#IWABI – Ich wische, also bin ich? (2)

Mag. Dr. Franz J. Schweifer
14.06.2016

Machen uns Smartphones zärtlicher, weil wir sie unentwegt streicheln? Oder verfahren wir auch mit „echten“ Beziehungen künftig nach dem Motto „wisch und weg“? Nein, das ist kein Smartphone-Bashing. Das wäre billige und unnötige Erregung. Zudem falsch, weil einseitig. Aber ein kritischer Blick schärft den Sinn für ein epidemisches Phänomen. 

Teil 1 skizzierte einige Fakten zum smarten “Wisch“-Phänomen und benannte 6 zentrale Kriterien für die Online-Sucht. Teil 2 widmet sich trendigen „Wisch“-Widersprüchen, ironisch-humorvolle Anmerkungen inklusive. Ergänzt durch Impulse zum Be- & Querdenken.

Wischlos glücklich versus „Bompeln“

Nach geheimen Informationen des satirischen Kolumnisten Guido Tartarotti hat die iPhone-Branche noch ganz andere Pläne: etwa ein Smartphone, das nur fotografieren kann (möglicher Name: Fotoapparat). Oder eines, das ununterbrochen Selfies macht (möglicher Name: Spiegel). Und jene, die künftig damit am besten umzugehen wissen, werden mit einem neuen Titel belohnt, so mein nicht ganz ernst gemeinter Vorschlag: CSO (Chief Selfie Operator).   

Von humoriger Ironie zurück in die smarte, harte iPhone-Wirklichkeit: Einige asiatische Städte sollen schon separate Wegspuren für die „Always-on-Generation“ eingerichtet haben, um Zusammenstöße mit Nichtwischern zu vermeiden. Skurril, aber scheinbar keine Boulevard-Ente. Augsburg in Bayern ist schon einen Schritt weiter: Im Frühjahr 2016 wurden an einigen Haltestellen testhalber Bodenampeln (!) installiert, die Handy-Starrer bzw. die „Generation Kopf unten“ vor Unfällen bewahren sollen. Diese „Bompeln“, wie sie gelegentlich genannt werden, lösten weltweites Medieninteresse aus. Und heftige Kontroversen. 

Glaubt man aber anderen neuesten Trends, dann zeichnet sich bereits eine zaghafte Abkehr vom epidemischen iPhone-Stress ab: das Zauberwort heißt „Offtime“. Neueste Apps blockieren eingehende Anrufe oder Nachrichten und sollen so mehr freie Zeit für sich selbst oder die Familie herbeizaubern. Für all jene, die es nicht schaffen, den „Aus“-Knopf zu betätigen.  

Und die New York Times berichtete schon 2015, dass in den USA vermehrt jene Camps Zulauf haben, in denen Smartphones, Tablets & Co verboten sind. Irgendwie ebenso skurril. Jedenfalls wohl noch lange nicht mehrheitsfähig. Halt ein Trend unter vielen.  

#IWNIUBA – Ich wische nimmer immer und bin auch? 

Nachdenken

Angesichts immer irrwitzigerer, jedenfalls widersprüchlicher „Wisch-Wirklichkeiten“ scheint René Descartes´ Credo „Ich denke, also bin ich.“ zwar hochgradig out. Einer neuen „Generation Kopf einschalten“ würde es aber wohl guttun. Oder wie es Stephan Strzyzowski, Chefredakteur des größten österreichischen KMU-Magazins „die Wirtschaft“, in einem bemerkenswerten wie brillanten Gedanken auf den Punkt bringt: „Niemand liebt sein Smartphone mehr als ich. Aber ab und an muss man doch auch über den Sinn des Machbaren nachdenken. Der Unsinn lauert nämlich nur einen ganz kleinen Schritt hinter der Faszination.“  

#DINMH – Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.  

Außer vielleicht die Frage: Sind Sie auch wischlos glücklich? Jedenfalls zeitweise? Gegebenenfalls könnte ein „Off“-Motto zwischendurch kleine Zeitschenkwunder bewirken: Bin dann mal wisch & weg!

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