Youth Pulse Check 2025

Stellenwert der Lehre sinkt in Österreichs Unternehmen

Redaktion Die Wirtschaft
28.04.2025

Laut einer aktuellen Umfrage von Deloitte sinken trotz anhaltendem Fachkräftemangel Bedarf und Stellenwert der Lehre in Österreichs Unternehmen. Rekrutierungsprobleme und ungenutztes Potenzial bleiben bestehen.

Aufgrund der schwächelnden Wirtschaft sind aktuell wieder mehr Arbeitskräfte am Markt verfügbar. Das hat dazu geführt, dass sich die Situation rund um den Fach- und Arbeitskräftemangel erstmals seit Jahren wieder leicht entspannt hat. Vor diesem Hintergrund sinkt auch der Lehrlingsbedarf. Das bestätigt der aktuelle „Youth Pulse Check“ von Deloitte gemeinsam mit dem Social Business Sindbad, für den im Frühjahr 2025 rund 550 heimische Unternehmen sowie 200 Jugendliche befragt wurden.

Stellenwert der Lehre nimmt ab

„Der Fach- und Arbeitskräftemangel war in den vergangenen Jahren die größte Herausforderung für viele Betriebe. Das hat sich mittlerweile geändert. Fast die Hälfte der Unternehmen, die keine Lehrlinge ausbilden, sieht keinen Bedarf dafür und misst der Lehre damit derzeit keinen relevanten Stellenwert bei. Es bleibt abzuwarten, ob es sich hier um einen kurzfristigen Trend handelt oder ob es zu einem grundsätzlichen Bedeutungsverlust der Lehre kommt. Letzteres hätte für die Notwendigkeit, laufend Fachkräftepotenzial zu entwickeln, jedenfalls fatale Auswirkungen“, hält Elisa Aichinger, Partnerin bei Deloitte, fest.

Herausforderungen auf beiden Seiten

Denn die Lehre ist und bleibt das A und O, um den Fachkräftebedarf von morgen zu decken. Doch bei der Rekrutierung stehen viele Unternehmen immer wieder vor Schwierigkeiten. So bemängeln Lehrbetriebe fehlende Mindestanforderungen bei den Bewerber*innen (50 %) sowie die geringe Zahl an Bewerbungen (48 %). Ein Großteil (63 %) berichtet außerdem von mangelnder Motivation bei den potenziellen Lehrlingen.
 
„Motivation und Interesse sind für Unternehmen die wichtigsten Voraussetzungen bei der Besetzung von Lehrstellen – genau daran mangelt es bei den Jugendlichen aus Unternehmenssicht aber. Gleichzeitig setzen die Betriebe mit Zukunftssicherheit, zusätzlichen Benefits und geregelten Arbeitszeiten nicht auf jene Anreize, die für Jugendliche von zentraler Bedeutung sind. Diese wären vor allem durch nette Kolleg*innen, ein gutes Gehalt und eine sinnstiftende Tätigkeit zu motivieren“, so Magdalena Peckskamp, Senior Managerin bei Deloitte Österreich. „Unternehmen sollten hier ansetzen und reflektieren, wie sie ihre Unternehmenskultur anpassen können – gerade um junge Menschen anzusprechen.“

Aufholbedarf bei der Integration alternativer Zielgruppen

Auch die Integration alternativer Zielgruppen – darunter Jugendliche mit unregelmäßigem Bildungsweg, Fluchthintergrund oder Lernschwierigkeiten – könnte für Betriebe eine Lösung sein, um loyale Lehrlinge zu finden. Doch dieses Arbeitskräftepotenzial wird viel zu wenig genutzt. Lediglich ein Drittel (34 %) der Lehrbetriebe beschäftigt diese Zielgruppe bereits – auch weil viele mit Schwierigkeiten wie unzureichenden fachlichen und sprachlichen Mindestanforderungen (66 %) oder fehlenden Ressourcen für die Integration (33 %) konfrontiert sind. Damit hat sich im Vergleich zur Umfrage vor drei Jahren kaum etwas verändert.   

„Viele Unternehmen haben die Bedeutung alternativer Zielgruppen noch nicht vollständig erkannt. Über ein Viertel misst ihnen keine Relevanz bei und lässt so wesentliches Potenzial liegen. Unternehmen sollten sich über den Mehrwert dieser Zielgruppen bewusst werden und darauf aufbauend gezielte Strategien zur Integration entwickeln und umsetzen“, erklärt Elisa Aichinger. „Das können etwa maßgeschneiderte Einstiegsangebote, ein strukturiertes Onboarding oder individuelle Begleitung und Unterstützungsangebote für die Jugendlichen sein.“

Persönliche Ansprache ist Um und Auf

Unabhängig vom jeweiligen Hintergrund der Jugendlichen braucht es die richtigen Kanäle, um sie überhaupt auf das eigene Unternehmen aufmerksam zu machen. Während 2022 ein Großteil der Lehrbetriebe in diesem Zusammenhang vor allem auf Social Media setzte, hat sich das mittlerweile etwas gedreht: 61 Prozent fokussieren sich derzeit wieder auf die persönliche Ansprache – und scheinen damit auf dem richtigen Weg zu sein. 
 
„80 Prozent der Jugendlichen verlassen sich bei der Ausbildungsentscheidung auf Empfehlungen von Familie sowie Freund*innen, mehr als die Hälfte hört auf den Rat von Lehrer*innen sowie Mentor*innen. Unternehmen sind daher gut beraten, verschiedene Kanäle zu nutzen, um eine breite Zielgruppe zu erreichen. Authentisches Employer Branding und maßgeschneiderte, individuelle Strategien für die persönliche Ansprache sind dabei hilfreich“, hält Magdalena Peckskamp abschließend fest. 

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