederum haben das Gefühl, dass sie nicht genügend Unterstützung erhalten, was wiederum zu einem Vertrauensverlust bei den Mitarbeiter*innen führt, und das Engagement und die Motivation beeinträchtigt.
Wie man diesen Managementfehler vermeidet: auf jeden einzelnen kommt es an.Nicht selten beschreiben Mitarbeiter eine gute Führungskraft so: Er/Sie ist sich für nichts zu schade. Und genau darum geht es in funktionierenden Teams: ein gemeinsames Ziel zu haben. Dabei hat jedes Teammitglied, auch die Führungskraft, gewisse Aufgaben, die verteilt werden (müssen). Als wenig hilfreich erweisen sich hier Besserwisserei und reflexartige Kommandoausgabe.
Was es braucht, ist die Erkenntnis, dass jeder/jede im Team eine elementare Rolle auf dem gemeinsamen Weg zum Ziel spielt, und das Vertrauen, dass alle am selben Strang ziehen. Diejenigen, die glauben, dass sie allein für den Erfolg verantwortlich sind, wertschätzen nicht, was andere beitragen und werden dadurch das Vertrauen und die Leistungsbereitschaft ihrer Mitarbeiter*innen verlieren. Was sich wiederum als eine Selffulfilling Prophecy herauskristallisiert: Führungskräfte fühlen sich genau dadurch in ihrer Fehleinschätzung bestätigt, dass sie allein die Leistungsträger sind. (sb)