Gastbeitrag

Sind Sie mutig genug für Innovation?

14.03.2025

Für Innovation braucht es Mut. Doch viele Unternehmen unterschätzen die Sicherheitsorientierung ihrer Mitarbeiter und verstärken diese, anstatt aktiv gegenzusteuern.

Das Ergebnis sind Innovationsleistungen, die (deutlich) hinter den Anforderungen des Wettbewerbs zurückbleiben. Wie sieht es bei Ihnen aus? Innovationen sind Experimente. Jede neue Idee kann sich als nicht durchdacht genug herausstellen. Dies bedeutet, dass man Risiken in Kauf nehmen muss, wenn man Innovation will. Es besteht immer die Möglichkeit eines Fehlschlags.

Der Mensch scheut das Risiko

In einem Workshop mit Führungskräften eines High-Tech-Unternehmens habe ich dazu einmal einen Test gemacht. Ich habe ihnen in einer einfachen Entscheidungssituation zwei Innovationsprojekte zur Auswahl gestellt.

  • Projekt A war deutlich profitabler, enthielt aber ein gewisses Risiko (80 Prozent Wahrscheinlichkeit für einen Gewinn von 500.000 Euro für das Unternehmen, 20 Prozent für einen Verlust von 100.000 Euro).
  • Projekt B war bescheidener, aber eine sichere Sache (100 Prozent Wahrscheinlichkeit für einen Gewinn von 200.000 Euro).

Die Workshopteilnehmer*innen konnten jedoch nur ein Projekt wählen. Objektiv vernünftig wäre es, wenn die Manager jeweils Projekt A wählen würden. Der Erwartungswert bei A (380.000 Euro) ist deutlich höher ist als bei B (200.000 Euro), das 20 Prozent-Risiko sollte bei so einem Unterschied nicht ins Gewicht fallen.

Mutlosen Führungskräften entgehen reihenweise Chancen

Dennoch war bei meinem Workshop der anwesende Vorstand des Unternehmens geschockt, als tatsächlich alle 20 Manager des High-Tech Unternehmens Projekt B wählten. Zu Recht! Für das Unternehmen wäre der erwartbare Gewinn nur gut halb so hoch (4 Millionen Euro), wie wenn alle A gewählt hätten (7,6 Millionen Euro). Das Risiko wäre im Fall von 20 Projekten des Typs A jedoch praktisch dasselbe gewesen wie bei 20 Projekten B, nämlich (fast) null.

Der Grund dafür ist, dass sich Risiken kumuliert ausgleichen. Mit Hilfe einer einfachen Bernoulli-Kette lässt sich berechnen, dass die Wahrscheinlichkeit für einen geringeren Erfolg von 20 Projekten A im Vergleich zu 20 Projekten B nur 0,2 Prozent beträgt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die 20 A-Projekte insgesamt einen Verlust machen, beträgt sogar nur 0.000000007 Prozent. Selbst ein wahrer Angsthase wird mit so einem Risiko leben können.

Fehlerkultur bedeutet, Mut zu stärken

Eine wichtige Komponente einer innovationsfördernden Unternehmenskultur ist daher, aktiv gegenzusteuern. Es ist entscheidend, dass Mitarbeiter ermutigt werden, Risiken einzugehen. Das bedeutet auch, sie für ihren Mut zu loben, etwas gewagt zu haben – auch wenn mal was danebengeht: und zwar als wertvolles Learning für das gesamte Unternehmen.

Deshalb ist es auch so wichtig, dass es sich individuell lohnt, Projekte des Typs A zu verfolgen, auch wenn vorhersehbar ist, dass sie gelegentlich schief gehen werden. „Lohnen“ bedeutet dabei monetär, in Bezug auf die Karriere und hinsichtlich der Reputation. Es braucht also klare und eindeutig kommunizierte Maßnahmen und Vorbilder. Wer einseitig die Fehler bestraft, wird zwangsläufig Mutlosigkeit ernten.


Nikolaus Franke Copyright: WU Executive Academy
Nikolaus Franke Copyright: WU Executive Academy

Nikolaus Franke ist Akademischer Leiter des Executive MBA Entrepreneurship & Innovation und Leiter des Instituts für Entrepreneurship & Innovation, des WU Gründungszentrums, und der User Innovation Research Initiative an der WU Wien.

Tipp

Corona-Pandemie, Inflation und (geopolitische) Perma-Krisen am laufenden Band: Unsere Welt wird immer komplexer, schnelllebiger und vor allem unplanbarer. Wenn Sie wissen möchten, was Sie in Ihrem Unternehmen konkret tun können, um den Überblick zu behalten, dann abonnieren Sie den New Leadership Newsletter.

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
logo

Newsletter abonnieren

Sichern Sie sich Ihren Wissensvorsprung vor allen anderen in der Branche und bleiben Sie mit unserem Newsletter bestens informiert.


Zum Newsletter